7778/AB XXIV. GP

Eingelangt am 03.05.2011
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BM für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

Anfragebeantwortung


 

 

 

 

NIKOLAUS BERLAKOVICH

Bundesminister

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

An die                                                                                                Zl. LE.4.2.4/0044-I 3/2011

Frau Präsidentin

des Nationalrates

Mag.a Barbara Prammer

 

Parlament

1017 Wien                                                                                         Wien, am 3. Mai 2011

 

 

 

Gegenstand:   Schriftl. parl. Anfr. d. Abg. z. NR Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber,

Kolleginnen und Kollegen vom 3. März 2011, Nr. 7860/J, betreffend

die absurden und praxisfremden Vorschriften der AGES für die

Aussaat von insektizid-gebeiztem Mais- und Kürbissaatgut 2011

 

 

 

 

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen vom 3. März 2011, Nr. 7860/J, teile ich Folgendes mit:


 

Zu Frage 1:

 

Systemische Beizmittel dringen in den Saftstrom der Pflanzen ein und sorgen so für einen gezielten Schutz. Die benötigten Wirkstoffmengen sind viel geringer als bei anderen Pflanzenschutzmitteln und die Wirkstoffe landen zielgerichtet dort, wo sie unmittelbar die optimale Wirkung ausüben. Das erlaubt eine zielgenaue Behandlung verbunden mit einer Minimierung der Schäden an Nicht-Ziel-Organismen. Die Beizbehandlung von Saatgut ist bei Einhaltung der Anwendungsvorschriften eine umweltverträgliche Pflanzenschutzmaßnahme. Warnhinweise im Rahmen der Kennzeichnung dienen grundsätzlich dazu, eine sachgerechte Anwendung und die Einhaltung von Maßnahmensetzungen zu unerwünschten Wirkungen sicherzustellen.

 

Zu Frage 2:

 

Die Auflagen an die Beizqualität stellen nur einen Teil eines Bündels von risikomindernden Auflagen dar. Bei lückenloser Umsetzung und Einhaltung des Bündels von risikomindernden Auflagen zum Anwender- und Umweltschutz ist eine sichere Verwendung von mit Insektiziden gebeiztem Saatgut gegeben. Es liegen der AGES im Rahmen des Projektes „Melissa“ keine Hinweise vor, dass es trotz lückenloser Einhaltung der risikomindernden Auflagen zu den in der Frage angesprochenen Schäden gekommen ist.

 

Zu Frage 3:

 

Gerätehersteller bieten fertige, geprüfte Umbausätze für alle gängigen Einzelkornsämaschinen an, die von Fachwerkstätten einfach montiert werden können. Überdies ist der Landwirt bei Anwendungen von Pflanzenschutzmitteln allgemein im Sinne eines fachgerechten Pflanzenschutzes im Umgang mit risikomindernden Maßnahmen vertraut. Die geräte- und anbautechnischen Maßnahmen entsprechen jenen anderer EU-Mitgliedstaaten, sie bewegen sich im üblichen Rahmen risikomindernder Maßnahmen und einer guten Praxis zur Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln. Kontrollmaßnahmen obliegen gemäß B-VG den Bundesländern (vgl. auch Antwort auf Frage 10).

 

Zu Frage 4:

 

Wirkungsvolle Kontrollmaßnahmen der Anwendung gebeizten Saatgutes obliegen gemäß     B-VG den Bundesländern (vgl. auch Antwort auf Frage 10).


Zu Frage 5:

 

Die Einführung einer Obergrenze bezüglich Windgeschwindigkeit erschien notwendig, da die Prüfung der Abdriftminderung der Deflektoren für pneumatische Einzelkornsägeräte bei Windgeschwindigkeiten bis max. 5 m/sec erfolgt. Die Grenze von 5 m/sec. Wind­geschwindigkeit ist keine grundlegende Neuigkeit für die Landwirtschaft: Im Sinne der guten fachlichen Praxis im Pflanzenschutz wird diese z. B. als Einsatzgrenze für Pflanzen­schutzmittel-Spritzanwendungen angesehen. Windgeschwindigkeiten werden von diversen Wetterdiensten (z.B. Wetterservice der Hagelversicherung) laufend bekannt gegeben.

