7440/AB XXIV. GP

Eingelangt am 28.03.2011
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Anfragebeantwortung

 

 

Alois Stöger

                                                                                                              Bundesminister

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag.a Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

 

 

 

GZ: BMG-11001/0036-II/A/9/2011

Wien, am 24. März 2011

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische

Anfrage Nr. 7553/J der Abgeordneten Ing. Heinz-Peter Hackl und weiterer Abgeordneter nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Fragen 1 und 5:

Die Beantwortung dieser Fragen fällt in den Zuständigkeitsbereich des Herrn Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft.

 

Frage 2:

Seit dem 3. Jänner 2011 langten laufend Notifikationen über das EU-Schnellwarnsystem für Lebens- und Futtermittel (RASFF-System) ein, in denen allen anderen Mitgliedstaaten Vertriebswege, Maßnahmen wie Betriebssperren, Analysenergebnisse im Zusammenhang mit Futtermitteln und Lebensmitteln von Tieren, die mit möglicherweise kontaminierten Futtermittel gefüttert wurden, mitgeteilt wurden.


Diese Notifikationen erfolgen sowohl von Deutschland als auch von jenen Mitgliedstaaten, in die Futtermittel bzw. Lebensmittel aus Betrieben in Deutschland, die möglicherweise kontaminierte Futtermittel verfüttert hatten, geliefert wurden. In keiner der Notifikationen waren Angaben oder Hinweise über Verbringungen von möglicherweise kontaminierten Futter- oder Lebensmitteln nach Österreich enthalten. Die Notifikationen der betroffenen Länder außer Deutschland zeigten z.B., dass in keinen in andere Mitgliedstaaten gelieferten und untersuchten Lebensmitteln Überschreitungen des Grenzwertes festgestellt wurden.

 

Frage 3:

Importverbote setzen eine tatsächliche Gefährdung voraus. Das Bundesinstitut für Risikobewertung in Deutschland kam in seiner Risikoabschätzung anhand der Analyse-Ergebnisse von Lebensmitteln aus betroffenen Betrieben zu dem Ergebnis, dass selbst wenn Eier oder Schweinefleisch mit Gehalten im Bereich der höchsten gemessenen Werte über einen längeren Zeitraum verzehrt wurden, weder eine unmittelbare noch eine langfristige gesundheitliche Beeinträchtigung für die Verbraucher/innen zu erwarten ist.

 

Die Setzung besonderer Maßnahmen, z.B. ein Verbringungsverbot von bestimmten Lebensmitteln aus Deutschland (Sofortmaßnahme gemäß Art. 54 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002) war daher - und auch aus den zu Punkt 1 genannten Gründen -nicht erforderlich bzw. rechtlich auch nicht möglich. Auch von der Europäischen Kommission wurde festgestellt, dass es keinen Grund gibt, Beschränkungsmaßnahmen hinsichtlich tierischer Lebensmittel aus Deutschland zu erlassen und derartige Maßnahmen als unverhältnismäßig angesehen werden.

 

Frage 4:

Die Eignung eines Lebensmittels, aufgrund einer Kontamination mit toxischen Stoffen wie Dioxinen die Gesundheit zu gefährden, hängt im Wesentlichen von drei Faktoren ab: primär von der Toxizität eines Stoffes, der Konzentration im Lebensmittel und letztlich von der von den Verbraucher/inne/n konkret aufgenommen Menge. Zur Abschätzung der von den Verbraucher/inne/n aufgenommenen Menge werden Verzehrsdaten aufgrund von Erhebungen herangezogen.

 

Von der WHO wurde für die Schadstoffgruppen der Dioxine und dioxinähnlichen PCB als tolerierbare wöchentliche Aufnahmemenge (TWI – Tolerable Weekly Intake) ein Wert von 14 Picogramm pro Kilogramm Körpergewicht festgelegt.

Da die tolerierbare wöchentliche Aufnahmemenge auf Basis des ungünstigsten Falles, einer (angenommenen) lebenslangen Aufnahme dieser Stoffe, festgesetzt wird, führt die einmalige oder kurzfristige Überschreitung der tolerierbaren wöchentlichen Aufnahme über höher belastete Lebensmittel nicht unmittelbar oder zwingend zu einer Gefährdung der Menschen.

 


Nach Grundsatzbeurteilung der Arbeitsgruppe „nicht sicher“, in der Expert/inn/en der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH (AGES), der Lebensmitteluntersuchungsanstalten der Länder etc. vertreten sind, ist ein Lebensmittel, dessen Gehalt an Dioxinen den in der Kontaminantenverordnung (EG) Nr. 1881/2006 normierten Höchstgehalt übersteigt „für den menschlichen Verzehr ungeeignet - nicht sicher“ (§ 5 Abs. 5 Z 2 LMSVG iVm Art. 14 Abs. 2 lit. b der Verordnung (EG) Nr. 178/2002).

 

Bedingt der Verzehr eines Lebensmittels eine Exposition, die über dem 5-fachen der tolerierbaren wöchentlichen Aufnahmemenge liegt, ist das Lebensmittel als „gesundheitsschädlich - nicht sicher“ zu beurteilen (§ 5 Abs. 5 Z 1 LMSVG iVm Art. 14 Abs. 2 lit. a der Verordnung (EG) Nr. 178/2002).

 

Eine Risikobewertung zur Dioxinaufnahme aus Hühnereiern am Beispiel der Dioxinbelastung, wie sie jüngst in Deutschland im schlimmsten Fall aufgetreten ist (Summe an Dioxinen und dioxinähnlichen PCB: 12 pg/g Ei-Fett) ergibt bei hohem Verzehr folgende Expositionen:

 

-       für ein Vorschulkind (16 kg Körpergewicht, 82 g Ei pro Tag - entsprechend einem sehr großen Ei das 2,75 fache -,

-       für einen Mann (70 kg Körpergewicht, 162,5 g Ei pro Tag - entsprechend 3 etwas kleineren Eiern) das 1,56 fache -,

-       für eine Frau (60 kg Körpergewicht, 120 g Ei pro Tag - entsprechend etwa 2 Eiern) ca. das 1,34 fache

 

der tolerierbaren wöchentlichen Aufnahme.

 

Selbst wer ein Leben lang ausschließlich derart belastete Rohware zu sich nehmen würde, müsste nicht fürchten, damit seine Gesundheit zu gefährden.

Zu einem ähnlichen Schluss gelangte im Übrigen auch das Bundesinstitut für Risikobewertung, Berlin, das feststellte, dass die Gesamtkontamination der Lebensmittel im Zuge des deutschen Futtermittelskandals niedrig war und kein unmittelbares Gesundheitsrisiko für die Bevölkerung vorliegt.

 

Frage 6:

Von den Lebensmittelaufsichtbehörden wurden Fleisch- und Eiproben gezogen und auf Dioxin untersucht. Bei den bisherigen Analyseergebnissen konnten keine Höchstwertüberschreitungen festgestellt werden.

 

Im Rahmen der „Dioxin-Schwerpunktaktion“ für das Jahr 2011 wird dem Vorfall insofern Rechnung getragen, als zur vorsorgenden Gewährleistung der Sicherheit die für September bis Oktober vorgesehene Schwerpunktaktion bereits begonnen, die Probenanzahl um 50% erhöht und die zusätzliche Ziehung von rohen Hühnereiern (aus Boden- und Freilandhaltung) und frischem Schweinefleisch mit zweifelsfrei rückverfolgbarem Ursprung aus Deutschland (insbesondere aus den Bundesländern Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Brandenburg und Bayern) veranlasst wurde.