7927/AB XXIV. GP

Eingelangt am 19.05.2011
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BM für Wissenschaft und Forschung

Anfragebeantwortung

BM

 

 

 

 

 

 

 

                                                                                                                                                             BMWF-10.000/0084-III/4a/2011

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

 

 

 

Wien, 19. Mai 2011

 

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 8023/J-NR/2011 betreffend nach wie vor unhaltbare und strafrechtlich relevante Vorgänge in der HNO-Abteilung der Medizinischen Universität Innsbruck (MUI) und nicht nachvollziehbare Verhaltensweisen von Organen des  Krankenanstaltenträgers TILAK (Tiroler Landeskrankenanstalten GmbH) gegenüber Universitätsprofessoren, die die Abgeordneten  Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen am 22. März 2011 an meine Amtsvorgängerin richteten, wird wie folgt beantwortet:

 

In Ergänzung zu den einleitenden Bemerkungen der Beantwortung der in derselben Angelegenheit bereits vorgelegten parlamentarischen Anfragen vom 4. Februar 2010,
Nr. 4469/J-NR/2010 und 21. Oktober 2010 (4390/AB) sowie Nr. 6688/J-NR/2010 (6649/AB), wird vorweg klargestellt, dass der beschriebene Zustand darin seinen Ausgang genommen hat, dass die TILAK GmbH und ihre Organe als Träger des aö. LKH Innsbruck durch einseitig verhängte Maßnahmen den Einsatz eines an der Medizinischen Universität Innsbruck (MUI) tätigen bundesbediensteten Arztes in der Krankenversorgung zu unterbinden versuchen, ohne dass dieser durch die dafür allein zuständigen dienstrechtlichen Organe des Bundes von der Ausübung seiner Dienstpflichten, zu der auch die Tätigkeit in der Krankenversorgung zählt, enthoben wäre. Damit greift die TILAK ohne Rechtsgrund in die Ausübung der Diensthoheit ein, die den an der MUI eingerichteten dienstrechtlichen Organen vorbehalten ist. Genauso wenig wie dem Bund (oder der MUI) die Kompetenz eingeräumt ist, über die Wahrnehmung der Aufgaben in der Krankenversorgung am LKH Innsbruck durch die dort tätigen Landes-bzw. TILAK-Ärzte zu entscheiden, darf der Krankenanstaltenträger (bzw. seine Organe) direkt oder indirekt Anordnungen über den Einsatz des bundes- bzw. universitätsbediensteten Personals treffen. Insbesondere betrifft dies auch das einseitige Aussprechen von Haus-verboten oder den Entzug von Zugangsberechtigungen zu Gebäuden oder EDV-Systemen.

 

Festzuhalten ist weiters, dass die Bundesorgane einschließlich des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung ihrerseits bisher bestrebt gewesen sind, den dienstrechts-konformen Zustand durchzusetzen. Jedenfalls sind der Bund und die MUI seit Klarstellung des dienstrechtlichen Standpunktes mit Bescheid des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung vom November 2010 bemüht, den aus Bundessicht rechtskonformen Zustand herzustellen.

 

 

Zu Frage 1:

Die Kenntnis über die Situation an der Universitätsklinik für HNO der MUI beruht auf Sachverhaltsdarstellungen von ao. Univ.-Prof. Dr. Scholtz, vertreten durch RA Dr. Rieder, zu Stellungnahmen der MUI und auf Presseartikeln.

 

Zu Frage 2:

Der gesetzliche Rahmen der Organisation einer Medizinischen Universität setzt eine enge, harmonische Kooperation mit dem Krankenanstaltenträger voraus. Bedingt durch diese Vorgabe gestaltet sich die praktische Umsetzung dienstrechtlicher Maßnahmen gegen die deklarierte Rechtsansicht eines der beteiligten Rechtsträger durchwegs als schwierig. Wie bereits ausgeführt, u.a. deshalb, da eine direkte wechselseitige, formelle Einflussmöglichkeit nicht eingeräumt ist. Mit Schreiben vom 3. März 2011 wurde gegenüber der TILAK der Standpunkt des Bundes deutlich gemacht und durch den Rektor letztlich mit Dienstanweisung an den Leiter der Universitätsklinik für HNO vom 18. März 2011 umgesetzt. Gegen diesen „Maßnahmen“ zu ergreifen, entbehrte daher bislang jeder sachlichen Rechtfertigung.

 

Zu Frage 3:

Dem Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung ist nach wie vor der abschließende Stand der bei den Justizbehörden anhängigen Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit den gegen Univ.-Prof. Dr. Riechelmann erhobenen Vorwürfen nicht bekannt. Insbesondere ist nicht bekannt, dass es bislang zu einer Anklage gekommen wäre. Insoweit haben sich daher die Vorwürfe bisher rechtlich als haltlos gezeigt.