 

Zu Frage 6:

 

Durch sachgerechtes Einbringen des rieselfähigen Saatgutes in den Saatgutbehälter wird erreicht, dass allfällige Reste von Staub im Saatgutsack verbleiben und einer Entsorgung zugeführt werden. Bei dieser Maßnahme handelt es sich um einen Teil der gesamtheitlichen Risikominderung im Umgang mit gebeiztem Saatgut.

 

Zu Frage 7:

 

Dieser Hinweis soll dem Landwirt die Bedeutung einer ordnungsgemäßen Saatbeetbereitung und Aussaat deutlich machen. Der Landwirt kann die vollständige Einarbeitung und Abdeckung des Saatgutes mit Erde durch Anpassen der Bodenbearbeitungsverfahren, der Aussaattiefe und der Einstellung der Sämaschine erreichen (gute landwirtschaftliche Praxis).

 

Zu Frage 8:

 

Durch die Einhaltung der Anwendungsbestimmungen, insbesondere die Verwendung von den gesetzten Abriebnormen entsprechendem Saatgut (in Österreich zertifiziertes und in Verkehr gebrachtes Saatgut entspricht diesen Kriterien), die Verwendung anerkannter Deflektoren an den Sägeräten und Beachtung der Windrichtung bzw. Windgeschwindigkeit (<5 m/s) wird die Kontamination dieser Pflanzen mit dem Staub insektizider Beizmittel de facto verhindert.

 

Zu Frage 9:

 

Diese Auflagen sollen eine Exposition von benachbarten blühenden Pflanzenbeständen mit Abriebstaub vermeiden. Grundsätzlich ist es in der landwirtschaftlichen Praxis üblich, Pflanzenschutzarbeiten auf die Wetterbedingungen abzustimmen. Dieses der


landwirtschaftlichen Praxis gut vertraute Prinzip ist nunmehr auch auf den Anbau von mit Insektiziden gebeiztem Mais- und Kürbissaatgut anzuwenden. Der Anbau auf einer Fläche, die vollständig von blühenden Pflanzenbeständen umgeben ist, ist – um eine Abdrift zu vermeiden – damit faktisch nur bei Windstille möglich. Es liegt letztlich in der Verantwortung des Landwirtes, die Auflagen bei der Ausbringung insektizidgebeizten Mais- und Kürbissaatgutes einzuhalten oder im Falle mangelnder Voraussetzungen zur Einhaltung der Vorgaben auf die Anwendung derartigen Saatgutes zu verzichten.

 

Zu Frage 10:

 

Die kompetenzrechtliche Grundlage für den „Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge“ findet sich in Art. 12 Abs. 1 Z 4 B-VG. Demnach ist diesbezüglich die Gesetzgebung über die Grundsätze Bundessache, die Erlassung von Ausführungsgesetzen und die Vollziehung Landessache. Daher fällt die Erlassung von Maiswurzelbohrer-Verordnungen in die Zuständigkeit der Länder.

 

Zu Frage 11:

 

Eine Pflanzenschutzmittelanwendung bzw. die Ausbringung von gebeiztem Saatgut ist nur in begründeten Fällen zum Schutz der Pflanzen im Sinne einer guten landwirtschaftlichen Praxis zulässig. Die österreichische Landwirtschaft verpflichtet sich in der Umsetzung der guten landwirtschaftlichen Praxis dem integrierten Pflanzenschutz bzw. dem umfassenden integrierten Pflanzenbau.

 

Der Maiswurzelbohrer ist ein Quarantäneschaderreger gemäß EU-Recht und die Mitgliedstaaten sind demnach verpflichtet, geeignete Bekämpfungsmaßnahmen zu setzen.

