7338/AB XXIV. GP

Eingelangt am 18.03.2011
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BM für Gesundheit

Anfragebeantwortung

 

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag.a Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

 

Alois Stöger

Bundesminister

 

 

 

 

GZ: BMG-11001/0022-II/A/9/2011

Wien, am 17. März 2011

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische

Anfrage Nr. 7469/J der Abgeordneten Wolfgang Zanger und weiterer Abgeordneter nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Fragen 1 und 2:

Betreffend die Zulassung von „Stevia“ sind zwei unterschiedliche Anträge bzw. Verfahren zu unterscheiden:

Antrag von „Stevia rebaudiana Bertoni: Pflanzen und getrocknete Blätter“ als neuartige Lebensmittel

Stevia rebaudiana Bertoni wird hinsichtlich der Verwendung als Lebensmittel in der Europäischen Gemeinschaft als neuartiges Lebensmittel oder neuartige Lebensmittelzutat gemäß der Verordnung (EG) Nr. 258/97 eingestuft. Demnach ist die Verkehrsfähigkeit solcher Produkte an ein EU-weites Zulassungsverfahren geknüpft. Ein solches Verfahren wurde mit der Entscheidung 2000/196/EG der Kommission vom 22. Februar 2000 negativ beschieden. Mit der Entscheidung der Kommission wurde aufgrund mangelhafter Daten eine Zulassungsverweigerung erlassen (2000/196/EG). Demzufolge wurde nicht nachgewiesen, dass das Erzeugnis den Kriterien gemäß Artikel 3 Absatz 1 o.g. Verordnung entspricht (darf keine Gefahr für die Verbraucher/innen darstellen, darf keine Irreführung der Verbraucher/innen bewirken, darf sich von Lebensmitteln oder Lebensmittelzutaten, die sie ersetzen sollen, nicht so unterscheiden, dass ihr normaler Verzehr Ernährungsmängel für die Verbraucher/innen mit sich brächte).

 

Im Zuge eines erneuten Zulassungsantrages im Jahr 2007 wurden ergänzende Unterlagen eingefordert, allerdings wurden keine neuen Daten - verglichen mit dem Antrag von 1997 - nachgereicht. Aus diesem Grund konnte bis dato kein Erstprüfbericht erstellt werden. An welchen konkreten Daten der Antrag gescheitert ist, ist den österreichischen Behörden nicht im Detail bekannt. „Stevia rebaudiana Bertoni: Pflanzen und getrocknete Blätter“ sind daher als Lebensmittel oder Lebensmittelzutat in der Europäischen Gemeinschaft nicht verkehrsfähig.

 

Antrag auf Zulassung als Süßungsmittel bzw. Zusatzstoff für isolierte Bestandteile der Stevia-Pflanze - sogenannte „Stevioside“ bzw. „Rebaudioside“

Die aus Stevia gewonnenen Stevioside, die zum Süßen von Lebensmitteln verwendet werden können, gelten als Lebensmittelzusatzstoffe. Die Zulassung und Verwendung von Lebensmittelzusatzstoffen ist europaweit harmonisiert geregelt. Sie dürfen nur zugelassen werden, wenn ihre gesundheitliche Unbedenklichkeit nachgewiesen wurde.

Stevioside wurden bereits mehrfach vom Scientific Committee on Food (SCF) bewertet. Das SCF kam in einer Stellungnahme von 1999 zu dem Schluss, dass anhand der zu diesem Zeitpunkt verfügbaren Daten der Stoff nicht als Süßungsmittel akzeptierbar wäre.

Im Jahr 2008 legte der Gemeinsame Sachverständigenausschuss für Lebensmittelzusatzstoffe der WHO/FAO (JECFA) für Stevioside aufgrund neuerer Studien eine akzeptierbare tägliche Tagesdosis (ADI)[1] von vier Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht (4mg/kg KG; ausgedrückt in Steviol) fest und forderte einen Reinheitsgrad von mindestens 95 Prozent.

Die Sicherheit der Stevioside und/oder Mischungen mit Rebaudiosid A (> 95%) wurde im Jahr 2010 von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) bewertet und die Stellungnahme im April 2010 veröffentlicht. Die EFSA bestätigte den zuvor von der JECFA festgelegten ADI-Wert.

Das Gremium für Lebensmittelzusatzstoffe und Lebensmitteln zugesetzten Nährstoffquellen (ANS-Gremium) der EFSA hat jedoch angemerkt, dass der ADI-Wert bereits durch die Verwendung der von den Antragstellern vorgeschlagenen


Höchstmengen überschritten werden könnte. Die Vorschläge für die Verwendungshöchstmengen müssen daher von den Antragstellern überarbeitet werden, bevor eine Zulassung als Lebensmittelzusatzstoff erfolgen kann (Änderung des Anhangs II der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 über Lebensmittelzusatzstoffe).

In die letzte Änderung der Richtlinie 95/2/EG, die am 23.Oktober 2010 im Amtsblatt veröffentlicht wurde, konnten daher die Stevioside nicht aufgenommen werden. Es ist zu erwarten, dass die Zulassungsbedingungen für Stevioside, in Abhängigkeit von der Vorlage der für die Sicherheit der Anwendung von Steviosiden erforderlichen Anpassungen des Antrages durch den Antragssteller, in eine Änderung des Anhang II (Unionsliste der zugelassenen Lebensmittelzusatzstoffe) der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 über Lebensmittelzusatzstoffe aufgenommen werden wird.

Es liegt daher derzeit ausschließlich an den Antragstellern, auf einzelne Anwendungsbereiche der Stevioside zu verzichten und/oder die beantragten Höchstmengen eben dieser entsprechend zu reduzieren. Nach einer nochmaligen Bewertung durch die EFSA würde dann einer EU-Zulassung der Stevioside nichts mehr im Wege stehen.

 

Fragen 3 bis 5 und 12 bis 14:

Nein – wenn die Unbedenklichkeit der Stevioside belegt ist bzw. die Voraussetzungen von den Antragstellern zur Unbedenklichkeit erfüllt werden, bestehen von Seiten des Bundesministeriums für Gesundheit keine Bedenken gegen eine Zulassung der Stevioside.

 

Fragen 6 und 7:

Dem Bundesministerium für Gesundheit liegen derzeit keine Studien zur gesundheitlichen Auswirkung von Stevia vor. Der Zulassungsprozess läuft zentral über die EFSA. Nationale Zulassungen sind nicht möglich.

 

Fragen 8 bis 10:

Nein, dem Bundesministerium für Gesundheit liegen keine Studien zum Vergleich von Stevia und Zucker vor, es sind derzeit auch keine diesbezüglichen Studien in Planung.

 

Frage 11:

Dies ist möglich, da die angepriesenen Produkte nicht als Lebensmittel, sondern als Kosmetika gehandelt werden.

Der Stevia enthaltende Badezusatz darf weder als Lebensmittel angepriesen noch aufgrund der Portionierung und Verpackung, der Positionierung im Verkaufsregal sowie durch begleitende Produktinformationen den Verbraucher/inne/n suggerieren, dass die zu erwartende Verwendung die eines Lebensmittels ist.

 

 

 

 

 

 



[1] Der ADI ist die Menge einer Substanz, die täglich ein Leben lang ohne gesundheitliche Auswirkungen verzehrt werden kann.