 

Zu Frage 4:

Diesbezüglich verweise ich auf die Beantwortung meiner Amtsvorgängerin zu Frage 10 der Anfrage Nr. 6688/J-NR/2010 vom 21. Oktober 2010  (6649/AB).

 

Zu Frage 5:

Es sind keine Maßnahmen gegen Univ.-Prof. Dr. Riechelmann bekannt. Der Genannte steht in keinem Bundesdienstverhältnis und unterliegt daher nicht den Bestimmungen des Bundesdienstrechts.

 

 

Zu Frage 6:

Das gegenständliche Operationsverbot gegen ao. Univ.-Prof. Dr. Scholtz wurde einseitig von Seiten der TILAK ausgesprochen, welche diese Maßnahme mit dem Verlust des Vertrauens in den Genannten wegen seiner Abweichung von einer aufgetragenen Operationsmethode im Zuge eines Eingriffs im Frühjahr 2009 begründet hat. Somit dient das Angebot, den Betroffenen über einen überschaubar kurzen Zeitraum supervisorisch zu begleiten, der Wiederherstellung der Vertrauensbasis gegenüber der TILAK. Im Übrigen siehe Antwort zu Frage 8.

 

Zu Frage 7:

Laut Sachverhaltsdarstellung vom 3. Juni 2009 erfolgten die Informationen betreffend den Patienten Giuliani im April 2009. Parallel dazu wurde das Dienstrechtsverfahren beim Amt der MUI eingeleitet, das letztlich zum Bescheid des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung vom 8. November 2010 geführt hat. Die Abklärung der Rechtslage durch dieses Verfahren war abzuwarten.

 

Zu Frage 8:

Die „enge klinische Supervision“ setzt kein schuldhaftes Verhalten des Betroffenen im disziplinar- oder gar strafrechtlichen Sinn voraus. Siehe auch Antwort zu Frage 6.

 

Zu Frage 9:

Soweit dem Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung bekannt ist, wurden gegen Univ.-Prof. Dr. Riechelmann keine Kontrollmaßnahmen angeordnet.

 

Zu Frage 10:

Generell setzt das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung als oberste Dienstbehörde eine fristgerechte Erledigung der Anträge durch die Ämter der Universitäten als erstinstanzliche Dienstbehörden voraus. Diese Haltung wurde auch gegenüber dem Amt der MUI bekräftigt. Im Säumnisfall liegt es an den Parteien im Dienstrechtsverfahren, auf die zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe zurückzugreifen.

 

Allein aus dem Umstand einer eingetretenen Säumnis kann im Falle komplexer Sachverhalte nicht a priori auf das Vorliegen des Verdachts eines strafrechtlich relevanten Verhaltens der zuständigen universitären Organe geschlossen werden.

 

Zu Frage 11:

Nein, siehe Einleitung.

 

Zu Frage 12:

Die TILAK wurde mit Schreiben vom 3. März 2011 auf die aus Bundessicht bestehende Unhaltbarkeit des eingenommen Standpunktes hingewiesen. Der Bund besitzt allerdings kein direktes rechtliches Instrumentarium gegen die angesprochenen Maßnahmen. Somit liegt es letztlich beim Betroffenen, rechtlich gegen die ihm persönlich angedrohten Maßnahmen der TILAK vorzugehen.

 

Zu Frage 13:

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt lässt sich ein zum Nachteil des Bundes bzw. der MUI allenfalls eingetretener materieller Schaden nicht konkret quantifizieren. Die Geltendmachung solcher Ansprüche bleibt jedenfalls ausdrücklich vorbehalten.

 

Zu Frage 14:

Nein. Durch das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung sind aufgrund offenbar bereits laufender justizbehördlicher Ermittlungen und Verfahren keine weiteren Schritte zu setzen.

 

Zu Frage 15:

Dies ist von der MUI selbst zu beurteilen.

 

Zu Frage 16:

Die Beurteilung der Wichtigkeit von Forschungstätigkeiten bleibt der autonomen Universität vorbehalten.

 

Zu Frage 17:

Hinsichtlich beider Antwortalternativen: nein.

 

Zu Frage 18:

Sieht Antwort zu Frage 8 der Anfrage Nr. 4469/J-NR/2010 vom 4. Februar 2010 (4390/AB).

 

Zu Frage 19:

Die weitere Vorgangsweise des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung wird sich an den Entwicklungen an der Universitätsklinik für HNO orientieren.

 

 

Der Bundesminister:

o.Univ.-Prof. Dr. Karlheinz Töchterle e.h.