 

Überall dort, wo die Betriebsstrukturen bzw. die Flächenverfügbarkeit einen Fruchtwechsel zulassen, ist die Vermeidung der insektiziden Beizung des Maissaatgutes bzw. eine andere Form der Insektizidanwendung zur Bekämpfung des Maiswurzelbohrers das erklärte Ziel.

 

Die Anordnung eines verpflichtenden Fruchtwechsels als Bekämpfungsmaßnahme gegen den Maiswurzelbohrer müsste gemäß B-VG auf Länderebene erfolgen.


Zu Frage 12:

 

Grundsätzlich ist anzumerken, dass sich das Aufstellen von Bienentränken prinzipiell aus den Grundsätzen der „Guten Imkerpraxis“ ableiten lässt (keine ausreichenden Wasserquellen in Stocknähe verfügbar, lang anhaltende Trockenheit, Ablenkung der Bienen von Nachbargrundstücken (Pools, etc.)). Auch in einigen Landes-Bienenzuchtgesetzen (z.B. Wien, Stmk, Bgld) ist für Wanderimker eine geeignete Bienentränke vorgeschrieben. Mais- oder Kürbisflächen sind zum Zeitpunkt des Anbaus und auch während der weiteren Pflanzenentwicklung bis zur Blüte für die Imkerei von keinerlei Nutzen. Als risikomindernde Maßnahme ist es daher angemessen, auch im  Sinne der Koexistenz landwirtschaftlicher Produktion und Imkerei einen Abstand zu diesen Kulturen zu halten.

 

Zu Frage 13:

 

Die Rückmeldungen aus der Praxis haben gezeigt, dass es durch die Verbesserung der Saatgutqualität und durch die spezielle Abluftführung der Gebläse im Regelfall zu keinen signifikanten Ablagerungen von Beizmittelstaub auf dem Gerät kommt und eine Reinigung daher im Normalfall nicht erforderlich ist. Zudem werden Sägeräte üblicherweise unter Dach gelagert. Überdies ist aufgrund der mangelnden Attraktivität nicht zu erwarten, dass Sägeräte von Bienen als Nahrungsquelle oder in sonstigem Zusammenhang angeflogen werden.

 

Zu Frage 14:

 

Im Forschungsförderungsvertrag ist festgelegt, dass die Finanzierung des Gesamtprojekts durch eine Bund-Länder-Forschungskooperation zu erfolgen hat. Diese Vorgangsweise wurde von Seiten der Imkereiwirtschaft begrüßt. Dabei handelt es sich um eine Finanzierungsplattform für gemeinsame Forschungsprojekte des BMLFUW, den Bundesländern, einer Eigenleistung der AGES und eines Beitrages eines Unternehmens-konsortiums (Vereinigung der Pflanzenzüchter und Saatgutkaufleute Österreichs, Syngenta Agro GmbH, Bayer Austria GmbH, Bayer CropScience und BASF Österreich GmbH). Der Beitrag des Unternehmenskonsortiums beträgt rund 17% der Gesamtprojektsumme.

 

Im Forschungsförderungsvertrag sind die Rechte und Pflichten der eingebundenen Stellen festgelegt. Insbesondere ist im Vertrag für die Unternehmen zwar die Beteiligung an projektbegleitenden Gesprächen und die Verfügbarkeit von Daten – keineswegs aber ein Recht auf Daten bzw. die Einflussmöglichkeit auf die Versuchsanstellung – verankert.


Die Rechte auf Daten, Versuchsanstellung etc. liegen vertraglich festgelegt ausschließlich beim Bund und den Ländern. Darüber hinaus bestehen keine weiteren Vereinbarungen.

 

Zu Frage 15:

 

Wirtschaftsdaten wie die Gesamtmenge und der Umsatz mit Saatgut-Beizmitteln aus der Gruppe der Neonicotinoide lassen sich nicht aus der Wirkstoffstatistik ableiten und sind daher auch nicht bekannt.

 

Der Bundesminister: