7800/AB XXIV. GP

Eingelangt am 06.05.2011
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BM für Gesundheit

Anfragebeantwortung

 

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag.a Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

Alois Stöger

Bundesminister

 

 

 

GZ: BMG-11001/0102-II/A/9/2011

Wien, am 5. Mai 2011

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische

Anfrage Nr. 7960/J der Abgeordneten Mario Kunasek und weiterer Abgeordneter nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Gemäß § 136 Abs. 5 ASVG hat der Versicherungsträger bei Vorliegen einer besonderen sozialen Schutzbedürftigkeit des Versicherten nach Maßgabe der vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger dazu erlassenen Richtlinien von der Einhebung der Rezeptgebühr abzusehen.

 

Der Begriff „soziale Schutzbedürftigkeit“ ist nach herrschender Auffassung – auch im Zusammenhang mit der Formulierung der im § 136 ASVG genannten Richtlinien – primär dahingehend zu verstehen, dass als Maßstab der vorzunehmenden Beurteilung die finanzielle Leistungsfähigkeit des/der Versicherten heranzuziehen ist. Zu der in diesem Zusammenhang erforderlichen Grenzziehung wurde im Wesentlichen der Ausgleichszulagenrichtsatz als maßgeblich angesehen.


Die spezielle Situation einer besondere Aufwendungen erfordernden Erkrankung wird im § 4 Abs. 1 Z 3 der genannten Richtlinien berücksichtigt. Diese Bestimmung nimmt eine Erhöhung des Richtsatzes in jenen Fällen vor, in denen ein/e Versicherte/r (Angehörige/r, für den/die ein Leistungsanspruch besteht) an Krankheiten oder Gebrechen leidet, durch die ihm/ihr erfahrungsgemäß besondere Aufwendungen entstehen. Darüber hinaus ist – wie bereits in der auch von den anfragenden Abgeordneten zitierten Anfragebeantwortung ausgeführt – von einem Krankenversicherungsträger gemäß § 5 der Richtlinien eine Befreiung von der Rezeptgebühr zu bewilligen, wenn sich nach Prüfung der Umstände im Einzelfall

herausstellt, dass eine besondere soziale Schutzbedürftigkeit gegeben ist. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn eine länger dauernde medikamentöse Behandlung notwendig ist, die im Hinblick auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des/der Versicherten eine nicht zumutbare Belastung mit Rezeptgebühr zur Folge hätte.

 

Durch diese Regelung wird sowohl auf die finanziellen Verhältnisse des/der Versicherten als auch auf das Vorliegen chronischer Erkrankungen – auf letztere im Hinblick auf die dadurch entstehenden vermehrten Aufwendungen in Relation zu den finanziellen Verhältnissen – Rücksicht genommen. Auch die im Jahr 2008 eingeführte Regelung der Rezeptgebührenobergrenze hat zum Ziel, einer finanziellen Überlastung durch Rezeptgebühren im Fall eines – wiederum im Verhältnis zur Einkommens- und Vermögenssituation des/der Versicherten zu sehenden – erhöhten Medikamentenbedarfs zu begegnen.

 

Zu den einzelnen Fragen ist daher Folgendes auszuführen:

 

Frage 1:

Das Vorliegen einer chronischen Erkrankung wird bei der Befreiung von der Rezeptgebühr – neben den finanziellen Verhältnissen des/der Versicherten und bezüglich ihrer Auswirkungen auf diese finanziellen Verhältnisse – durchaus, wie oben dargestellt, berücksichtigt.

 

Fragen 2 und 3:

Wie dargestellt, wird gerade auf das „kumulative Vorliegen von geringen Einkommensverhältnissen und chronischen Erkrankungen“ abgestellt.

Die bevorzugte oder ausschließliche Berücksichtigung einer chronischen Erkrankung ohne Beachtung der finanziellen Leistungsfähigkeit des/der Betroffenen kann nicht befürwortet werden, weil dies im Einzelfall zu dem (unerwünschten) Ergebnis führen kann, dass eine Rezeptgebührenbefreiung lediglich auf Grund der Tatsache einer chronischen Erkrankung zu erteilen wäre, obwohl die finanzielle Situation des/der Befreiten einen Beitrag zu den Medikamentenkosten für diese/n problemlos erlaubte. Dies widerspräche dem in der gesetzlichen Sozialversicherung vorherrschenden Prinzip, dass jedes Mitglied einer Risikengemeinschaft nach seiner individuellen Leistungsfähigkeit zur Finanzierung des Systems beitragen soll. Dieser Grundsatz muss für den Beitragsbereich ebenso wie für die Zahlung von Kostenbeiträgen für eine konkrete Leistung der Krankenversicherung gelten.