7817/AB XXIV. GP

Eingelangt am 10.05.2011
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

 
Anfragebeantwortung


 

NIKOLAUS BERLAKOVICH

Bundesminister

 

 

 

 

 

 

 

 

An die                                                                                                Zl. LE.4.2.4/0050-I 3/2011

Frau Präsidentin

des Nationalrates

Mag.a Barbara Prammer

 

Parlament

1017 Wien                                                                                         Wien, am 10. Mai 2011

 

 

 

Gegenstand:   Schriftl. parl. Anfr. d. Abg. z. NR Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber,

Kolleginnen und Kollegen vom 10. März 2011, Nr. 7898/J, betreffend

Gefährdung der Trinkwasserversorgung durch Schweinemastprojekt

In Lichtenwörth, NÖ

 

 

 

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen vom 10. März 2011, Nr. 7898/J, teile ich Folgendes mit:

 

Zu den Fragen 1 und 2:

 

Mangels behördlicher Zuständigkeit hinsichtlich der Behandlung der geplanten Tierhaltung in Lichtenwörth liegen dem BMLFUW keine Projektsunterlagen vor, sodass auch keine diesbezügliche Beurteilung erfolgen kann.


Zu Frage 3:

 

Das UVP-G 2000 und damit auch die Durchführung der Feststellungsverfahren sind von den Ländern zu vollziehen (Art. 11 B-VG). Im Feststellungsverfahren wird geprüft, ob es durch das beabsichtigte Vorhaben im Hinblick auf die Schutzgüter des UVP-Gesetzes oder durch die Kumulation von Umweltauswirkungen zu erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt kommen kann.

Die Zuständigkeit zur Feststellung einer allfälligen UVP-Pflicht der in Lichtenwörth geplanten Tierhaltung liegt daher bei der NÖ Landesregierung.

 

Mit Bescheid vom 13. Oktober 2010 hat die NÖ Landesregierung festgestellt, dass das geplante Vorhaben betreffend Errichtung einer Schweinemastanlage in Lichtenwörth nicht der Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt. Im Rahmen dieses Feststellungsverfahrens wurde eine Einzelfallprüfung in Bezug auf allfällige Kumulationswirkungen durchgeführt.

 

Zu den Fragen 4 und 5:

 

Die Ämter der Burgenländischen bzw. Niederösterreichischen Landesregierung überprüften in den vergangenen Monaten unter Einbindung des Wasserleitungsverbandes Nördliches Burgenland, ob bzw. inwiefern Anpassungen der bestehenden Schongebietsanordnungen zur Sicherstellung eines ausreichenden Schutzes der Brunnenanlagen Neufeld unter Berücksichtigung der hydrologischen Verhältnisse und der Nutzungen im Einzugsgebiet zu erfolgen hätten. Diesbezügliche Schongebietsverordnungsentwürfe des Landeshauptmannes von Burgenland bzw. des Landeshauptmannes von Niederösterreich werden derzeit einem Begutachtungsverfahren unterzogen.

 

Neben dem Nitrataktionsprogramm und verschiedenen ÖPUL Maßnahmen werden die betroffenen Grundwasservorkommen insbesondere geschützt durch:

 

a) Beratungsaktivitäten bzw. Nitratinformationsdienste in den Bundesländern: Ein intensives Beratungsprojekt hinsichtlich einer gewässerschonenden bzw. nachhaltigen Boden­bewirtschaftung wurde im März 2010 durch die Landwirtschaftskammer bzw. das Ländliche Fortbildungsinstitut (LFI) im Burgenland gestartet. Der Nitrat-Informationsdienst in Niederösterreich ist ebenso ein Düngeberatungsservice für LandwirtInnen in Hinblick auf eine gewässerschonende Bewirtschaftung.


b) Bestimmung bzw. Anpassung von Schutz- und Schongebieten:

    Aktuell befindet sich in Niederösterreich die Bestimmung der Schongebietsverordnung Zillingdorf bzw. im Burgenland die Adaptierung der Schongebietsverordnung Neufeld an der Leitha in Begutachtung.

    Des Weiteren wurden im September 2010 die Schongebiete Frauenkirchen, Oggau und Kittsee in der betroffenen Region im Burgenland bestimmt.

 

c) Auf dem Forschungssektor mit einem Pilotprojekt zur Eruierung der Grundwasseralter, mit dem Projekt „Entwicklung eines georeferenzierten Expositionsmodells (GeoPEARL Austria) sowie einem weiterem Forschungsprojekt zur Bewertung der Wasser- und Stickstoffflüsse für die Landnutzungsformen Acker- und Weinbau im nördlichen Burgenland, dessen Konzept derzeit in Ausarbeitung ist.

 

Zu Frage 6:

 

Im Einzugsbereich der Brunnen Neufeld im Raum Lichtenwörth befinden sich 7 GZÜV-Grundwassermessstellen. In den letzten 5 Jahren wurden bei 91 Messungen insgesamt 6 Schwellenwertüberschreitungen festgestellt. Der Schwellenwert (=Vorsorgewert) nach der Qualitätszielverordnung Chemie Grundwasser, (BGBl II 210/98) liegt bei 45mg/l bzw. der Grenzwert nach der Trinkwasserverordnung (BGBl II 2001/304 idgF) bei 50 mg/l für Nitrat. Die Mittelwerte bewegten sich in diesem Zeitraum zwischen 10,6 und 41,5 mg/l. Eine Messstelle wies im ausgewerteten 5-Jahreszeitraum bei 4 von 13 Messungen erhöhte Nitratwerte (zwischen 60,2 und 79,1 mg/l) über dem Schwellenwert auf. Zwei weitere Messstellen zeigen eine einmalige Überschreitung (47,1 mg/l bzw. 68,8 mg/l), die übrigen 4 Messstellen weisen keine Schwellenwertüberschreitungen auf.

Eine weitere Messstelle im direkten Zuströmbereich wurde neu eingerichtet und wird seit 2011 beprobt, erste Ergebnisse werden im Laufe des Jahres vorliegen.

 

Zu Frage 7:

 

Eine Generalisierung betreffend die sachgerechte Düngung in Verbindung mit sehr geringen Niederschlagsraten und resultierender geringer Grundwasser-Neubildung ist zumindest für den gesamten maßgeblichen Raum des Einzugsgebietes auf Basis von Messergebnissen für die Brunnenanlage Neudörfl nicht zulässig. Dazu sind die Bodenverhältnisse und insbesondere der Aufbau des wasserführenden Sedimentkörpers in Verbindung mit unterschiedlichen Bewirtschaftungsformen zu inhomogen.


 

 

Die in Beantwortung der Frage 6 dargelegten Ergebnisse des GZÜV-Überwachungs-programms zeigen, dass im Großteil des Gebietes trotz der geringen Niederschlagsmengen die Schwellenwerte eingehalten werden. Richtig ist, dass bei geringen Niederschlags-verhältnissen auch das Verdünnungsverhältnis gering ist und von daher eine an den Pflanzenbedarf angepasste Düngung besonders wichtig ist.

 

Zu Frage 8:

 

Maßnahmen zur Extensivierung der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung werden vor allem über das laufende ÖPUL-Programm (Agrarumweltmaßnahmen) 2007-2013 angeboten. Insbesondere sind hier die Maßnahmen Biologische Wirtschaftsweise, umweltgerechte Bewirtschaftung, Erosionsschutz, Begrünung von Ackerflächen, Mulch- und Direktsaat und der vorbeugende Boden- und Gewässerschutz in zielgerichteter Gebietskulisse anzuführen.

 

Zu Frage 9:

 

Die Förderungsvoraussetzung für das österreichische Agrarumweltprogramm ÖPUL sind in der Sonderrichtlinie des BMLFUW idgF festgelegt. Erfüllt ein Förderungswerber die in der Sonderrichtlinie festgelegten Voraussetzungen zur Teilnahme am Agrarumweltprogramm, kann dieser an spezifischen Maßnahmen des Programms teilnehmen.

 

Mit der Teilnahme geht der Förderungswerber die Verpflichtung ein, die in den einzelnen Maßnahmen definierten Auflagen einzuhalten. Die Einhaltung der Auflagen wird im Zuge von Verwaltungs- und Vor-Ort-Kontrollen überprüft, die auf einer risikobasierten Stichprobe aus der Grundgesamtheit der Teilnehmer beruht.

 

Der letztmögliche Zeitpunkt zum Einstieg in das laufende Agrarumweltprogramm war der 15. Oktober 2008. Ein Neueinstieg des Betriebes nach der erfolgten Investition ist in der laufenden Periode daher nicht mehr möglich.

 

Investitionen in Stallbauten sind nur dann förderbar, wenn sichergestellt ist, dass der nach der Inbetriebnahme der beantragten Stallung auf dem gesamten Betrieb anfallende Stickstoff aus Wirtschaftsdünger zumindest zur Hälfte auf selbst bewirtschafteten Flächen in Übereinstimmung mit dem Nitrataktionsprogramm ausgebracht werden kann. Für den übrigen Wirtschaftsdünger kann die gesetzeskonforme Ausbringung durch gültige Düngerabnahme-verträge nachgewiesen werden. Durch diese Flächenbindung als Voraussetzung zum Erhalt einer Investitionsförderung wird mitgeholfen, den Erhalt einer bäuerlichen Landwirtschaft weiterhin zu sichern. Darüber hinaus sind in der Investitionsförderung Obergrenzen für die förderbare Investitionssumme vorgesehen, die ebenfalls die Wettbewerbsfähigkeit bäuerlicher Betriebe unterstützen helfen. So können im Rahmen der Investitionsförderung bei Stallbauten max. € 300.000,-- Investitionskosten pro Betrieb und Förderperiode gefördert werden. Bei Betriebskooperationen wird der jeweilige Anteil auf das individuelle Förderkonto des Einzelbetriebs angerechnet. Für besonders tierfreundliche Stallungen ist ein Investitionszuschuss von max. 30 %, für alle anderen Stallbauten von max. 25 % möglich. Die Bundesländer können zu diesen Förderbedingungen Einschränkungen vornehmen.

 

Zu Frage 10:

 

Der in Anhang I der UVP-Richtlinie 85/337/EWG idgF festgelegte Schwellenwert für die Intensivtierhaltung von Mastschweinen beträgt 3.000 Plätze. Gemäß Anhang II haben die Mitgliedstaaten weitere Schwellenwerte festzulegen. Das österreichische UVP-G 2000 enthält in Z 43 des Anhanges 1 bereits einen niedrigeren Schwellenwert (2.500 Mastschweine) und hat zusätzlich eine Einzelfallprüfungspflicht (Feststellungsverfahren) für Mastschweine-haltungen in Wasserschutz- oder Schongebieten oder in Siedlungsgebieten ab einem Schwellenwert von 1.400 Mastschweinen vorgesehen. Weiters wurde gemäß § 3 Abs. 2 bzw. § 3a Abs. 6 UVP-G 2000 dafür Sorge getragen, dass bei lokalen Häufungen von Intensivtierhaltungsbetrieben die sogenannte Kumulationsbestimmung zur Anwendung gelangt. Dies bedeutet, dass bereits Intensivtierhaltungen ab 625 Mastschweinen (in den oben genannten schutzwürdigen Gebieten bereits ab 350 Mastschweinen) einer Einzelfallprüfung hinsichtlich der Erheblichkeit von Umweltauswirkungen zu unterziehen sind, wenn diese gemeinsam mit den anderen Vorhaben im räumlichen Zusammenhang eine Platzanzahl von 2.500 (bzw. 1.400 in schutzwürdigen Gebieten) erreichen. Weiters ist gemäß IPPC-RL (2008/1/EG) ab 2000 Mastschweinen ein IPPC-Verfahren zur Prüfung der Umweltauswirkungen durchzuführen (Umsetzung für die Intensivtierhaltung erfolgt durch die Länder). Diese Regelungen erscheinen ausreichend, um Vorsorge gegen potenziell erhebliche Umweltauswirkungen durch Intensivtierhaltungen zu treffen.

 

Zu Frage 11:

 

Das österreichische UVP-G 2000 bietet im Feststellungsverfahren ausreichend Antragslegitimation und Parteistellungen zur Sicherstellung von Umweltinteressen: Gemäß § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 können Feststellungsanträge neben dem Projektwerber auch die mitwirkenden Behörden und der Umweltanwalt stellen. Weiters hat die Standortgemeinde Parteistellung und überdies ist vor der Entscheidung das wasserwirtschaftliche Planungsorgan anzuhören. Es wird daher für ein Abklärungsverfahren – wie dies das Feststellungsverfahren darstellt – keine Notwendigkeit einer Ausweitung des Parteienkreises gesehen.

 

 

Der Bundesminister: