7933/AB XXIV. GP

Eingelangt am 20.05.2011
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BM für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

 
Anfragebeantwortung


 

 

 

NIKOLAUS BERLAKOVICH

Bundesminister

 

 

 

 

 

 

 

An die                                                                                                Zl. LE.4.2.4/0058-I 3/2011

Frau Präsidentin

des Nationalrates

Mag.a Barbara Prammer

 

Parlament

1017 Wien                                                                                        Wien, am 19. Mai 2011

 

 

 

Gegenstand:   Schriftl. parl. Anfr. d. Abg. z. NR Ursula Haubner, Kolleginnen

und Kollegen vom 22. März 2011, Nr. 7999/J, betreffend Situation

der Eingeforsteten in Österreich

 

 

 

 

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen vom 22. März 2011, Nr. 7999/J, teile ich Folgendes mit:

 

Zu Frage 1:

 

Entsprechend den Informationen der um Stellungnahme ersuchten Ämter der Landesregierungen stellt sich die Situation wie folgt dar:


Eine praktische Relevanz von Einforstungsrechten wurde von den Bundesländern Wien, Burgenland und Vorarlberg generell verneint.

 

Gemäß dem NÖ WWSG 1980 ist eine gänzliche oder teilweise Übertragung eines Nutzungsrechts von der verpflichteten Liegenschaft auf eine andere im Vereinbarungsweg möglich. Diese Vereinbarung bedarf der Genehmigung der Agrarbehörden. Die Übertragung ist unzulässig, wenn diese andere Liegenschaft eine geringere Gewähr für die nachhaltige Deckung des Nutzungsrechts als die bisher verpflichtete Liegenschaft bietet.

 

Gemäß § 20 Abs. 2 lit. d K-WWLG kann eine Ablösung von Nutzungsrechten auch gegen den Willen einer der betroffenen Parteien durchgeführt werden. Eine Ablösung in Grund gegen den Willen der Berechtigten ist daher grundsätzlich möglich. Gemäß § 21 Abs. 1 K-WWLG sind für die Ablösung von Nutzungsrechten durch die Abtretung von Grund und Boden aus dem belasteten Besitz des Eigentümers der verpflichteten Liegenschaft solche Ablösungsgrundstücke oder Teilflächen solcher Grundstücke auszuwählen, die nach ihrer nachhaltigen Ertragsfähigkeit bei pfleglicher Bewirtschaftung die Deckung der abzulösenden Nutzungsrechte dauernd sichern. Die Auswahl eines Grundstückes, das (nach einer allfälligen Wertermittlung nach dem Verkehrswert) diese Voraussetzungen nicht erfüllt, wäre unzulässig.

 

Gemäß § 4 Salzburger Einforstungsrechtegesetz, LGBl. Nr. 74/1986 idF LGBl. Nr. 71/2007, bedürfen Vereinbarungen über die gänzliche oder teilweise Übertragung von Nutzungsrechten von einer verpflichteten Liegenschaft auf eine andere, wenn auch bisher nicht verpflichtete, der Genehmigung der Agrarbehörde. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die Übertragung aus anderen als wirtschaftlichen Gründen angestrebt wird, zu einer unwirtschaftlichen Rechtszersplitterung führt oder eine unverhältnismäßige Erschwernis in der Wirtschaftsführung des Verpflichteten nach sich zieht. Die Übertragung des Nutzungsrechtes von einer verpflichteten Liegenschaft auf eine andere ist weiters unzulässig, wenn die neue verpflichtete Liegenschaft eine geringere Gewähr für die nachhaltige Deckung des Nutzungsrechtes als die bisher verpflichtete bietet.

 

Gemäß § 4 Abs. 2 Oö. ERG kann die Agrarbehörde auf Antrag der verpflichteten Partei die gänzliche oder teilweise Übertragung eines Einforstungsrechts von der bisher belasteten Liegenschaft auf eine andere bewilligen, wenn diese zumindest die gleiche Gewähr für die nachhaltige Deckung des Einforstungsrechts bietet und die Rechtsausübung nicht erschwert wird. Daraus ergibt sich, dass eine solche Übertragung ohne Antrag (bzw. gegen den Willen) der verpflichteten Partei nicht zulässig ist. Bei einer Ablösung in Grund sind die Ablösungsflächen grundsätzlich aus den bisher belasteten Grundstücken auszuwählen und so zu bemessen, dass ihr Ertrag die abzulösenden Einforstungsrechte dauernd deckt. Von diesem Grundsatz kann durch eine Parteienvereinbarung abgegangen werden. Die Festlegung einer kleineren Ablösungsfläche und/oder von Holz als Ablösungsäquivalent kann bewirken, dass die berechtigte Partei keine Ausgleichszahlungen zu leisten hat. Der Kulturzustand der belasteten Grundstücke zur Zeit der Ablösung sowie künftige Ertragssteigerungen durch Maßnahmen zur Verbesserung der Weideertragsfähigkeit sind bei der Feststellung des Rechtsumfangs der Einforstungsrechte nicht zu berücksichtigen.

Ausnahmsweise dürfen Ablösungsflächen auch aus den nicht belasteten Grundstücken der verpflichteten Partei herangezogen werden, wobei aber die wirtschaftliche Zumutbarkeit die sachgerechte Leistungsgrenze bildet. Bei der Beurteilung dieses Kriteriums ist auf das konkrete Grundstück und auf die konkrete Verpflichtung aus dem Einforstungsrecht abzustellen.

 

Nach Angaben des Amtes der Tiroler Landesregierung liegt im Fall, dass Einforstungsberechtigte kein Interesse an einem Ablösegrund sondern an einer gleichwertigen Fläche mit denselben Nutzungsbedingungen haben, keine Ablösung in Grund und Boden im rechtlichen Sinne vor. Hier wird es sich um eine Freistellung (Entlastung) bestimmter Grundflächen handeln, ohne dass eine Reduktion im Ausmaß der Berechtigung stattfindet. Die Berechtigten werden auf einer die urkundlichen Ansprüche deckenden Fläche neu einreguliert. Diese Vorgangsweise führt in kleinflächigen Regulierungsverfahren durchwegs zu raschen und einvernehmlichen Ergebnissen. Allerdings scheint in der Praxis die Bereitschaft von Seiten der Verpflichteten größer zu sein, geeignete Ersatzflächen zur Verfügung zu stellen, als jene der Berechtigten, von einer bestimmten Fläche Abstand zu nehmen und dafür auf einer gleichwertigen Fläche unter den bisherigen Bedingungen (teilweise) neu einreguliert zu werden. Im Bereich der Einforstungsalmen kommt es daher sehr häufig zu einer gänzlichen Trennung von Wald und Weide. Ohne Änderung in den Eigentumsverhältnissen erhalten die Berechtigten dabei eine ihren urkundlichen Ansprüchen entsprechende, zumeist durch Rodung neu zu schaffende Reinweidefläche mit Einständen. Im Gegenzug werden alle übrigen bisher belasteten Waldflächen von der Weide freigestellt. Der (zusätzliche) Vorteil für die Berechtigten liegt darin, dass nach den in einem solchen Neuregulierungsverfahren zu erlassenden Nutzungsmodalitäten auf den Reinweideflächen künftig keine Beschränkungen von Viehzahl, Viehgattung und Weidezeit mehr bestehen, sowie die Aufnahme von Lehnvieh zulässig ist.

 

§ 13 Abs. 1 lit. a Steiermärkisches Einforstungs-Landesgesetz, LGBl 1983/1 idF LGBl 2008/84 (StELG), bestimmt, dass der Antrag auf Ablösung auch allein vom Eigentümer der verpflichteten Liegenschaft gestellt werden kann. Nach Abs. 3 kann dies auch nur für einen Teil der Berechtigten erfolgen. Nach § 49 Abs. 1 letzter Satz StELG bestimmt die Agrarbehörde nach einem Ablösungsantrag auf Grund der Ergebnisse ihrer Erhebungen und Verhandlungen, ob eine Neuregulierung, Regulierung oder tatsächlich eine Ablösung durchzuführen ist. Die Agrarbehörde wird dem Wunsch des Berechtigten nach Zuerkennung einer gleichwertigen verpflichteten Fläche fachlich zu prüfen und zu entscheiden haben.

