7387/AB XXIV. GP

Eingelangt am 22.03.2011
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

Anfragebeantwortung

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 7656/J der Abgeordneten Schwentner, Kolleginnen und Kollegen „betreffend die Ausgestaltung der Leistungs- und Finanzierungsbedingungen zwischen dem AMS und Fraueneinrichtungen“ wie folgt:

 

Die Anfrage geht offenbar davon aus, dass es einer öffentlichen Einrichtung frei steht, ob sie Leistungen (diesfalls Dienstleistungen) über eine Fördervereinbarung finanziert oder mittels Auftragsvergabe beschafft. Dabei ist der Grat zwischen einseitig verbindlicher Beihilfenzusage und zweiseitig verbindlicher Auftragsvergabe sehr schmal. Das Vergaberecht ist nämlich mit subjektiven Rechtsansprüchen der Bieter und gerichtsähnlichen Prüfbehörden ausgestattet. Letztendlich liegt es in der Kompetenz des Bundesvergabeamtes, des Verwaltungsgerichtshofes und zu guter Letzt des Europäischen Gerichtshofes festzustellen, ob eine Rechtsbeziehung bloß Beihilfen für erwünschtes Verhalten oder doch Entgelte für zu erbringende Leistungen zum Inhalt hat.

 

Das AMS hat hinsichtlich der Förderung von Beratungs- und Betreuungseinrichtungen einen pragmatischen Weg eingeschlagen: Die Entscheidung, ob die ins Auge gefassten Dienstleistungen vergeben werden oder bloß eine Beihilfe gewährt wird, ist abhängig von der Frage, ob es für diese Dienstleistungen mehrere potentielle Träger gibt. Ist das der Fall, gibt es zu einem fairen und transparenten Vergabeverfahren keine Alternative. Da eine Behilfenvereinbarung den Geförderten nicht zur Leistung verpflichtet, können keine Qualitätskriterien für eine faire Bestbieterermittlung aufgestellt werden. Jeder kann alles versprechen, wenn er zur Einhaltung des Versprochenen nicht verpflichtet ist. Jeder Versuch, solche Qualitätskriterien zu auflösenden Bedingungen der Beihilfenzusage zu machen, führt ab einer nicht genau zu bestimmenden Intensität zu dem Ergebnis, dass das Bundesvergabeamt in einem Nachprüfungsverfahren einen Leistungsaustausch annimmt und daher das Vergaberecht anwendet.

 

Frage 1:

Die Vorteile liegen eindeutig im Bereich der Qualitätssicherung. Im Fall einer Ausschreibung hat das AMS ein breites Ermessen, die Qualität der Maßnahmen festzulegen und Gewährleistungsrechte bei Qualitätsmängeln in Anspruch zu nehmen. Außerdem führt der Wettbewerb um öffentliche Aufträge oft zu niedrigeren Preisen durch Konzentration der Anbieter auf das für den Auftraggeber Wesentliche. Demgegenüber neigen über Beihilfen finanzierte Träger erfahrungsgemäß dazu, zusätzliche Ziele und Aufgaben zu verfolgen, die vielleicht mit dem Beihilfenzweck nicht direkt verbunden sind. Bei Frauenberatungsstellen wird das vor allem deutlich anhand der Diskussionen, wie weit das AMS auch die Beratung von Frauen mit finanzieren soll, die nicht Kundinnen des AMS sind.

 

Frage 2:

Die Nachteile der formellen Ausschreibungsverfahren liegen auf der Hand. Sobald die engen Grenzen für Direktvergaben oder Verhandlungsverfahren mit einem Bieter ohne öffentliche Bekanntgabe überschritten werden, sind die Verfahren für beide Seiten sehr mühsam und teuer. Durch den ausgebauten Rechtsschutz kommt es auch immer weder zu Verzögerungen bei der Auftragsvergabe. Diese Probleme häufen sich insbesondere dann, wenn zwei im Wesentlichen gleichwertige Anbieter verbissen um den Auftrag kämpfen.

 

Frage 3:

Fördervereinbarungen kommen im Wesentlichen der Direktvergabe nach dem Bundesvergabegesetz gleich. Sie unterliegen nicht den engen Grenzen, die das Vergaberecht den Direktvergaben setzt. In diesem Sinn haben sie natürlich den Vorteil, die in der Antwort zu Frage 2 geschilderten Nachteile der förmlichen Vergabeverfahren hintan zu halten. Entsprechend misstrauisch stehen ihnen daher die Vergabekontrollbehörden gegenüber.

 

Frage 4:

Aus der Antwort zu Frage folgen die Nachteile von Fördervereinbarungen: Da die Leistung des einen (Beihilfe) nicht synallagmatisch verbunden ist mit der (Dienst)Leistung des anderen, fällt es dem Fördergeber schwer, eine bestimmte Qualität der Beratungsleistung durchzusetzen. Auch die Konzentration der Leistungen auf die Ziele, Zwecke und Kundinnen des AMS fällt schwerer.

 

Frage 5:

Ich beziehe mich in der bisherigen Fragebeantwortung nicht auf externe Rechtsgutachten oder Studien sondern auf Expertisen und Erfahrungen des AMS und meines Hauses. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass das AMS und meine ExpertInnen laufend mit ExpertInnen der Sozialpartner und Maßnahmenträgern die von Ihnen aufgeworfenen Fragen diskutieren. All diese Erfahrungen und Meinungen gehen in die Praxis des AMS ein.

 

Frage 6:

Solche Vorgaben meines Hauses an das AMS gibt es nicht. Meine ExpertInnen nehmen an den unter Frage 5 genannten Diskussionen und an der darauf aufbauenden Willensbildung innerhalb der Organe des AMS Teil. Insofern ist die Haltung und Praxis des AMS in diesen Fragen mit meinem Haus abgestimmt.

 

Frage 7:

Ich verstehe den Hintergrund der Frage und kann die darin zum Ausdruck kommenden Befürchtungen sehr gut nachvollziehen. Tatsächlich hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass die Praxis öffentlicher Ausschreibungen große Anbieter gegenüber kleinen tendenziell begünstigt. So können sich kleine Anbieter die Kosten und Dauer der Verfahren oft nicht leisten, darüber hinaus führen die Zusammenrechnungsgebote des § 16 Abs 3 und 4 BVergG zu Auftragsvergaben in großen Margen, die wiederum eher große Anbieter begünstigen.


Frage 8:

Die Tendenz zur Bevorzugung größerer Anbieter bei Ausschreibungen ist eine spezifische Ausformung des ökonomischen Gesetzes von der Fixkostendegression. Die kleineren Anbieter können hingegen ihre Vorteile gegenüber den großen ausspielen durch Konzentration auf Innovation und Flexibilität bzw. durch Vernetzung und Kooperation. Darüber hinaus achtet das AMS sehr genau, dass nicht durch eine radikale Umstellung der Förderpraxis bewährte Strukturen unter die Räder kommen. Wie bereits einleitend gesagt, werden in Bezug auf Beratungs- und Betreuungseinrichtungen Wettbewerbsverfahren nur dort angewandt, wo es mehrere potentielle Dienstleister gibt. Bei Beratungsdienstleistungen für arbeitsuchende Frauen halten sich solche Situationen in engen Grenzen.

 

Frage 9:

Ich bin sehr an der Qualität und Quantität der Dienstleistungen für arbeitsuchende Frauen interessiert. Wenn auch die Gewährleistung einer uneingeschränkten Bestandsgarantie für bestehende Frauenberatungsstellen nicht möglich ist, so kann jedenfalls davon ausgegangen werden, dass das AMS sehr verantwortungsvoll und pragmatisch mit den von Ihnen aufgeworfenen Problemen umgeht.