7267/AB XXIV. GP
Eingelangt am 10.03.2011
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BM für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
Anfragebeantwortung

NIKOLAUS BERLAKOVICH
Bundesminister
An die Zl. LE.4.2.4/0001 -I 3/2011
Frau Präsidentin
des Nationalrates
Mag.a Barbara Prammer
Parlament
1017 Wien Wien, am 8. MRZ. 2011
Gegenstand: Schriftl. parl. Anfr. d. Abg. z. NR Gerhard Huber, Kolleginnen
und Kollegen vom 11. Jänner 2011, Nr. 7354/J, betreffend
Skandal um dioxinverseuchtes Tierfutter in Deutschland und
mögliche negative Auswirkungen auf Österreich
Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen vom 11. Jänner 2011, Nr. 7354/J, teile ich Folgendes mit:
Zu Frage 1:
Am 29.12.2010 wurde über das Schnellwarnsystem für Lebens- und Futtermittel (RASFF) eine Meldung („RASFF 2010.1771“) über Dioxinüberschreitungen in pflanzlichen Futterfetten in Deutschland an die Mitgliedstaaten übermittelt. Der Vorfall betraf nur Deutschland.
Dieser Meldung folgten ab dem 3.1.2011 weitere Folgemeldungen:
03.01.2011: 1771-add01
04.01.2011: 1771-add02 und 1171-add03
05.01.2011: 1771-add04, 1771-add05, 1171-add06, 1771.add07
06.01.2011: 1771-add08
07.01.2011: 1771-add09 und 1771-add10
09.01.2011: 1771-add12
10.01.2011: 1771-add11, 1771-add13, 1771-add14
11.01.2011: 1771-add15 (Europäische Kommission)
12.01.2011: 1771-add16, 1771-add17, 17771-add18, 1771-add19
13.01.2011: 1771-add19, 1771-add20, 1771-add21 (Dänemark)
14.01.2001: 1771-add22, 1771-add23 (Export nach Tschechien und Polen)
15.01.2001: 1771-add24, 1771-add25, 1771-add26, 1771-add27 (Dänemark) 1771-add28
19.01.2011: 1771-add29, 1171-add30
20.01.2011: 1771-add32, 1771-add33
21.01.2011: 1771-add34
24.01.2011: 1771-add35, 1771-add31 (Frankreich),
25.01.2011: 1771-add36
Keine der Meldungen weist auf eine Betroffenheit von Österreich hinsichtlich Futterfette, Mischfuttermittel und Lebensmittel hin.
Folgende Maßnahmen wurden seitens der Futtermittelkontrolle (Bundesamt für Ernährungssicherheit) eingeleitet:
· Erhebungen bei den österreichischen Lieferanten bezüglich Futterfette (Bezug der Rohstoffe, evt. Geschäftsbeziehungen mit dem verdächtigen Betrieb in Deutschland),
· bei Mischfutterherstellern: Schwerpunktsetzung bei Fettkomponenten (verstärkte Buchprüfung, Probenahme und Untersuchung auf Dioxin).
· Die für 2011 vorgesehenen Dioxinuntersuchungen wurden um rund 30 % aufgestockt (mit Fokus auf Futterfette und damit hergestellte Mischfuttermittel für Schweine, Geflügel und Fisch) und werden teilweise vorgezogen.
Bereits in der 1. Kalenderwoche wurden die registrierten Futterfetthersteller in Österreich aufgefordert, die Eigenkontrollergebnisse des letzten Jahres hinsichtlich Dioxin vorzulegen. Alle Untersuchungsergebnisse zeigten keine Überschreitungen der Dioxingehalte.
Weiters wurden Betriebsbesuche bzw. Inspektionen bei den zwei wichtigsten Fettlieferanten am 11.1.2011 und 13.1.2011 hinsichtlich der Vertriebswege aller bezogenen Rohstoffe und hergestellten Produkte zur Ausschließung von möglichen Verbindungen zur betroffenen deutschen Firma Harles & Jentzsch durchgeführt.
Zur Rückverfolgung des Fettbezuges aus anderen Quellen neben der bekannten österreichischen Herstellung wurden weiters in der 1. Kalenderwoche bei 36 Futtermittelherstellern (decken mehr als 80% der Futtermittelproduktion in Österreich ab) der Futterfetteinsatz und die Futterfettherkunft ermittelt. Sämtliche Futterfetthersteller und -händler wurden unmittelbar darauf vom Bundesamt für Ernährungssicherheit zur Vorlage von Kontrollergebnissen aus aktuellen Untersuchungen aufgefordert.
Zu Frage 2:
Der Kontakt zu den deutschen Behörden wurde über das Europäische Schnellwarnsystem sofort nach Bekanntwerden des Vorfalls herstellt; die für die Kontrolle erforderlichen Informationen wurden anfangs täglich ausgetauscht (Details dazu siehe Frage 1).
