7118/AB XXIV. GP

Eingelangt am 21.02.2011
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Bundeskanzler

Anfragebeantwortung

 

An die

Präsidentin des Nationalrats

MagBarbara PRAMMER

Parlament

1017     W i e n                                                   

GZ: BKA-353.110/0009-I/4/2011                                                  Wien, am 21. Februar 2011

 

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Tamandl, Kolleginnen und Kollegen haben am 21. Dezember 2010 unter der Nr. 7160/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend „Telefonterror durch Organe der Statistik Austria“ gerichtet.

 

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

 

Zu den Fragen 1 und 2:

Ø  Ist Ihnen die derartige Vorgangsweise der Organe der Statistik Austria bekannt?

Ø  Sehen Sie angesichts der vorliegenden Beschwerden über die durchgeführten Telefonbefragungen Verbesserungsbedarf bei der Befragung von Auskunfts­pflichtigen? Wenn nein, warum nicht?

 

Die Bundesanstalt führt bereits seit Jahren bei der einzigen mit gesetzlicher Auskunftspflicht versehenen statistischen Erhe­bung bei Privathaushalten (dem Mikrozensus) aus Gründen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit die Erstbefragung mittels computerunterstützter persön­licher Interviews (CAPI) und die Folgebefragungen mittels computerunterstützter telefonischer Interviews (CATI) durch.


Der von den Interviewern verwendete Fragebogen dient u.a. auch der Entlastung der Auskunftspflichtigen. Das Erheben eines sehr umfangreichen und komplexen Fra­genkatalogs mittels CAPI oder CATI bietet große Vorteile auch für die Befragten, da dadurch die Befra­gungszeiten minimiert werden. Beim Mikrozensus erfolgen die Befragungen im Rah­men einer festgelegten Stichprobe. Nach fünfmaliger Befragung werden die Aus­kunftspflichtigen gewechselt, um die Belastung für die einzelnen so gering wie mög­lich zu halten.

 

Von jährlich etwa 200.000 Mikrozensusbefragungen werden 99,9% mit diesen Me­thoden abgewickelt. Für die Befragung steht ein Telefonstudio zur Verfügung, das die Auskunftspflichtigen aktiv kontaktiert. Im Telefonstudio wird speziell geschultes Personal eingesetzt. Auch bei bestmöglicher Schulung können fallweise Missver­ständnisse auftreten. Der in der Anfrage angesprochene Fall ist allerdings ohne kon­krete Angaben nicht verifizierbar. Sollten der Bundes­anstalt oder dem Bundeskanzleramt konkrete Angaben übermittelt werden, würde ihnen selbstverständlich konkret nachgegangen werden. Mir sind allerdings trotz der großen Zahl von Befragungen noch keine Beschwerden über die Art der Befragung durch die Bundesanstalt zugekommen. Es wurden die Verantwortlichen ersucht, die Interviewer von den geschilderten Sachverhalten zu informieren. Die Bundesanstalt hat dies zugesagt und wird auf diesen Sachverhalt auch im Rahmen der zweimal jährlich stattfindenden Soft-Skill-Schulungen des Interviewerstabes eingehen.

 

Zu Frage 3:

Ø  Warum wird den Auskunftspflichtigen kein Fragebogen übermittelt?

 

Aus den in der Antwort zu den Fragen 1 und 2 angeführten Gründen und zur Quali­tätssteigerung wurden im Jahr 2006 die Papierfragebögen durch elektronische Er­hebungsmethoden ersetzt. Diese Erhebungsmethoden ermöglichen eine Plausi­bilitätskontrolle bereits während der Erhebung. Das Zurückgehen auf Papierfrage­bögen würde zusätzliche Arbeitsschritte und Kosten sowie einen Qualitätsverlust bedeuten.

 

Für Informationszwecke stehen den Auskunftspflichtigen alle elektronischen Frage­bögen auf den Webseiten der Bundesanstalt als download (pdf) zu Verfügung.


Zu Frage 4:

Ø  Nach welcher gesetzlichen Bestimmung ist die Statistik Austria ermächtigt, mit­tels Telefonabfragen auf der Bekanntgabe höchstpersönlicher Daten von aus­kunftspflichtigen Personen zu bestehen?

 

Gemäß Bundesstatistikgesetz 2000 ist generell bei den Erhebungen auf eine mög­lichst geringe Belastung der Auskunftspflichtigen zu achten. Bereits in den Verord­nungen zur Durchführung von statistischen Erhebungen werden daher vermehrt an­statt der Erhebung mit Papierformularen die Erhebung durch Face to Face Interviews und telefonische Befragung angeordnet. So durch §7 Abs. 5 Erwerbs- und Wohnungs­statistikverordnung (BGBl. II Nr. 111/2010) für die Mikrozensuserhebungen, um die es offensichtlich in der gegenständlichen Anfrage geht. Die Daten, die erhoben werden, sind in dieser Rechtsgrundlage definiert.

 

Wenn der Auskunftspflichtige keine telefonische Befragung wünscht, kann er der ge­setzlichen Auskunftspflicht auch persönlich durch Auskunftserteilung an einen Face to Face Interviewer vor Ort nachkommen. In diesen Fällen wird ein eigener Interview­termin vereinbart.

 

Zu Frage 5:

Ø  Wie beurteilen Sie diese Praxis der Statistik Austria unter dem Blickwinkel des Datenschutzes?

 

Das Bundesstatistikgesetz 2000 regelt detailliert den Umgang mit personenbezoge­nen Daten im Bereich der Statistik (Erhebung, Bearbeitung, Auswertung, Veröffent­lichung der Daten). Diese Bestimmungen gelten für alle Formen der statistischen Er­hebungen und Datenverarbeitungen. In §17 des Bundesstatistikgesetzes 2000 wird ein besonderes Statistikgeheimnis normiert. Nach §17 Abs. 4 leg.cit. stellt die Ver­letzung des Statistikgeheimnisses einen Verstoß gegen das Amtsgeheimnis gemäß §310 StGB dar und wird daher strafgerichtlich sanktioniert.

 

Vor der Erlassung der angesprochenen Erwerbs- und Wohnungsstatistikverordnung wurde der Datenschutzrat befasst. Dieser hat gegen die in dieser Verordnung vor­gesehenen, und in der Praxis angewandten, Erhebungsmethoden (Erhebung durch Face to Face Interviews und telefonische Befragung) keine datenschutzrechtlichen Bedenken gesehen.


Zu Frage 6:

Ø  Wie ist gem. § 27 Bundesstatistikgesetz betreffend die Heranziehung Dritter bei der Erstellung von Statistiken im gegenständlichen Fall der Erhebung von höchst­persönlichen Daten mittels Telefonbefragung durch ein Call Center die notwendi­ge Einhaltung des Statistikgeheimnisses gewährleistet?

 

Die Bundesanstalt ist ermächtigt, durch Vertrag geeignete Personen und Einrichtun­gen zur Erstellung von Statistiken, insbesondere auch mit der Durchführung von sta­tistischen Erhebungen, zu beauftragen, wenn dies aus Gründen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit geboten ist und dem weder schutzwürdige In­teressen der Betroffenen noch öffentliche Interessen entgegenstehen (§27 Bundes­statistikgesetz 2000). Dabei sind die Einhaltung des Statistikgeheimnisses und des Datenschutzes sicherzustellen.

 

Es ist daher vertraglich abgesichert, dass der beauftragte Dienstleister die ihm be­kanntgewordenen Daten weder Dritten übermitteln noch für eigene Zwecke verwen­den darf. Außerdem hat der beauftragte Dienstleister nur eine auf die konkrete Er­hebung und auf die operative Eingabe der Daten beschränkte Einsicht in die Unter­lagen. Der beauftragte Dienstleister darf ausschließlich die von der Bundesanstalt bereitgestellte technische Infrastruktur verwenden und die Telefoninterviews in den dafür zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten der Bundesanstalt durchführen. Es wurde technisch vorgesorgt, dass ein Kopieren, Abspeichern oder Weiterleiten der Daten nicht möglich ist.

 

Weiters ist der beauftragte Dienstleister vertraglich verpflichtet worden, alle notwendi­gen Sicherheitsmaßnahmen zur Wahrung des Datengeheimnisses zu ergreifen und die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen laufend zu überwachen.

 

Letztlich darf der mit der Durchführung von Telefoninterviews beauftragte Dienstleis­ter nur solche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hierzu einsetzen, die von ihm vorher zur Geheimhaltung gemäß §15 Datenschutzgesetz 2000 ausdrücklich schriftlich ver­pflichtet wurden.

 

Zu Frage 7:

Ø  Wie beurteilen Sie diese Praxis der Telefonbefragung durch ein Call Center unter dem Blickwinkel des Datenschutzes?

 

Die Praxis hat bisher gezeigt, dass diese Art der Erhebung von praktisch allen Aus­kunftspflichtigen bevorzugt wird und die datenschutzrechtlichen Verpflichtungen auch bei einer Telefonbefragung durch einen beauftragten Dienstleister vollständig einge­halten wurden.

 

Zu Frage 8:

Ø  Wie werden die betreffenden Organe der Statistik Austria bzw. der von dieser he­rangezogenen Unternehmen auf die Einhaltung der Bestimmungen des Bundes­statistikgesetzes und des Datenschutzgesetzes geschult?

 

Die Organe der Bundesanstalt werden wie folgt geschult:

·    Bei Dienstantritt haben die Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer eine Ver­pflichtungserklärung zur Einhaltung des Datengeheimnisses, zur Verschwie­genheit über sonstige Dienstvorgänge sowie zur Beachtung besonderer Be­stimmungen betreffend die Nutzung der IT-Systeme der Bundesanstalt zu unterfertigen;

·    Weiters werden nachweislich alle Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer bei Dienstantritt und alle Personen, die regelmäßig Zutritt zu Betriebsräumen oder Rechnerräumen haben, über die bestehenden Geheimhaltungspflichten und Strafbestimmungen belehrt;

·    Bei Dienstantritt wird den Dienstnehmerinnen und Dienstnehmern die Datensi­cherheitsvorschrift für die Bundesanstalt zur Kenntnis gebracht;

·    Regelmäßig werden die Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer über Daten­schutz- und Datensicherheitsvorschriften der Bundesanstalt nachgeschult;

·    Änderungen der Datenschutz- und Datensicherheitsvorschriften werden Dienstnehmerinnen und Dienstnehmern unverzüglich bekannt gegeben.

 

Zu Frage 9:

Ø  Werden Beschwerden von Auskunftspflichtigen über die Vorgangsweise der Statistik Austria in einem ausgelagerten Beschwerde-Center entgegenge­nommen?

 

Derartige Beschwerden werden ausschließlich von der Bundesanstalt entgegenge­nommen und bearbeitet. Da die Bundesanstalt großen Wert auf eine gute Zusam­menarbeit mit den Auskunftspflichtigen und auf qualitativ hochwertige Erhebungs­daten legt, wird schon im Informationsfolder zu den Erhebungen und im Avisobrief an die Auskunftspflichtigen auf diese Kontaktmöglichkeit hingewiesen.

 

Zu Frage 10:

Ø  Wie geht die Statistik Austria insgesamt mit den Beschwerden von Auskunfts­pflichtigen um?

 

Montag bis Freitag, von 9:00 Uhr bis 17:00 Uhr steht eine Serviceline zur Verfügung, die von Bediensteten der Bundesanstalt betreut wird. Die Serviceline nimmt Be­schwerden entgegen, unterstützt bei inhaltlichen Fragen zur Erhebung und informiert über die gesetzlichen Grundlagen.

 

Zielsetzung des Beschwerdemanagements ist ein gutes Verhältnis zu den Auskunfts­pflichtigen und die Steigerung deren Motivation, Auskunft bei statistischen Erhebun­gen zu erteilen. Jedes Beschwerdeschreiben wird umgehend bearbeitet. Um das Verständnis für statistische Erhebungen zu erhöhen, wird derzeit die Broschüre „Öst­erreich – Zahlen, Daten, Fakten“ bei einer postalischen Beschwerde-Beantwortung mitgesendet. Da jede Beschwerde einen individuellen Hintergrund hat, wird entspre­chend darauf eingegangen und agiert.

 

Mit freundlichen Grüßen