7365/AB XXIV. GP
Eingelangt am 18.03.2011
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BM für Verkehr, Innovation und Technologie
Anfragebeantwortung
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An die
Präsidentin des Nationalrats
Mag.a Barbara PRAMMER
Parlament
A-1017 W i e n
Wien, am . März 2011
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr.in Moser, Freundinnen und Freunde, haben am 20. Jänner 2011 unter der Nr. 7424/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend die sinnlose Verteuerung des Verkehrsträgers Eisenbahn durch freiwillige Kostentreiber gerichtet.
Zu den Fragen 1 bis 3, 5a bis d, 6a bis c sowie 7a bis d:
Ø Die technischen Anforderungen an Bahnanlagen werden bereits durch eine Vielzahl von Regelungen und Normen aus Europa und Österreich vorgegeben, daneben gibt es noch jede Menge interne Bauvorschriften der Österreichischen Bundesbahnen. Halten Sie es für erforderlich, neben dieser beträchtlichen Regelungsflut jetzt auch noch zusätzlich ÖBB-FSV-Richtlinien zu produzieren?
Ø Die Forschungsgesellschaft Straße und Verkehr (FSV) ist ein privater Verein, der bisher noch nicht wirklich als Eisenbahn-Spezialist aufgefallen ist.
a) Wieso soll gerade diesem privaten Verein eine umfangreiche Regelungstätigkeit auf dem Gebiet der Eisenbahntechnik de facto übertragen werden?
b) Wodurch ist gerade dieser Verein für eine De-Facto-Regelungstätigkeit auf dem Gebiet der Eisenbahntechnik besonders qualifiziert?
Ø Dem Vernehmen nach wird die Forschungsgesellschaft Straße und Verkehr (FSV) für ihre Regelungstätigkeit auf dem Gebiet der Eisenbahntechnik von der ÖBB Infrastruktur AG auch finanziell kräftig unterstützt.
a) Mit welchem Betrag wird die Forschungsgesellschaft Straße und Verkehr (FSV) von der ÖBB Infrastruktur AG unterstützt?
b) Für welche Aufwendungen wird die Forschungsgesellschaft Straße und Verkehr (FSV) von der ÖBB Infrastruktur AG unterstützt?
c) Halten Sie es für zulässig und zweckmäßig, wenn die großteils aus Steuergeldern finanzierte ÖBB Infrastruktur AG einen privaten Verein subventioniert, damit dieser unter dem Anstrich neutraler, unbeeinflusster Wissenschaftlichkeit kostenintensive Regelungen für die Eisenbahntechnik produziert?
Ø Es entsteht der Eindruck, dass in Österreich im Eisenbahnbereich um Steuergeld teurer gebaut wird als notwendig und das bisher auch noch durch ÖBB-interne Bauvorschriften abgesichert wurde. Diese internen Bauvorschriften sollen jetzt offensichtlich in ÖBB-FSV-Richtlinien umgeschrieben und damit „einbetoniert“ werden.
a) Können Sie ausschließen, dass die (bisherigen) ÖBB-Bauvorschriften und (zukünftigen) ÖBB-FSV-Richtlinien einen vermeidbaren zusätzlichen Aufwand und daher vermeidbaren zusätzlichen Kostenschub für den Eisenbahnbau bedeuten?
b) Falls ja – wie bewerten Sie dann beispielsweise den 20-Prozent-Zuschlag alleine beim Gleisabstand (4,70 statt 4,00 Meter) gegenüber den europäischen und österreichischen Bauvorschriften?
c) Falls nein – was werden Sie hier im Interesse der SteuerzahlerInnen gegen zusätzliche Kostentreiber unternehmen?
d) Was hat Ihnen der zuständige Staatskommissär wann in dieser Angelegenheit konkret berichtet?
Ø Es ist zu befürchten, dass die für einen verteuerten Bauaufwand aufzubringenden finanziellen Ressourcen dann beim Bahnbetrieb und bei den Fahrgästen (mit schlechterem Wagenmaterial, noch mehr Langsamfahrstellen, einer weiteren Ausdünnung der Fahrpläne, einer reduzierten Personalbesetzung in den Personenzügen usw.) wiederum eingespart werden „müssen“.
a) Können Sie ausschließen, dass durch die Erstellung der ÖBB-FSV-Richtlinien finanzielle Ressourcen gebunden werden, die dann beim Bahnbetrieb und bei den Fahrgästen wiederum eingespart werden?
b) Falls nein – was werden Sie unternehmen?
c) Was hat Ihnen der zuständige Staatskommissär wann in dieser Angelegenheit konkret berichtet?
Ø Dem Vernehmen nach wird die Forschungsgesellschaft Straße und Verkehr (FSV) von der ÖBB Infrastruktur Aktiengesellschaft auch personell durch die Abstellung beträchtlicher personeller Ressourcen (ÖBB-Techniker) unterstützt.
a) Wozu muss ein eigener Verein mit erheblichen zusätzlichen Kosten zwischengeschaltet werden, wenn dort dann ohnehin wiederum die ÖBB-Techniker arbeiten?
b) Gibt es bei der ÖBB Infrastruktur Aktiengesellschaft personelle Überkapazitäten im Technikbereich, sodass die Abstellung der Techniker nicht ins Gewicht fällt?
c) Falls ja – was werden Sie als Eigentümervertreterin unternehmen?
d) Was hat Ihnen der zuständige Staatskommissär wann in dieser Angelegenheit konkret berichtet?
Zu Ihren konkreten Fragen muss ich festhalten, dass die selbstständige Tätigkeit ausgegliederter Einrichtungen in privatrechtlicher Form keine Verwaltungstätigkeit ist, die der politischen Kontrolle iSd. Art. 52 Abs. 1 B-VG unterliegt. Daran ändert auch die Regelung des Art. 52 Abs. 2 B-VG nichts, die nur klarstellen wollte, dass das Interpellationsrecht in Bezug auf ausgegliederte Einrichtungen nur insoweit besteht, als der Bundesminister auf die Tätigkeit der ausgegliederten Einrichtungen eine Ingerenzmöglichkeit besitzt (vgl. Kahl in Korinek/Holoubek, Österreichisches Bundesverfassungsrecht, RZ 28f. zu Art. 52 B-VG).
Die vorliegenden Fragen betreffen daher keine in die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie fallenden Gegenstände der Vollziehung, insbesondere auch keine Angelegenheiten der Verwaltung des Bundes als Träger von Privatrechten und sind somit von dem in § 90 Geschäftsordnungsgesetz 1975 idgF. determinierten Fragerecht nicht erfasst.
Zu Frage 4 a und b:
Ø Wird die Forschungsgesellschaft Straße und Verkehr (FSV) auch vom BMVIT finanziell unterstützt?
a) Falls ja – mit welchem Betrag wird die Forschungsgesellschaft Straße und Verkehr (FSV) vom BMVIT für welche konkreten Aufgaben/Zwecke/Aktivitäten unterstützt? Wir bitten um Angabe im Einzelnen für die Jahre 2008, 2009, 2010 und soweit bereits beschlossen für 2011.
b) Falls ja – welchen Nutzen verspricht sich das BMVIT von dieser finanziellen Unterstützung im Einzelnen?
Der Verein „Forschungsgesellschaft Straße und Verkehr“ (FSV) erhält von meinem Ressort für den Eisenbahnbereich keine finanzielle Unterstützung. Im Bereich Straße wurden bzw. werden dem Verein für konkrete Vorhaben der Straßenforschung, für die Drucklegung aller Berichte der Straßenforschung (dieser läuft mit dem Jahr 2011 aus) sowie für die Bereitstellung der Infrastruktur für die Richtlinienarbeit im Straßenwesen Kostenersatz geleistet.
