7128/AB XXIV. GP
Eingelangt am 21.02.2011
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BM für Justiz
Anfragebeantwortung

DIE BUNDESMINISTERIN
FÜR
JUSTIZ
BMJ-Pr7000/0329-Pr 1/2010
An die
Frau Präsidentin des Nationalrates
W i e n
zur Zahl 7154/J-NR/2010
Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Tonband-Protokolle in der Causa Meischberger, Plech, Grasser“ gerichtet.
Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:
Zu 1 bis 3:
Die Anfrage zeigt, wie die gezielte Veröffentlichung von bestimmten Aktenteilen eines Gerichtsverfahrens zu selektiver Wahrnehmungen und letztendlich zu falschen Schlüssen und unzutreffenden Vergleichen mit anderen Verfahren führen kann.
Die Beantwortung der Fragen, insbesondere jener nach den Gründen für die „unterlassene“ Antragstellung auf Verhängung der Untersuchungshaft würde eine genaue und wertende Abwägung und Darstellung der vorliegenden be- und entlastenden Ergebnisse der bisherigen Ermittlungen voraussetzen und damit auch den in das Verfahren involvierten Beschuldigten Einblick in die zu erwartenden weiteren Ermittlungsschritte geben. Genau zur Vermeidung solcher Gefährdungen für das Ermittlungsverfahren sieht § 12 StPO vor, dass das Ermittlungsverfahren nicht öffentlich zu führen ist. § 54 StPO liegt wiederum die Vermeidung der Gefahr der Beeinträchtigung von Rechten der am Verfahren beteiligten Personen zu Grunde. Ähnliches gilt für die Bestimmungen des § 301 Abs. 3 StGB („Verbotene Veröffentlichung“) und des § 7c MedienG („Schutz vor verbotener Veröffentlichung“), die angesichts der Schwere des Grundrechtseingriffs den aus einer Überwachung von Nachrichten erlangten Informationen über das Privatleben besonderen Schutz gewähren.
Ich bitte daher um Verständnis, dass ich eine eingehende inhaltliche Beantwortung der Fragen zur Vermeidung einer Beeinflussung der Staatsanwaltschaft in ihrer Tätigkeit als Organ der Gerichtsbarkeit (Art. 90a B-VG) nicht zu liefern vermag.
Allerdings widerspricht schon die Tatsache der Anordnung und gerichtlichen Bewilligung derart eingreifender Zwangsmaßnahmen der Annahme zögerlicher Ermittlungsschritte und des in der Begründung der Anfrage erhobenen Vorwurfs des Justiz-Schongangs bzw. der Justizselbstfesselung.
Aufgabe der Staatsanwaltschaft ist es, zur Sachverhaltsaufklärung sämtliche vorliegenden Beweisergebnisse zu sichten, einer rechtlichen Überprüfung zu unterziehen und darauf basierend geeignete Ermittlungsschritte zu setzen.
Allgemein und im Einklang mit medialen Äußerungen von Rechtsexperten muss in diesem Sinn bemerkt werden, dass die schriftliche Aufzeichnung von Gesprächsinhalten mitunter mehr verwertbare Beweisergebnisse zu liefern imstande ist als die Unterbrechung der Verständigungsmöglichkeiten durch Verhängung der Untersuchungshaft. Inhaltlich boten die Protokolle Anhaltspunkte für zahlreiche weitere Ermittlungsschritte: So wurden bisher 53 Beschuldigteneinvernahmen durchgeführt, rund 100 Zeugen einvernommen, Hausdurchsuchungen an rund 30 Standorten in Österreich und im Ausland vollzogen, 40 Bankkonten geöffnet und eine Vielzahl von Telefongesprächen überwacht. Das im Zuge dieser Ermittlungsmaßnahmen sichergestellte Datenmaterial beläuft sich bisher auf einen Speicherumfang von rund 22 Terabyte.
Eine Untersuchungshaft aus dem Haftgrund der Verdunkelungsgefahr ist gesetzlich mit einer Höchstdauer von zwei Monaten beschränkt und stellt grundsätzlich keine Maßnahme dar, die den Ermittlungsbehörden weiterführende Erkenntnisse zu verschaffen vermag, weshalb sowohl aus rechtlichen als auch aus kriminaltaktischen Gründen von einem Antrag auf Verhängung der Untersuchungshaft, deren Voraussetzungen naturgemäß laufend überprüft werden, abgesehen wurde.
. Februar 2011
(Mag. Claudia Bandion-Ortner)