7820/AB XXIV. GP

Eingelangt am 10.05.2011
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BM für Justiz

Anfragebeantwortung

 

 

DIE  BUNDESMINISTERIN
           FÜR  JUSTIZ

BMJ-Pr7000/0071-Pr 1/2011

 

An die

                                      Frau Präsidentin des Nationalrates

                                                                                                                           W i e n

zur Zahl 7901/J-NR/2011

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Albert Steinhauser, Freundinnen und Freunde haben an meine Vorgängerin eine schriftliche Anfrage betreffend „systematischer Postenschacher“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage – auf Basis der mir zur Verfügung stehenden Informationen – wie folgt:

Zunächst sei daran erinnert, dass Richter (grundsätzlich) gemäß Antrag der Bundesregierung vom Bundespräsidenten oder auf Grund seiner Ermächtigung von der Bundesministerin für Justiz ernannt werden. Die Bundesregierung oder die Bundesministerin haben (nur) Besetzungsvorschläge der durch die Gerichtsverfassung hiezu berufenen Senate einzuholen (Art. 86 Abs. 1 B-VG).


Diese Besetzungsvorschläge der Personalsenate vermögen nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs (grundlegend: VfSlg. 8066/1977; zu Richterernennungen: E v. 30. November 1995, B665/95; E v. 24. Februar 1997, B2942/96, B2949/96, B2950/96, G247/96) keine bindende Wirkung für die zur Ernennung jeweils befugten Organe zu entfalten. Ungeachtet des vom Gesetzgeber eingeräumten Spielraums werden in der Praxis nur solche BewerberInnen ernannt, die im Besetzungsvorschlag auch gereiht sind. „Umreihungen“ innerhalb des Besetzungsvorschlags kommen hingegen aus den unterschiedlichsten Gründen immer wieder vor; sie sind auch nicht unredlich, sondern sogar geboten, solange sie von sachlichen und gesetzmäßigen Erwägungen geleitet sind.

 

Ich muss mich auf Grund der Detailtiefe der Anfrage und zur Vermeidung eines unvertretbar hohen Verwaltungsaufwandes auf die – wohl auch nach der Intention der Anfrage – relevanten Besetzungen von Leitungsfunktionen beschränken.

Es ist mir im Hinblick auf die Nichtöffentlichkeit der Besetzungsverfahren und der damit verknüpften personenbezogenen Daten nicht möglich, inhaltliche Erwägungen über die Qualifikation von BewerberInnen offenzulegen. Die schriftlichen Begründungen bei Abweichungen von Besetzungsvorschlägen liegen mir vor. Ich muss aber um Verständnis ersuchen, dass ich die leitenden inhaltlichen Erwägungen, in denen in erster Linie die individuellen Eignungen und höchstpersönlichen Fähigkeiten von BewerberInnen wertend gegenüber gestellt werden, – im Interesse der Dienstnehmer – nicht in die Öffentlichkeit hinaustragen kann.

Zu 1 bis 12:

Während der Funktionsperiode meiner Amtsvorgängerin (also im Zeitraum Anfang 2009 bis April 2011) wurden im Planstellenbereich Justizanstalten in allen zwölf Fällen, in denen Gutachten von Begutachtungskommissionen vorlagen, Personen ernannt, denen von der Begutachtungskommission allein oder mit anderen BewerberInnen das absolut beste Leistungskalkül („in höchstem Ausmaß geeignet“) zuerkannt worden war.

In einem vereinzelt gebliebenen Fall wies eine Bewerberin deshalb das beste Leistungskalkül aller n och  am  Verfahren  teilnehmenden  BewerberInnen  auf,  weil


eine Mitbewerberin mit besserem Leistungskalkül ihre Bewerbung zurückgezogen hatte. Dieses Bewerbungsverfahren wurde bereits mittels Voranfrage Zl. 7099/J-NR/2011 und der korrespondierenden Beantwortung meiner Amtsvorgängerin zur Zahl 7001/AB ausführlich beleuchtet, sodass sich ein weiteres Eingehen darauf erübrigt.

Ich darf in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass die im Gutachten festgehaltene Meinung der Mitglieder der Begutachtungskommission zur Frage der Eignung von BewerberInnen zwar eine wesentliche, nicht aber die einzige Grundlage für die mir aufgetragene Auswahlentscheidung darstellt. 