Insbesondere die Bereitstellung der Infrastruktur für die Richtlinienarbeit im Straßenwesen ist eine Folge der Übertragung der Bundesstraßen B im Jahre 2002 an die Länder und den dadurch verbundenen Entfall der zentralen Zuständigkeit des bmvit für das Richtlinienwesen im Straßenbereich der Länder. Ein einheitliches Richtlinienwesen liegt jedoch nach wie vor im Interesse der großen Aufgabenträger im Straßenwesen (bmvit, ASFINAG, Bundesländer), sodass in Entsprechung der Entschließung des Nationalrates vom 28.2.2002 (E 125-NR/ XXI.GP) betreffend die Schaffung einer zentralen Koordinationsstelle eine Vereinbarung über die Zusammenarbeit zwischen bmvit und den Bundesländern im Bereich der Straßenverkehrsangelegenheiten geschaffen wurde, in der im Wesentlichen Einigung erzielt wurde, dass die FSV als gemeinsame Richtlinien – und Informationsplattform dienen soll.
Das bmvit, die ASFINAG und die Bundesländer kamen 2003 überein, der FSV einen jährlichen gemeinsamen Sockelbetrag in der Höhe von insgesamt € 100.000,00 zur Verfügung zu stellen, damit die Weiterführung des Richtlinienwesens in bewährter Form erfolgen kann und eine reibungslose Abwicklung der Richtlinienerstellung und Organisation möglich ist.
Es wurde weiters vereinbart, dass dieser Sockelbetrag zwischen bmvit:ASFINAG:Bundesländer im Verhältnis 25:25:50 geteilt wird. Die Länder teilen ihre 50 % wieder entsprechend einem internen Aufteilungsschlüssel unter den einzelnen Bundesländern auf. Diese Vorgangsweise sichert die äußerst erfolgreiche und fruchtbringende Zusammenarbeit aller in der FSV vertretenen Interessensgruppen mit ihren etwa 1.500 ExpertInnen.
Zu den Fragen 8 bis 10:
Ø Seit vielen Jahren wird – unter anderem vom Rechnungshof – die lückenhafte bis eigenwillige Erfüllung der legistischen Aufgaben des BMVIT kritisiert. Ein besonders negatives Beispiel dafür ist das jahrelange Hin und Her um die Erstellung einer zeitgemäßen Eisenbahnkreuzungs-Verordnung. Es entsteht der Eindruck, dass nun die Bauwirtschaft über ihre Gewährsleute in der ÖBB-Infrastruktur AG und im BMVIT genau in dieses Regelungsvakuum vorstößt und sich mit den ÖBB-FSV-Richtlinien ihre eigenen (kostenintensiven) Spielregeln schaffen will.
a) Wieso werden die wesentlichen Bauregelungen nicht in der Eisenbahn-Bauverordnung (EisbBBV) festgelegt, sodass man auf kostenintensive Zusatzregelungen in ÖBB-Bauvorschriften und ÖBB-FSV-Richtlinien verzichten kann?
b) Halten Sie es für eine sinnvolle Entwicklung, wenn sich bestimmte Interessensgruppen die sie betreffenden Regelungen selber schreiben, während sich das BMVIT gleichzeitig aus seinen legistischen Aufgaben zurückzuziehen sucht?
c) Halten Sie es für tragbar, dass die „Regelungshoheit“ über die Eisenbahntechnik (und damit auch die „Kostenhoheit“!) an einen privaten Verein ausgelagert wird?
Ø Werden Sie dafür sorgen, dass der für die SteuerzahlerInnen teure und auch für die Bahn-Fahrgäste – aufgrund der dadurch verursachten Bindung großer Teile der begrenzten Finanzmittel für nicht kundenorientierte Maßnahmen – letztlich nachteilige Weg der „ÖBB-FSV-Richtlinien“ umgehend veranlassen und beendet wird?
Ø Wenn nein, warum nicht?
Die EisbBBV besteht gerade mit Bauregelungen bereits, eine Novellierung ist in Ausarbeitung. Ziel dieser Regelungen ist es, Vorschriften und Normen in den Infrastrukturunternehmen durch einheitliche Standards für alle Bahninfrastrukturunternehmen schrittweise zu reduzieren. Regelungen erfolgen darüber hinaus auch durch die Europäische Union in den Technischen Spezifikationen der Interoperabilität (TSI). Auf die Beantwortung der Fragen 1-3, 5a-c, 6a-b, 7a-c darf hingewiesen werden.