In dieser fachlichen Prüfung ist sie an die Zulässigkeitsvoraussetzungen zur Ablösung gemäß § 26 StELG gebunden, wonach auch eine Grundablöse unzulässig ist, wenn hiedurch allgemeine Interessen der Landeskultur oder volkswirtschaftliche Interessen oder der ordentliche Wirtschaftsbetrieb des Berechtigten oder der Hauptwirtschaftsbetrieb des verpflichteten Gutes gefährdet werden. Wird daher der ordentliche Wirtschaftsbetrieb des berechtigten Gutes durch eine Grundablöse gefährdet, kann trotz Ablösungsantrages des Verpflichteten durch Neuregulierung dem Berechtigten eine andere gleichwertige verpflichtete Fläche zugewiesen werden.

 

Zu Frage 2:

 

Entsprechend den Informationen der um Stellungnahme ersuchten Ämter der Landesregierungen stellt sich die Situation wie folgt dar:

 

Gemäß dem NÖ WWSG 1980 ist bei der Bewertung der abzutretenden Grundflächen insbesondere auf die Nutzungsmöglichkeit für den bisherigen Eigentümer, die Ertragsfähigkeit und andere von der Ertragsfähigkeit abweichende, wertbestimmende Kriterien Rücksicht zu nehmen. Ist auf dem dem Verpflichteten verbleibenden Teil jener Grundfläche, aus welcher das Ablösegrundstück genommen wird, keine ordentliche Wirtschaft mehr möglich, so kann der Verpflichtete die Einlösung desselben verlangen. Zur Ablösung ist die Zustimmung des Berechtigten erforderlich, wenn die in Geld zu entschädigende Differenz den halben Wert des Nutzungsrechtes übersteigt. Übersteigt der Wert der abzutretenden Grundflächen das Zweifache des Wertes der abzulösenden Nutzungsrechte, so ist eine Ablösung nur mit Zustimmung des Verpflichteten möglich.

 

§ 24 K-WWLG wurde in Entsprechung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 10. März 2005, Zl. G 170, 171/04-15, novelliert und unter § 24 Abs. 2 K-WWLG festgesetzt, dass bei der Bewertung der abzutretenden Grundflächen auch auf andere, von der Ertragsfähigkeit abweichende wertbestimmende Kriterien Rücksicht zu nehmen ist. Eine Bewertung nach dem Verkehrswert wäre – unter Beachtung der Bestimmung des § 21 Abs. 1 K-WWLG – zulässig.

 

Gemäß § 28 Salzburger Einforstungsrechtegesetz ist der Wert der abzutretenden Grundflächen festzustellen und dem Wert der abzulösenden Nutzungsrechte gegenüber zu stellen. Die Differenz ist in Geld abzugelten. Die Geldabgeltung ist auch im Fall einer gemeinschaftlichen Ablösung von den Eigentümern der bisher berechtigten Liegenschaften direkt an den Verpflichteten zu leisten. Bei der Bewertung der abzutretenden Grundflächen sind insbesondere die Nutzungsmöglichkeiten für den bisherigen Eigentümer, die Ertragsfähigkeit und andere von der Ertragsfähigkeit abweichende, wertbestimmende Kriterien zu berücksichtigen. Die Zustimmung des Berechtigten zur Ablösung ist erforderlich, wenn die in Geld abzugeltende Differenz den halben Wert der abzulösenden Nutzungsrechte übersteigt. Die Zustimmung des Verpflichteten ist erforderlich, wenn der Wert der abzutretenden Grundflächen das Zweifache des Wertes der abzulösenden Nutzungsrechte übersteigt. Ist auf dem dem Verpflichteten verbleibenden Teil jener Grundfläche, aus der das Ablösungsgrundstück genommen wird, keine ordentliche Bewirtschaftung mehr möglich, so kann der Verpflichtete die Einlösung desselben verlangen. Die Zustimmung des Berechtigten zur Einlösung ist erforderlich, wenn der Wert der einzulösenden Restfläche ein Viertel des Wertes der abzulösenden Nutzungsrechte übersteigt. In der Praxis wurden Ablösen in Grund im Übereinkommenswege geregelt.

 

Gemäß den Angaben des Amtes der Oö. Landesregierung sind nach dem Sachlichkeitsgebot sowohl bei der Bewertung des abzulösenden Einforstungsrechts als auch bei der Bewertung der von der verpflichtenden Partei abzutretenden Grundflächen gleichartige Wertgrundlagen heranzuziehen. Als wissenschaftlich anerkannte Wertermittlungsverfahren kommen insbesondere das Vergleichswert-, das Ertragswert- und das Sachwertverfahren in Betracht. Eine Vereinbarung der Parteien, die eine Gesamtlösung für alle Modalitäten der Ablösung in Grund (einschließlich eines allfälligen Geldausgleichs) beinhaltet, entbindet die Agrarbehörde von der aufwändigen Aufgabe der Wertfeststellung. Einigen sich die Parteien nicht, obliegt der Agrarbehörde die Wertfeststellung und in der Folge die exakte Abgrenzung des Ablösungsgrundstücks. Eine allfällige Differenz zwischen dem Wert der abzulösenden Nutzungsrechte und dem Wert der abzutretenden Grundflächen ist in Geld abzugelten (wenn keine anderslautende Parteienvereinbarung erzielt wird). Bei land- und forstwirtschaftlichen Liegenschaften ist der Verkehrswert häufig – aber nicht immer – mit dem Ertragswert identisch. Der wahre Wert einer Sache hängt nicht nur vom Wert ihrer gegenwärtigen Nutzung ab. Auch bloß mögliche, erwartete und absehbare Entwicklungen können den Wert mitbestimmen. Finden solche Umstände im redlichen Geschäftsverkehr in zeitlicher Nähe zum Bewertungsstichtag in vergleichbaren Gebieten in den Preisen ihren Niederschlag, dann sind sie für das Ablösungsverfahren relevant. Hingegen müssen die besondere Vorliebe und andere ideelle Wertungen einzelner Personen bei der Wertermittlung außer Betracht bleiben.

Bei der Bewertung der abzutretenden Grundflächen sind auch die gegebenen Belastungen durch die Einforstungsrechte und die eingeschränkten Verwendungsmöglichkeiten zu berücksichtigen. Die Einforstungsrechte bringen einen erhöhten Aufwand der verpflichteten Partei mit sich, der zu einer entsprechenden Wertreduktion der belasteten Grundstücke führt (z.B. Aufwand für Holzanweisung, Abmaß, Abrechnung der Bezüge etc.).

 

Gemäß den Angaben des Amtes der Tiroler Landesregierung entspricht die in der parlamentarischen Anfrage dargestellte Position der aktuellen Gesetzeslage. Es wäre bei der Festsetzung des Wertes des Nutzungsrechtes gegebenenfalls aber auch auf von der (reinen) Ertragsfähigkeit abweichende wertbestimmende Kriterien angemessen Rücksicht zu nehmen. Die mit BGBl. I Nr. 14/2006 vorgenommene Novellierung des WWSGG wurde in Tirol mit der Novelle zum Wald- und Weideservitutengesetz LGBl. Nr. 53/2007 umgesetzt. In der Praxis kommt die neue Regelung in Tirol allerdings kaum zum Tragen, da eine Ablösung in Grund eher zu den Ausnahmefällen gehört. In den vergangenen Jahren wurden nur wenige derartige Ablösungen durchgeführt und wenn, dann im Vereinbarungswege.

 

Mit der Einforstungsgesetzesnovelle LGBl 2007/72 hat der steirische Landesgesetzgeber die sich aus dem in der Anfrage erwähnten Verfassungsgerichtshoferkenntnis und der in weiterer Folge ergangenen Novelle zum WWSGG 1951 ergebenden notwendigen Anpassungen ausgeführt. Nach § 30 Abs. 2 StELG ist die Ertragsfähigkeit zu bewerten und auf andere von der Ertragsfähigkeit abweichende wertbestimmende Kriterien Rücksicht zu nehmen. Ein Verkehrswert, wie er im Liegenschaftsbewertungsgesetz genannt ist, ist nicht zu bestimmen. Ergibt eine Bewertung nach § 30 Abs. 2 StELG eine vom Berechtigten in Geld zu entschädigende Differenz, die den halben Wert des Nutzungsrechts übersteigt, ist gem. Abs 4 die Zustimmung des Berechtigten zur Ablösung erforderlich. Das bedeutet, dass eine Ablösung auch in Grund dann nicht durchgeführt werden kann, wenn der Berechtigte sich einer Ausgleichszahlung, die über die Hälfte des Wertes seiner Nutzungsrechte liegt, verweigert.

 

Der Bundesminister: