7521/AB XXIV. GP

Eingelangt am 01.04.2011
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Justiz

Anfragebeantwortung

 

 

DIE  BUNDESMINISTERIN
           FÜR  JUSTIZ

BMJ-Pr7000/0027-Pr 1/2011

 

 

An die

                                      Frau Präsidentin des Nationalrates

                                                                                                                           W i e n

 

 

zur Zahl 7584/J-NR/2011

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Albert Steinhauser, Freundinnen und Freunde haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Sachwalterschaft“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Einleitend halte ich fest, dass ich die in der Anfrageeinleitung nicht näher begründete Prämisse, das Sachwalterrechts-Änderungsgesetz 2006 habe sich nicht bewährt, nicht teilen kann. Dieses Reformvorhaben hat zu Verbesserungen im Umgang mit geistig beeinträchtigten Personen geführt. Freilich bedarf dieser schwierige Rechtsbereich einer ständigen Beobachtung und allenfalls auch Anpassung. Es liegt angesichts der nach wie vor dynamischen gesellschaftlichen Entwicklung, der immer noch zunehmenden „Verrechtlichung“ weiter Lebensbereiche und der internationalen Rechtsentwicklung auf der Hand, dass der Gesetzgeber hier nicht ein für allemal gültige Antworten finden kann.

Zu 1 bis 7 und 10:

Ich verweise dazu auf die der Anfragebeantwortung angeschlossenen tabellarischen Auswertungen aus der Verfahrensautomation Justiz (VJ). Dazu wurden auf Basis der aktualisierten Sonderauswertung „Sachwalterschaften“ die bestellten Sachwalter nach dem jeweiligen Bereich nach Bundesländer gegliedert ausgewiesen.

Zu 8 und 19:

Im Jahr 2009 gab es laut Register der VJ 16.882 Anregungen auf Sachwalterbestellung, weitere 13 Verfahren betrafen Verfahren zur Vorsorgevollmacht. Im Jahr 2010 waren es 17.118 Fälle, weitere 19 Verfahren betrafen Verfahren zur Vorsorgevollmacht.

Zu 9:

Im Jahr 2009 wurden 430 Sachwalterschaften in Folge des Wegfalls der Voraussetzungen beendet, 8.252 in Folge des Todes des Betroffenen.

Im Jahr 2010 wurden 444 Sachwalterschaften in Folge des Wegfalls der Voraussetzungen beendet, 8.276 in Folge des Todes des Betroffenen.

Zu 11 bis 18:

Das „Clearing“ der Sachwaltervereine hat die – bereits im Modellprojektstadium gehegten (siehe Hanak/Pilgram, „Modellversuch Clearing“, iFamZ 2007, 290) – Hoffnungen auf einen ökonomischeren Einsatz der Ressourcen sowie eine Unterstützung der als Sachwalter tätigen Angehörigen in den Gerichtssprengeln, in denen es finanziert werden kann, weitgehend erfüllt [regionale Unterschiede bestehen; siehe näher Hanak/Kreissl/Neumann/Pilgram, Das SWRÄG 2006 und seine Wirkungen in der Praxis, iFamZ 2009, 384]. Hervorzuheben ist einerseits, dass durch die im Rahmen des Clearing in aller Regel eingangs des Sachwalterbestellungsverfahrens herzustellende „Sozialanamnese“ der betroffenen Person – „Clearingbericht“ genannt – die Qualität dieses Verfahrens durch umfangreiche und frühzeitige Anreicherung der Entscheidungsgrundlagen entscheidend gehoben werden kann. Andererseits erreicht die ebenfalls eine Clearingfunktion darstellende „Anregerberatung“ (siehe Rott/Vyslouzil, Handbuch des Sachwalterrechts [2010]², 338) teilweise institutionelle „Großanreger“ und hilft systematisch – etwa bei MitarbeiterInnen von Pflegeeinrichtungen bestehende – Informationsdefizite über die Sachwalterschaft zu beseitigen.

Darüber hinausgehende, in den Fragen angesprochene statistische Daten bzw. inhaltliche Auswertungen aus Clearingberichten stehen mir derzeit nicht zur Verfügung.

Zu 20:

Das Institut der Vorsorgevollmacht wird – trotz entsprechender Informationsmaßnahmen etwa durch das Notariat – erst allmählich einer breiteren Öffentlichkeit bekannt; eine Beurteilung ihrer (Sachwalterschaft vermeidenden) Wirksamkeit ist ca. vier Jahre nach Inkrafttreten des SWRÄG 2006 zu früh (so auch Hanak/Kreissl/Neumann/Pilgram, iFamZ 2009, 384 FN 1). Die Datenlage zeigt aber doch, dass die Bevölkerung das neue Instrument zur Gestaltung des Lebens im Alter annimmt (so auch Ganner, Rechtstatsächliches zu Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht und gesetzlicher Vertretung durch nächste Angehörige, iFamZ 2009, 150 [154]).

Zu 21:

Dazu stehen mir keine Daten zur Verfügung.

Zu 22:

Auch für die Angehörigenvertretung gilt, dass sie relativ kurze Zeit nach ihrer Einführung noch nicht umfassend in der Bevölkerung verankert ist. Hier kommt aber – jedenfalls nach Hanak/Kreissl/Neumann/Pilgram, iFamZ 2009, 385 – hinzu, dass sie bei den „institutionellen“ Partnern – z.B. Banken und Versicherungsträgern – aufgrund der sehr eng gefassten Entscheidungsspielräume der vertretungsbefugten nächsten Angehörigen wenig Akzeptanz findet. Derzeit gibt es Überlegungen, inwieweit diesen praktischen Überlegungen Rechnung getragen werden soll.


 

Zu 23:

Das Bundesministerium für Justiz befindet sich derzeit im Stadium der Stoffsammlung und Stoffanalyse. In weiterer Folge sollen zu den verschiedenen Themen – darunter sicher die Angehörigenvertretung – Arbeitsgruppen gebildet werden (im Sinne der Behindertenrechtskonvention auch unter Beteiligung von Vertretern von Betroffenenkreisen), um möglichst fundierte Lösungen vorschlagen zu können.

 

 

. April 2011

 

 (Mag. Claudia Bandion-Ortner)

 

 

 

Anmerkung der Parlamentsdirektion:

 

Die vom Bundesministerium übermittelten Anlagen stehen nur als Image (siehe Anfragebeantwortung gescannt) zur Verfügung.