Im Bereich der Zentralstelle des Bundesministeriums für Justiz hat meine Amtsvorgängerin in einem Fall abweichend von der Reihung im Vorschlag der nach dem Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz eingerichteten Personalkommission entschieden, den an zweiter Stelle gereihten Bewerber dem Bundespräsidenten zur Ernennung auf die mit der Leitung der Abteilung III 1 „neu“ (Strafvollzug) verbundene Planstelle eines Leitenden Staatsanwaltes im Bundesministerium für Justiz vorzuschlagen.

Bei den Dienstbehörden in den Ländern wurden in der Funktionsperiode meiner Amtsvorgängerin in fünf Fällen Planstellen entgegen einem Besetzungsvorschlag besetzt. Auch hier kamen nicht „weniger geeignete“ BewerberInnen zum Zug, sondern es entsprach – laut den mir zur Verfügung stehenden Unterlagen – die Reihung im Besetzungsvorschlag nicht der tatsächlichen Eignung der BewerberInnen. Es handelte sich dabei um folgende Besetzungsvorgänge:

·         Erster Stellvertreter des Leiters der Staatsanwaltschaft Klagenfurt;

·         Vizepräsident des Oberlandesgerichtes Innsbruck;

·         Vizepräsidentin des Landesgerichtes St. Pölten;

·         Vizepräsident des Obersten Gerichtshofes;

·         Vizepräsidentin des Landesgerichtes Salzburg.

Zu 13 und 14:

Die Auswahl und Bestellung der Mitglieder der Begutachtungskommissionen gemäß § 7 Ausschreibungsgesetz als VertreterInnen des Dienstgebers erfolgt ganz grundsätzlich nach dem Kriterium der persönlichen und fachlichen Eignung (resultierend insbesondere aus der Art der selbst ausgeübten Funktion, der tadellosen Amtsführung, der Erfahrung, der Kenntnis vom Aufgabenbereich der zu besetzenden Planstellen, dem Dienstalter, einer Äquidistanz zu BewerberInnen) unter Ausgewogenheit der Geschlechter.

Die Nominierung der Dienstgebervertreter in die Begutachtungskommission zur Erstattung des Besetzungsvorschlages für die Funktion der Leitung der Sektion Strafrecht („Sektion IV neu“) ging von den Überlegungen aus, dass der kurz zuvor in den Ruhestand übergetretene Leiter der Präsidialsektion Sektionschef i.R Dr. Wolfgang Fellner als ehemals höchster Beamter des Justizressorts über profundeste (und aktuelle) Kenntnisse des Anforderungsprofils für den konkreten Arbeitsplatz und der Eignungsvoraussetzungen der Bewerber verfügte. Die als weiteres Mitglied entsandte Leitende Oberstaatsanwältin Dr. Ulrike Althuber wiederum erfüllte nicht nur die gemäß § 7 Abs. 2 AusG für die Geschlechterparität notwendige Eigenschaft einer Frau, sondern ist als Leiterin einer Oberstaatsanwaltschaft die einzige Strafrechtsexpertin in einer hochrangigen Leitungsfunktion innerhalb der Justiz.

Zu 15 und 16:

Es liegen mir keine Hinweise auf Interventionen vor.

Zu 17 bis 19:

Auf Antrag der nichtberücksichtigten Mitbewerberin ist bei der Bundes-Gleichbehandlungskommission beim Bundeskanzleramt ein Verfahren gemäß § 23a B-GlBG zur Feststellung einer Diskriminierung bei der Besetzung der mit der Funktion der Leitung der Abteilung III 1 des Bundesministeriums für Justiz verbundenen Planstelle sowie einer Verletzung des Frauenförderungsgebotes anhängig.

Vom Bundesministerium für Justiz wurde in diesem Verfahren eine umfangreiche Stellungnahme zu den Beschwerdepunkten abgegeben; die für die Personalentscheidung relevanten (Personal-)Unterlagen wurden der Bundes-Gleichbehandlungskommission zur Verfügung gestellt. Die Kommission hat in dieser Sache am 20. April 2011 eine mündliche Verhandlung abgehalten. Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen.

Es gab in der vorangegangenen Amtsperiode ferner ein – mittlerweile beendetes – Verfahren vor der Bundes-Gleichbehandlungskommission beim Bundeskanzleramt im Zusammenhang mit der Besetzung der Planstelle des Präsidenten des Landesgerichtes Steyr.


Das Verfahren vor der Bundes-Gleichbehandlungskommission beim Bundeskanzleramt wurde mit dem Ergebnis abgeschlossen, dass in diesem Besetzungsverfahren die Nichtberücksichtigung der Bewerbung der Antragstellerin eine Diskriminierung derselben auf Grund ihres Geschlechts gemäß § 4 Z 5 B-GlBG und eine Verletzung des Frauenförderungsgebotes darstelle.

Zu 20 bis 21:

Im bereits erwähnten Verfahren zur Besetzung der Funktion der Leitung der Abteilung III 1 des Bundesministeriums für Justiz hat die Präsidentschaftskanzlei um eine Ergänzung der Begründung ersucht.

Darüber hinaus kam es in der Amtszeit meiner Vorgängerin in vier Fällen vor, dass die Österreichische Präsidentschaftskanzlei im Vorfeld einer Stellenbesetzung ergänzend um Unterlagen ersuchte, wobei zwei dieser Fälle auch bereits in meiner Antwort zum Fragekomplex 1 bis 12 angeführt wurden.

Es waren dies die Ernennungen

·         der Vizepräsidentin des Landesgerichtes St. Pölten;

·         der Vizepräsidentin des Landesgerichtes Salzburg;

·         des Leiters der Staatsanwaltschaft Graz;

·         des Ersten Stellvertreters des Leiters der Staatsanwaltschaft Wels.

Im Falle der Besetzung der Planstelle des Leiters der Staatsanwaltschaft Graz wurde dabei im Einvernehmen mit dem Bundespräsidenten der Besetzungsvorschlag des Bundesministeriums für Justiz nachträglich abgeändert, in den anderen drei Fällen kam es zur Ernennung der vorgeschlagenen Bewerber.

Zu 22:

Ich gehe davon aus, dass unter „Personalkommissionen“ sowohl die Personalkommission nach dem Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz als auch die Begutachtungskommissionen nach dem Ausschreibungsgesetz zu verstehen sind.

Personalkommission für Staatsanwälte/-innen beim Bundesministerium für Justiz (§§ 180 bis 182 iVm § 205 Abs. 3 RStDG):

Die Zusammensetzung der Personalkommission für die Periode 1. Jänner 2008 bis 30. Juni 2010 erfolgte noch durch meine mittelbare Amtsvorgängerin Bundesministerin    a.D.  Dr.  Maria  Berger.    Über   das   Ersuchen   von  Leitender


Staatsanwältin Hon.-Profin. Dr. Sonja Bydlinski, Mitglied und Stellvertreterin des Vorsitzenden der Personalkommission, hat meine unmittelbare Amtsvorgängerin  Bundesministerin a.D. Mag. Claudia Bandion-Ortner diese im März 2010 gemäß § 183 Abs. 4 RStDG von ihrer Funktion enthoben und Leitende Staatsanwältin Dr. Irene Köck gemäß §§ 182 Abs. 2 und 185 Abs. 2 RStDG sowie mit Wirksamkeit vom 10. Mai 2010 Leitenden Staatsanwalt Mag. Michael Aufner gemäß § 185 Abs. 1 und 2 RStDG als weiteren Stellvertreter für den Vorsitzenden der Personalkommission jeweils für den Rest der Funktionsperiode entsandt.

Aus Anlass der Neueinrichtung der Personalkommission für die Funktionsperiode 1. Juli 2010 bis 30. Juni 2015 wurden folgende Personen gemäß § 182 Abs. 2 iVm § 185 RStDG von meiner unmittelbaren Amtsvorgängerin entsandt:

·         der damalige Leitende Staatsanwalt Mag. Christian Pilnacek als Mitglied und Vorsitzender,

·         Leitende Staatsanwältin MMaga. Barbara Göth-Flemmich als Mitglied und Stellvertreterin des Vorsitzenden,

·         Leitender Staatsanwalt Mag. Gerhard Nogratnig, LLM. und Leitender Staatsanwalt Mag. Michael Aufner als Stellvertreter für Leitenden Staatsanwalt Mag. Christian Pilnacek sowie

·         Leitende Staatsanwältin Maga. Ingrid Sonnleitner und Leitende Staatsanwältin Dr. Irene Köck als Stellvertreterinnen für LStA im BMJ MMaga. Barbara Göth-Flemmich.

Ständige Begutachtungskommission bei der Vollzugsdirektion (§ 7 Abs. 1 Z 2 AusG):

Die Mitglieder dieser Begutachtungskommission wurden für die von 1. September 2006 bis 21. August 2011 dauernde Funktionsperiode durch Bundesministerin a.D. Maga. Karin Gastinger entsandt.

Über Antrag des Vorsitzenden der Begutachtungskommission HR Otto Müller hat Bundesministerin a.D. Mag. Claudia Bandion-Ortner diesen gemäß § 7 Abs. 7 Z 1 AusG von seiner Funktion enthoben und gemäß § 8 Z 5 Ausschreibungsgesetz 1989 Leitenden Staatsanwalt Mag. Viktor Eggert am 16. März 2009 nach § 7 Abs. 2 Ausschreibungsgesetz 1989 für die verbleibende Funktionsperiode zum Mitglied der ständigen Begutachtungskommission bei der Vollzugsdirektion bestellt und gemäß § 7 Abs. 4 Ausschreibungsgesetz 1989 mit dem Vorsitz betraut.


Begutachtungskommissionen im Einzelfall (§ 7 Abs. 1 Z 1 AusG):

Während der letzten Amtsperiode wurden insgesamt drei Begutachtungskommissionen im Einzelfall für folgende Funktionen bestellt und nachstehende Mitglieder entsandt:

  1. Funktion der Leitung der Präsidialsektion des Bundesministeriums für Justiz:

·         Sektionschef i.R. Dr. Otto Oberhammer als Vorsitzender und

·         Leitende Oberstaatsanwältin Dr. Ulrike Althuber:

  1. Funktion der Leitung der Sektion Strafrecht des Bundesministeriums für Justiz

·         Sektionschef i.R. Dr. Wolfgang Fellner als Vorsitzender und

·         Leitende Oberstaatsanwältin Dr. Ulrike Althuber;

  1. Funktion der Leitung der Aufsichtsbehörde für Verwertungsgesellschaften:

·         Leitende Staatsanwältin Hon.-Profin. Dr. Sonja Bydlinski als Vorsitzende und

·         Leitender Staatsanwalt Mag. Christian Auinger.

Den Begutachtungskommissionen für insgesamt fünf Leitungen von Justizanstalten gehörten als Arbeitgebervertreter Oberrätin Mag. Karin Gruber und Oberst Peter Steiner an, die seit Amtsantritt meiner Vorgängerin in keine höherwertige Funktion bestellt wurden. Alle übrigen Gutachten wurden von der ständigen Begutachtungskommission beim Bundesministerium für Justiz abgegeben.

Zu 23 und 24:

Auf Grund der Entschließung des Bundespräsidenten vom 23. August 2010 wurde der Leiter der Abt. IV 3 im Bundesministerium für Justiz Leitender Staatsanwalt Mag. Christian Pilnacek mit Wirksamkeit vom 1. September 2010 auf die Planstelle des Leiters der Strafrechtssektion ernannt. Zu dieser Ernennung ist anzumerken, dass bereits die Begutachtungskommission in ihrem Gutachten Mag. Pilnacek als einzigen Bewerber auf Grund seiner besonderen fachlichen und menschlichen Qualifikation als für die ausgeschriebene Leitungsfunktion in höchstem Maß geeignet erachtete. Diesem Gutachten folgend hat Bundesministerin a.D. Mag. Claudia Bandion-Ortner Mag. Pilnacek dem Bundespräsidenten zur Ernennung zum Leiter der Strafrechtssektion vorgeschlagen. Diesem Vorschlag ist der Bundespräsident gefolgt.


In diesem Zusammenhang weise ich noch darauf hin, dass der nunmehrige Leiter der Strafrechtssektion Sektionschef Mag. Pilnacek bereits von meinen Amtsvorgängerinnen Bundesministerin a.D. Maga. Karin Gastinger und Bundesministerin a.D. Dr. Maria Berger als Vorsitzender in die Personalkommission für Staatsanwälte/-innen beim Bundesministerium für Justiz entsandt worden war. Da sich Sektionschef Mag. Pilnacek nach meinen Informationen in dieser Funktion hervorragend bewährte, bestand nach Ablauf der vorigen Funktionsperiode offensichtlich keine Veranlassung, von seiner Wiederbestellung für die nunmehrige Funktionsperiode Abstand zu nehmen.

 

. Mai 2011

 

(Dr. Beatrix Karl)