7892/AB XXIV. GP

Eingelangt am 17.05.2011
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BM für Wirtschaft, Familie und Jugend

Anfragebeantwortung

 

Präsidentin des Nationalrates

Mag. Barbara PRAMMER

 

Parlament

1017 Wien

                                                                                            Wien, am 16. Mai 2011

 

                                                                                            Geschäftszahl:

                                                                          BMWFJ-10.101/0106-IK/1a/2011

 

 

In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 8059/J betreffend „die mögliche De-Industrialisierung Österreichs durch Klimaziele der Europäischen Kommission“, welche die Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen am 24. März 2011 an mich richteten, stelle ich fest:

 

Antwort zu den Punkten 1 bis 3 der Anfrage:

 

Das Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend hat, gemeinsam mit dem Bundeskanzleramt, der Wirtschaftskammer Österreich, der Industriellenvereinigung und Oesterreichs Energie, eine Studie mit dem Titel "Die Mitteilung der Europäischen Kommission über ein ambitionierteres Reduktionsziel für Treibhausgase" bei einem Konsortium aus WIFO, Wegener Center und KWI in Auftrag gegeben, um die Mitteilung der Europäischen Kommission von Mai 2010 zur Erhöhung des EU Treibhausgasreduktionsziels von 20% auf 30 % zu analysieren und die Auswirkungen auf die österreichische Industrie zu untersuchen.

 

Die Studie wurde nach ihrer Fertigstellung am 12. April 2011 im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung präsentiert und ist auf der Homepage des Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend abrufbar.


Antwort zu Punkt 4 der Anfrage:

 

In der Studie wurde von einer Erhöhung des EU-Treibhausgasreduktionsziels auf 30 % im Jahr 2020 ausgegangen, wie dies in der Mitteilung der Europäischen Kommission von Mai 2010 vorgeschlagen wurde.  Eine Erhöhung auf 25 % wurde erst in einer weiteren Mitteilung mit dem Titel "Fahrplan für den Übergang zu einer wettbewerbsfähigen CO2-armen Wirtschaft bis 2050" der Europäischen Kommission von März 2011 zur Diskussion gestellt.

 

In der Mitteilung der Europäischen Kommission werden die Kosten für ein 30%-Reduktionsziel für 2020 mit 0,54% des BIP geschätzt; zusätzliche 0,2% gegenüber einem 20%-Ziel. Die Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend regt an, die wirtschaftlichen Auswirkungen sowohl für ein 20%- als auch für ein 30%-Ziel vertiefend und auf Mitgliedsstaatenebene zu evaluieren.

 

Diese vertiefenden Analysen auf Mitgliedsstaatenebene wurden auch in den Ratsschlussfolgerungen vom 14. März 2011 von der Europäischen Kommission eingefordert.

 

 

Antwort zu Punkt 5 der Anfrage:

 

Das vom Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung koordinierte Projekt "EnergyTransition" geht von zusätzlichen Investitionskosten zur Erreichung eines Reduktionsziels über 20% von mehr als 2% des BIP pro Jahr aus, wenn die Wirtschaft wieder zu Wachstumsraten wie vor der Krise zurückkehrt. Dabei ist aber festzuhalten, dass viele Investitionen eine Nutzungsdauer haben, die über das Jahr 2020 hinausreicht und deshalb die Nutzungskosten nicht notwendigerweise höher sein werden, was von den Annahmen über die Kapitalkosten, die Abschreibungsraten, die vom technischen Fortschritt ausgelösten Kostensenkungen und den Energiepreisen abhängig ist.


Antwort zu Punkt 6 der Anfrage:

 

Zur Unterstützung der energieintensiven Industrie, die einen wichtigen Beitrag zur Konjunktur leistet, wurde die Entscheidung der Kommission 2010/2/EU zur Festlegung eines Verzeichnisses der Sektoren und Teilsektoren, von denen angenommen wird, dass sie einem erheblichen Risiko einer Verlagerung von Produktion und damit CO2-Emissionen ins EU-Ausland ausgesetzt sind, gemäß der Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates beschlossen. Die in dieser Entscheidung festgelegten Sektoren bekommen in der 3. Handelsperiode die Emissionszertifikate in der Höhe der Benchmarks zur Gänze frei zugeteilt, wodurch negative Einflüsse vermieden werden sollen.

 

 

Antwort zu den Punkten 7 und 8 der Anfrage:

 

Für "Grundstoffindustrie" gibt es in der Statistischen Nomenklatur keine Definition. Man kann näherungsweise die Summen der Branchen aus der Sachgütererzeugung " Kohlenbergbau, Torfgewinnung", "Erdöl, und Erdgasbergbau; Erzbergbau", "Gewinnung von Steinen und Erden", "Kokerei, Mineralölverarbeitung", "Metallerzeugung und -bearbeitung" (Arbeitnehmer gem. VGR in Vollzeitäquivalenten) heranziehen. Für 2010 liegen noch keine Daten vor.

 

1995:    42.956

2000:    39.946

2005:    40.527

2006:    40.261

2007:    41.102

2008:    42.396

2009:    40.143


Antwort zu den Punkten 9 und 10 der Anfrage:

 

Auch Industrie ist nicht per se eine Größe in der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, kann aber im Wesentlichen mit der Sachgütererzeugung gleichgesetzt werden, was allerdings auch die Leistung der Gewerbebetriebe einschließt.

 

Jahr

nominelle Wertschöpfung € Mrd.

Anteil an der Gesamtwertschöpfung in %

1995

30,87

19,6

1996

31,42

19,5

1997

32,84

19,9

1998

34,03

19,8

1999

35,53

20,0

2000

38,38

20,6

2001

39,07

20,3

2002

39,12

19,8

2003

39,20

19,4

2004

40,60

19,3

2005

42,91

19,6

2006

46,39

20,0

2007

50,28

20,4

2008

52,24

20,4

2009

46,16

18,6

Quelle: http://www.wiengrafik.at/wko/kennzahlen2010/pdf/GESAMT_1-48.pdf

 

 

Antwort zu den Punkten 11 und 12 der Anfrage:

 

Die Exporte von Industriewaren betrugen 1995 € 38.260,6 Mio. und damit 90,8% der Warenexporte, 2000 € 63.072,3 Mio. und damit 90,5% der Warenexporte, 2005 € 81.636,1 Mio. und damit 86,2% der Warenexporte und 2010 € 94.529,8 Mio. und damit 86,6% der Warenexporte.


Antwort zu Punkt 13 der Anfrage:

 

Die Industrie in Österreich produziert höchst umweltfreundlich und effizient. Das bestätigen die vorläufigen Analysen im Rahmen des Benchmarking im EU-Emissionshandel für die Zeit nach 2013, bei dem die heimischen Unternehmen besonders gut abschneiden.

 

Damit die energieintensive Industrie auch weiterhin in Österreich investiert, müssen die nötigen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Das geschieht im Emissionshandel mit den Carbon Leakage und Benchmarking Regelungen, die ab 2013 in der 3. Phase gelten. Dadurch bekommen Industrieunternehmen  so viele freie Zertifikate zugeteilt, wie die 10 % effizientesten Anlagen in der EU benötigen, um eine Tonne des jeweiligen Produkts herzustellen. Unternehmen, die dem internationalen Wettbewerb besonders stark ausgesetzt sind, bekommen diesen 10%-Benchmark zur Gänze frei zugeteilt, alle anderen bekommen im Jahr 2013 80 % und im Jahr 2020 30 % dieses Wertes frei zugeteilt. Jeder Bedarf an Zertifikaten über diesen Wert hinaus muss ersteigert werden. Die Energieunternehmen müssen grundsätzlich 100 % ersteigern.

 

Entsprechend der Emissionshandels-RL sollen die Einnahmen aus den Versteigerungserlösen für Energieeffizienz- und Forschungsmaßnahmen im Industrie- und Energiesektor zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen im Inland herangezogen werden.

 

Gemäß Entwurf zu einer Novelle des Ökostromgesetzes wird für energieintensive Unternehmen im internationalen Wettbewerb ein neues Kostenbegrenzungsmodell geschaffen.

 

 

Antwort zu den Punkten 14 und 15 der Anfrage:

 

Laut Statistik Austria gibt es, unter Einbeziehung der Beschäftigten im Handel mit Umweltprodukten, 2009 in Österreich 199.824 "green jobs", das sind um 3 % mehr als 2008.

 


Antwort zu Punkt 16 der Anfrage:

 

Die Europäische Kommission geht davon aus, dass unter der Voraussetzung, dass die Einkünfte aus der Versteigerung von EHS-Zertifikaten und der CO2-Besteuerung zur Senkung von Arbeitskosten verwendet werden, die Gesamtbeschäftigung in der EU bis 2020 um 1,5 Millionen Arbeitsplätze erhöht werden könnte.

 

 

Antwort zu Punkt 17 der Anfrage:

 

Derzeit liegt lediglich die Mitteilung der Europäischen Kommission vor, in der die Road Map zur Diskussion gestellt wird. Die Europäische Kommission fordert mit der Mitteilung die anderen EU-Organe, die Mitgliedstaaten und Interessenvertreter auf, diesem Fahrplan bei der künftigen Erarbeitung von EU- oder nationalen Strategien zur Verwirklichung der CO2-armen Wirtschaft bis 2050 Rechnung zu tragen.

 

Die EK will auf Grundlage des Fahrplans zusammen mit den betroffenen Bereichen sektorspezifische politische Initiativen und Fahrpläne erarbeiten.

 

Mein Haus und ich werden sich weiterhin für einen in allen Sektoren nachhaltigen Klimaschutz einsetzen, der im Einklang mit den Zielen von Wachstum und Beschäftigung in Österreich und der EU steht.