Beim Agrarministerrat am 24. Jänner 2010 informierte die deutsche Ministerin Aigner ausführlich über den Sachstand in Deutschland. Deutschland stellte weiters seinen Aktionsplan „Initiativen zur Verbesserung des Verbraucherschutzes in der Futtermittelkette auf europäischer Ebene“ vor. Kommissar Dalli (GD SANCO) betonte, dass es bei den Vorkommnissen in Deutschland kein Gesundheitsrisiko für den Verbraucher gab, weil alle analysierten Werte entweder unter dem EU-Grenzwert lagen oder nur geringfügig überschritten wurden. Der Kommissar kündigte an, dass die Vorschriften für die Futtermittelfettherstellung insbesondere hinsichtlich der Trennung von Produktionsströmen überarbeitet werden.
Zu Frage 3:
Die Homepage der AGES wurde ab 3.1.2011 laufend aktualisiert, einschließlich der Situation bei Futtermitteln.
Zu den Fragen 4 und 5:
Meldungen des RASFF werden routinemäßig immer an die Futtermittelunternehmer weitergeleitet, wenn eine Betroffenheit oder allgemein ein Bezug zu Österreich möglich erscheint.
Zu Frage 6:
Durch die Einrichtung der Kontaktstelle für das Schnellwarnsystem für Lebens- und Futtermittel bei der AGES ist sichergestellt, dass die betroffenen Ressorts und Dienststellen gleichermaßen informiert werden und koordiniert vorgehen können.
Zu den Fragen 7 bis 10:
Zur Beantwortung dieser Fragen wird auf die Zuständigkeit des Herrn Bundesministers für Gesundheit bzw. auf die Beantwortung der gleichlautenden Fragen der parl. Anfrage Nr. 7353/J verwiesen.
Zu Frage 11:
Sowohl Ursache als auch Größenordnung der Kontamination der Lebens- und Futtermittel sind unterschiedlich. Der Fall in Irland wurde durch die Futterkomponente Brotbrösel ausgelöst und die Belastungen waren im Futter um das 15- bis 20-fache höher.
Der Dioxin-Skandal des Jahres 2008 in Irland wurde durch Einmischung von Brotbröseln, die über eine mit hochkontaminiertem Fett direktbefeuerte Anlage getrocknet wurden, in Schweinemastfutter verursacht.
Laut Stellungnahme der Food Safety Authority in Irland vom 14.1.2009 lagen die Dioxinbelastungen im Lebensmittel (Schweinefett) zwischen 80-200pg/g (= ng/kg) und die der Futterkomponente Brotbrösel über 2500pg/g. Die Einmischrate der Brotbrösel im Schweinefutter lag etwa bei 10%, die sich für Alleinfutter ergebende Belastungen somit bei > 250ng/kg.
Die maximale Kontamination von Futterfett in Deutschland lag bei 150ng/kg, dies ergibt bei einer Beimischrate von 2-10% eine Belastung im Schweine- bzw. Geflügelfutter von 15ng/kg.
Im Bereich der Mischfutterherstellung gab es in beiden Fälle keinen Bezug zu Österreich.
Zu Frage 12:
Eine konkrete Beantwortung ist wegen Nichtvorliegen eines vergleichbaren Anlassfalls nicht möglich. Allgemein liegt es aufgrund des Futtermittelgesetzes in der Verantwortung der öffentlichen Hand für sichere Futter- und Lebensmittel zu sorgen. Zuständige Futtermittelkontrollbehörde hiefür ist das Bundesamt für Ernährungssicherheit. Die erforderlichen Budgetmittel sind daher in einem Krisenfall bereitzustellen.
Zu Frage 13:
Die neue Periode des mehrjährigen integrierten Kontrollplans (MIK 2011-2015) ist angelaufen. Die Sicherstellung einwandfreier Lebens- und Futtermittel ist eines der wichtigsten strategischen Ziele. Als messbarer Erfolg zeigt sich, dass das Bundesamt für Ernährungssicherheit trotz hoher Untersuchungszahl nur einige wenige Meldungen pro Jahr im Rahmen des Schnellwarnsystems übermittelt; überwiegend betreffen die gemeldeten Futtermittel importierte Waren.
Zu Frage 14:
Die derzeit sehr schwierige Situation für den Schweinesektor, die v.a. aus den gestiegenen Futtermittelpreisen resultiert und durch die Dioxinkrise noch verschärft wurde, war ebenfalls Gegenstand des Agrarministerrats am 24. Jänner 2011.
Österreich hat sich auf Grund der immer wiederkehrenden Skandale für ein neues europäisches Lebensmittelmodell ausgesprochen. Der Konkurrenzkampf dürfe zu keiner Beeinträchtigung der Qualität und Sicherheit führen. Jeder Akteur der Lebensmittelkette soll daher einen fairen Anteil erhalten.
Zu Frage 15:
Ja, ein Krisenplan liegt vor und ist im Aktionsplan Futtermittel veröffentlicht.
Bereits 2002 wurde im BMLFUW aus praktischen Erfahrungen heraus ein Handbuch für Krisenmanagement im Bereich Ernährung erarbeitet, das unter anderem Organisation, Infrastruktur und Ablaufplan im Krisenfall sowie Krisenkommunikation behandelt.
Der Bundesminister: