7698/AB XXIV. GP

Eingelangt am 29.04.2011
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BM für Finanzen

Anfragebeantwortung

 

 

 

 

 

 

Frau Präsidentin

des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer                                                       Wien, am        April 2011

Parlament

1017 Wien                                                                GZ: BMF-310205/0045-I/4/2011

 

 

 

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

 

Auf die an meinen Amtsvorgänger gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 7773/J vom 1. März 2011 der Abgeordneten Stefan Petzner Kolleginnen und Kollegen, beehre ich mich, Folgendes mitzuteilen:

 

Einleitend ist nachdrücklich festzuhalten, dass durch die mutwillige Veröffentlichung von Dokumenten, betreffend die Hypo Alpe Adria („HAA“), auch wenn diese im Zusammenhang mit der Verstaatlichung vom Dezember 2009 stehen, vor dem Hintergrund der fortgesetzt schwierigen Unternehmenslage die Marktposition der HAA zusätzlich geschwächt und auch die Rechtspositionen aller beteiligter Personen (wie die Alteigentümer und der Bund) verschlechtert wird.


 

Unmittelbar nach der staatlichen Rettungsmaßnahme, durch die das Land Kärnten vor der Fälligstellung von Haftungsverpflichtungen von rund EUR 20 Mrd. bewahrt werden konnte, wurde vom Bund die umfassende Aufarbeitung der Ursachen für den rapiden Vermögensverfall beschlossen. Im gemeinsamen Projekt „CSI Hypo“ der Republik Österreich und der Hypo-Alpe-Adria-Bank International AG („HBInt“) werden daher auch die vor und nach dem Einstieg der Bayerischen Landesbank („BayernLB“) getroffenen wesentlichen Geschäftsführungsentscheidungen kompromisslos untersucht. Jedwede Zurverfügungstellung sachdienlicher Informationen im Rahmen dieses Projektes liegt daher im Interesse des Bundes und der Bank.

 

Zu 1., 3. und 4.:

Am 23. November 2009 informierte der damalige Vorstandsvorsitzende der BayernLB das Bundesministerium für Finanzen und die Finanzprokuratur, dass die BayernLB nicht zu einem weiteren Kapitaleinschuss in die HAA bereit sei. Gleichzeitig erklärte er, dass die BayernLB zu einer Abgabe ihres 67%igen Anteils an die Republik Österreich gegen Zahlung eines Kaufpreises von EUR 302 Mio. bereit sei. Die BayernLB begründete dies mit dem unvermeidlichen weitest gehenden Totalausfall ihrer bisherigen Investitionen in die HAA und beihilfenrechtliche Beschränkungen in ihrer Stellung als deutscher Beihilfenempfänger. In dieser Besprechung wurde auch der Abzug von Kundeneinlagen aus der HAA angesprochen, der Anfang November 2009 eingesetzt hatte. Auf Grund dieser Mitteilung der BayernLB, die der noch im Oktober 2009 erkennbaren Strategie als Eigentümer der HAA diametral widersprach, wurden umgehend Stellungnahmen der OeNB und FMA insbesondere zum Szenario einer Insolvenz der HAA und zum voraussichtlichen Rekapitalisierungsbedarf eingeholt.

 

Zu 2.:

Am 6. November 2009 hatte der damalige Vorstandsvorsitzende der HBInt gegenüber der Gruppe III/B im Bundesministerium für Finanzen über das vorläufige Ergebnis des Asset Screenings, welches von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PWC im Auftrag der HBInt und der Altaktionäre durchgeführt worden war, sowie dem daraus voraussichtlich resultierenden Wertberichtigungsbedarf zum Jahresende 2009 berichtet. Als nächster Schritt wurde mit dem Vorstandsvorsitzenden der HBInt ein Gespräch mit Vertretern des Hauptaktionärs vereinbart sowie im Hinblick auf das laufende Beihilfeverfahren die Europäische Kommission informiert.


 

Zu 5.:

Der Entzug von Liquidität vor der Notverstaatlichung am 14. Dezember 2009 durch die BayernLB hatte zweifellos die wirtschaftliche Lage der Bank zusätzlich massiv beeinträchtigt und war von der Republik Österreich in den Verhandlungen zur Rettung der HAA naturgemäß berücksichtigt worden. Die BayernLB musste sich letztendlich gegenüber der Republik Österreich und der Bank im Aktienkaufvertrag verpflichten, ihre zuvor gesetzten Maßnahmen vollständig rückgängig zu machen.

 

Zu 6. und 7.:

Beide beschriebenen Sachverhalte sind der Republik Österreich im Zuge der Gespräche zur Rettung der HAA und zur Vermeidung des Eintritts des Haftungsfalles für das Land Kärnten durch den seinerzeitigen Vorstand der HBInt bekannt geworden. Eine konkrete Datumsangabe ist hierzu nicht mehr möglich. Wie bereits mehrfach ausgeführt wurden die beiden beschriebenen Sachverhalte in den Verhandlungen zur  Rettung der Bank berücksichtigt und die BayernLB letztendlich auch im Aktienkaufvertrag verpflichtet, beide zuvor gesetzten  Maßnahmen vollständig rückgängig zu machen.

 

Zu 8.:

Die Höhe der gegenwärtigen Verbindlichkeiten der HBInt gegenüber der BayernLB ist dem Bundesministerium für Finanzen nicht bekannt, weswegen diese auch nicht aufgeschlüsselt werden können. Die Republik Österreich hat sich zur Tilgung dieser Verbindlichkeiten nicht verpflichtet. Vielmehr obliegt es dem Vorstand der HBInt, im Rahmen des Liquiditäts­managements für die fristgerechte Tilgung aller Verbindlichkeiten der Bank, somit auch jener gegenüber der BayernLB, Sorge zu tragen.

 

Zu 9.:

Die BayernLB verpflichtete sich im Aktienkaufvertrag zu einer Kapitalstärkung der HBInt im Umfang von EUR 825 Mio. Diese Kapitalzufuhr erfolgte durch einen Verzicht der BayernLB auf Rückzahlung von Ergänzungskapital in Höhe von EUR 300 Mio. sowie von langfristigen Darlehen in Höhe von EUR 525 Mio. Darüber hinaus hatte sich die BayernLB verpflichtet, der HBInt bis zu EUR 3,6 Mrd. an Liquidität langfristig zur Verfügung zu stellen.

 


 

Zu 10.:

Diese Ansicht ist nicht zutreffend. Die von der BayernLB in die HAA investierten Beträge gliedern sich im Wesentlichen in den Kaufpreis, zweimalige Kapitalerhöhungen und Zufuhren von Liquidität (wie Darlehen oder eingeräumte Kreditlinien).

Würde man in concreto die Anwendbarkeit der Regelungen des Eigenkapitalersatzrechtes bejahen, so wären die im Rahmen von Liquidität gewährten Beträge möglicherweise als eigenkapitalersetzend zu qualifizieren gewesen. Die Bestimmungen des Eigenkapitalersatz-Gesetzes (EKEG) führen jedoch nur zu einer Rückzahlungssperre und nicht zu einer automatischen Wandlung der der Bank als Liquidität zur Verfügung gestellten Beträge in Eigenkapital.

a)   Die BayernLB musste sich im Aktienkaufvertrag verpflichten, ihre bisherigen Liquiditätslinien, die sie teilweise unmittelbar vor der Rettung der Bank abgezogen hatte, längerfristig und damit über die ursprünglich gewährten Zeitpunkte hinaus aufrechtzuerhalten.

 

Zu 11. und 12.:

Die Rettung der HAA erfolgte in erster Linie um das Schlagendwerden der vom Land Kärnten übernommenen Haftungen für die HAA in Höhe von rund EUR 20 Mrd. zu verhindern. Eine Haftungsinanspruchnahme des Landes wäre bereits im Falle der Verhängung der Geschäftsaufsicht eingetreten, was den Altaktionären - und somit auch der BayernLB - bekannt gewesen war. Die Republik Österreich war daher in den Verhandlungen zur Rettung der HAA bestrebt, von den Altaktionären einen bestmöglichen Beitrag zur Ausstattung der Bank mit Kapital und Liquidität zu erhalten. Der Verzicht auf Ansprüche aus dem Titel der „Gewährleistung“ ist, wie dem Vertragstext zu entnehmen ist, zunächst eingeschränkt um die ausdrücklich zugesicherten Umstände. Weiters ist bei einer Beurteilung dieses Verzichtes zu bedenken, dass der „Verzicht“ sich ausschließlich auf die Aktienübertragung bezieht. Es ist zu beachten, dass auf eine Anfechtung beispielsweise wegen Irrtums oder Arglist nicht verzichtet wurde und auch allfällige Schadenersatzansprüche der Republik weiter geltend gemacht werden können.

Im Rahmen des Projekts „CSI Hypo“ werden Verantwortlichkeiten der BayernLB und aller anderen Altaktionäre untersucht sowie eine umfassende Aufarbeitung der Vergangenheit zur Klärung aller Ursachen für den rapiden Vermögensverfall durchgeführt. In Folge werden daraus allfällig resultierende Ansprüche der Bank oder des Bundes geltend gemacht.


 

Zu 13.:

Die Bestimmung des Punktes 5 Abs. 6 des Aktienkaufvertrages nimmt auf die Befürchtung der BayernLB im Rahmen der Verhandlungen zur Rettung der HAA Bezug, dass ihre Forderungen durch Spaltungs- bzw. vergleichbare Maßnahmen in ein wirtschaftlich nicht überlebensfähiges Vehikel transferiert werden. Da im Hinblick auf das bei der Europäischen Kommission anhängige Beihilfeverfahren gerade auf die Lebensfähigkeit der Bank zu achten ist, besteht keine Veranlassung, von einer Inanspruchnahme der Republik Österreich aus dieser Bestimmung auszugehen.

 

Zu 14. und 15.:

Die angesprochenen Schreiben der Europäischen Kommission referieren die vorläufige beihilfenrechtliche Genehmigungsentscheidung vom 23. Dezember 2009 sowie deren Verlängerung vom 22. Juni 2010 für die Stützungsmaßnahmen im Zuge der Verstaatlichung. Mit diesen Formulierungen stellt die Europäische Kommission – wie in einem Beihilfeverfahren üblich – jene Punkte dar, die ihrer Auffassung nach im weiteren Verfahren zu prüfen sein werden. Eine formelle Stellungnahme der Republik Österreich zu diesen im beihilfenrechtlichen Verfahren ergehenden Schreiben bzw. Entscheidungen ist nicht vorgesehen. Die Republik Österreich hat ihre Standpunkte im Rahmen des gegenwärtig noch nicht abgeschlossenen Beihilfeverfahrens darzulegen.

 

Zu 16.:

Wie aus den Medien bekannt, wurden Vertreter der österreichischen Systembanken – Mitglieder des Vorstandes – am 13./14. Dezember 2009 am Rande der finalen Verhandlungen zur Rettung der HAA in das Bundesministerium für Finanzen gebeten und aufgefordert, durch Bereitstellung von Kapital und Liquidität an die HBInt einen angemessenen Beitrag zur Verhinderung eines ernsten Schadens für die österreichische Volkswirtschaft und dem Europäischen Finanzmarkt zu erbringen.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Dr. Maria Fekter eh.