7979/AB XXIV. GP

Eingelangt am 23.05.2011
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Gesundheit

Anfragebeantwortung

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag.a Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

 

Alois Stöger

Bundesminister

 

 

 

 

GZ: BMG-11001/0136-II/A/9/2011

Wien, am 20. Mai 2011

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische

Anfrage Nr. 8134/J der Abgeordneten Wolfgang Zanger und weiterer Abgeordneter nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Frage 1:

Die Umstrukturierungsvorhaben betreffend die Krankenhäuser im Bundesland Steier­mark sind dem Bundesministerium für Gesundheit soweit bekannt, als sie Inhalt eines Teilberichts zur Revision des Regionalen Strukturplans Gesundheit (RSG) Steiermark 2011 waren und in der Sitzung der Landesgesundheitsplattform Steiermark am 15. April 2011 beschlossen wurden.

 

Entsprechend diesem Teilbericht soll der Spitalsstandort LKH Hörgas-Enzenbach zukünftig nicht mehr fortgeführt werden. Die derzeit vorhandenen Strukturen sollen in die LSF Graz (Innere Medizin und Akutgeriatrie/Remobilisation) bzw. in das LKH Graz-West (Pulmologie) verlagert werden.


Frage 2:

Der Zeitplan für die Umsetzung des RSG 2011 soll sich gemäß diesem Teilbericht grundsätzlich bis zum Jahr 2020 erstrecken. Details für eine allfällige stufenweise Umsetzung sind dem Bundesministerium für Gesundheit bislang nicht bekannt. Seitens des Landes Steiermark wurde in der Landesgesundheitsplattform mitgeteilt, dass nunmehr nach erfolgtem Beschluss des Teilberichts mit den Trägern der Krankenanstalten die konkrete Umsetzung diskutiert und vereinbart werden soll.

 

Fragen 3 und 4:

Auf Grundlage des derzeit dem Bundesministerium für Gesundheit vorliegenden Teilberichts zur Revision des Regionalen Strukturplans Gesundheit (RSG) Steiermark sind meinem Ressort insbesondere die beabsichtigte Verlagerung der Abteilungen des LKH Hörgas-Enzenbach in die LSF Graz und LKH Graz-West sowie die Schließung der Abteilung für Innere Medizin am Standort LKH Stolzalpe bei gleichzeitiger Einrichtung einer dislozierten ambulanten Erstversorgungseinheit im Sinne des ÖSG 2010 im Ort Murau sowie eines Departments für Remobilisation/Nachsorge am Standort LKH Stolzalpe bekannt. Laut dem Teilbericht sind darüber hinaus praktisch an allen KA-Standorten in der Steiermark strukturelle Veränderungen in kleinerem bzw. größerem Umfang vorgesehen bzw. zumindest zur Diskussion gestellt (Ausnahmen: SKA für PSO Bad Aussee, NTZ Kapfenberg, LKH Bad Radkersburg, Geriatrisches KH Graz sowie die beiden UKH, zu denen im RSG-Teilbericht keine Aussagen getroffen werden).

 

Zunächst sind für alle Krankenanstalten mit primärer Akutversorgungsfunktion entweder bettenführende „Zentrale Aufnahme- und Erstversorgungseinheiten (ZAE)“ oder aber „ambulante Erstversorgungseinheiten (AEE)“ im Sinne des ÖSG 2010 vorgesehen. An einigen Standorten ist die Neuerrichtung von Abteilungen ausge­wiesen, die z.T. schon seit Jahrzehnten Gegenstand von Planungsüberlegungen waren (z.B. Psychiatrie im KAV Leoben-Bruck/Mur, Neurologie im LKH Feldbach, Pulmologie im LKH Graz, Unfallchirurgie im LKH Weiz). Das gynäkologische und geburtshilfliche Leistungsangebot der LKH Deutschlandsberg und Wagna soll zukünftig am Standort LKH Deutschlandsberg konzentriert werden. Weiters soll auch das gynäkologische und geburtshilfliche Leistungsangebot des neuen KAV Leoben-Bruck/Mur am Standort LKH Leoben konzentriert werden.

 

Weiters ist an einer Reihe von Standorten der Aufbau von „dislozierten Tageskliniken (dTK)“ im Sinne des ÖSG vorgesehen, v.a. in den chirurgischen Fachrichtungen, und zwar zum Teil in Form eines ergänzenden Angebots (LKH Fürstenfeld, LKH Hartberg, KAV Leoben-Bruck/Mur sowie insbesondere LKH Weiz), zum Teil zur Sicherstellung bisheriger Leistungsangebote (z.B. LKH Fürstenfeld, KH Schladming, KH Vorau, KH Weiz); für zwei Standorte sind auch die neu im ÖSG 2010 vorgesehenen „dislozierten Wochenkliniken (dWK)“ angedacht (z.B. LKH Leoben, LKH Mürzzuschlag-Mariazell), wobei die dislozierten Tageskliniken und Wochenkliniken v.a. im Bereich der Chirur­gie zunächst als Pilotprojekte betrieben und evaluiert werden sollen.


Besonders zu erwähnen ist auch, dass - entsprechend der demographischen Entwick­lung und den Vorgaben des ÖSG – in einer Reihe von Krankenanstalten in der Steier­mark auch der weitere Aufbau von Strukturen der Akutgeriatrie/Remobilisation bzw. der Remobilisation/Nachsorge geplant ist (z.B. LKH Fürstenfeld, LKH Stolzalpe, LKH

Deutschlandsberg bzw. alternativ LKH Wagna, LKH Judenburg-Knittelfeld). Insgesamt erfolgt damit nahezu eine Verdoppelung der bisherigen Bettenanzahl in diesem Bereich.

 

Frage 5:

Laut dem vorliegenden Teilbericht zur Revision des RSG Steiermark 2011 ist (ohne Berücksichtigung der Betten im UKH Graz und im UKH Kalwang) bis zum Jahr 2020 eine Reduktion von 6.958 tatsächlich aufgestellten Betten im Jahr 2009 auf 6.233 Betten vorgesehen. Eine Konkretisierung dieser Bettenreduktion auf Ebene der einzelnen KA-Standorte ist in diesem Teilbericht nicht enthalten, sodass diesbezüglich dem Bundesministerium für Gesundheit keine Informationen vorliegen. Eine kranken­anstaltenspezifische Konkretisierung dieses Bettenabbaus soll laut Mitteilung des Landes Steiermark bis Ende Juni 2011 erfolgen.

 

Frage 6:

Quantitative Personalfragen sind nicht Gegenstand der Gesundheitsplanung im ÖSG und in den RSG bzw. liegen entsprechende Entscheidungen im Zuständigkeitsbereich der Krankenanstaltenträger. Der ÖSG enthält allerdings qualitative Festlegungen zur Personalausstattung und -qualifikation hinsichtlich vorzuhaltender Berufsgruppen und allfällig notwendiger Zusatzqualifikationen, die jedenfalls einzuhalten sind.

 

Frage 7:

Nach Auskunft der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse ist die Steiermark derzeit im niedergelassenen Bereich ausreichend mit Vertragspartner/inne/n versorgt. Die Revision des RSG dient dem Abbau von Überkapazitäten im akut-stationären Bereich. Der RSG für den ambulant-niedergelassenen Bereich wird demnächst ausgearbeitet.

 

Frage 8:

Einleitend darf darauf hingewiesen werden, dass es aufgrund der geltenden Kompe­tenzverteilung in der Verantwortung und Zuständigkeit des jeweiligen Bundeslandes liegt, für eine ausreichende flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Krankenhausleistungen Sorge zu tragen. Die Abstimmung zwischen stationärer und ambulanter Versorgung auf der regionalen Ebene hat auf Ebene der Landesgesundheitsplattformen zu erfolgen.

 

Die Versorgung mit niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten ist Angelegenheit der Sozialversicherungsträger und der Ärztekammern.

Ich weise in diesem Zusammenhang darauf hin, dass gemäß § 342 ASVG die Festsetzung der Zahl und der örtlichen Verteilung der Vertragsärzte/-ärztinnen (Vertrags-Gruppenpraxen) unter Bedachtnahme auf den RSG mit dem Ziel, dass unter Berücksichtigung sämtlicher ambulanter Versorgungsstrukturen, der örtlichen Verhältnisse und der Verkehrsverhältnisse, der Veränderung der Morbidität sowie

der Bevölkerungsdichte und -struktur (dynamische Stellenplanung) eine ausreichende ärztliche Versorgung der in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherten und deren Angehörigen gesichert ist, Inhalt der ärztlichen Gesamtverträge ist. Gesamtverträge sind bekanntlich als privatrechtliche Verträge zwischen dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger im Namen und mit Zustimmung der Krankenversicherungsträger mit den örtlich zuständigen Ärztekammern abzuschließen. Ich gehe davon aus, dass die Vertragsparteien bei ihren diesbezüglichen Entscheidungen maßgebliche Umstände und Veränderungen derselben mit ins Kalkül ziehen.

 

Inwieweit allenfalls zusätzliche niedergelassene Ärztinnen und Ärzte erforderlich sind, wird sich nach Fertigstellung des RSG Steiermark 2011 zeigen, der auch eine Planung für den ambulanten Bereich enthalten wird. Außerdem ist im bislang vorliegenden Entwurf zum RSG Steiermark 2011 für jeden Akut-KA-Standort in der Steiermark – wie oben erwähnt – eine Erstversorgungseinheit im Sinne des ÖSG 2010 vorgesehen, die die Erstversorgung ungeplanter Krankenhauszugänge rund um die Uhr gewährleisten soll.

 

Erstversorgungseinheiten in Form von Zentralen Aufnahme- und Erstversorgungs­einheiten (ZAE) und Ambulanten Erstversorgungseinheiten (AEE) sind Beispiele für eine Reihe innovativer Betriebsformen, die im Österreichischen Strukturplan Gesundheit (ÖSG) 2010 definiert sind – mit dem Ziel einer stärkeren Patient/inn/en­orientierung und höherer organisatorischer Flexibilität innerhalb der Akutversorgung in Krankenanstalten.

 

Diese innovativen Betriebsformen sehen eine interdisziplinäre Nutzung von Kapazitäten und Ressourcen vor und stellen den Prozess in den Mittelpunkt der Gestaltung der Betriebsstrukturen. Die fachliche Zuständigkeit für die jeweilige Behandlung der Patientinnen und Patienten bleibt davon unberührt. Prozess­orientierte Organisationseinheiten zeichnen sich aus durch

-          das Anpassen der Versorgungsform an den medizinischen Bedarf bzw.
an die (sozial-)medizinischen Bedürfnisse der einzelnen Patient/inn/en

-          das Bündeln gleichartiger Prozesse bzw. Prozessphasen innerhalb einer
darauf ausgerichteten Struktur (homogene Prozesse und/oder Anforderungen an Betriebszeiten),

-          eine verbesserte Planbarkeit der Abläufe sowie

-          ein darauf abgestimmtes Bereitstellen von Ressourcen.

 

Grundsätzlich sehe ich Umstrukturierungen in der Gesundheitsversorgung, wenn sie patient/inn/enorientiert und effizienzsteigernd sind, als notwendige Entwicklung zur Sicherstellung einer umfassenden Gesundheitsversorgung in der Zukunft. Wie auch im ÖSG 2010 (Seite 30 f.) festgehalten ist, werden sektorenübergreifende integrierte Versorgungsstrukturen an Bedeutung gewinnen. Vor allem Modelle zur qualifizierten Erstversorgung müssen das Zusammenspiel zwischen den verschiedenen Formen der ambulanten Versorgung einerseits und zwischen ambulanter und stationärer Versor­gung andererseits optimieren. Ziel ist in jedem Fall eine wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung und eine im Bedarfsfall gesicherte rasche Zuweisung zu adäquaten, spezialisierten Versorgungsangeboten im abgestuften Versorgungssystem und im sozialmedizinischen Gesamtkontext.

 

Das Bundesland Steiermark strebt als erstes Bundesland eine Umsetzung der im ÖSG 2010 von der Bundesgesundheitskommission beschlossenen Möglichkeiten einer flexibleren Gestaltung der regionalen Grundversorgung an. Nach meinen Informa­tionen setzen sich aber auch andere Bundesländer bereits intensiv mit ähnlichen Überlegungen auseinander.

 

Ich gehe davon aus, dass die Planungen zum RSG Steiermark 2011 mit dem Ziel einer umfassenden medizinischen Versorgung der steirischen Bevölkerung erfolgen. Die Rahmenvorgaben des ÖSG 2010 sind dabei selbstverständlich einzuhalten. Sollten die Planungen Anlass zur Sorge über die zukünftige umfassende medizinische Versorgung der steirischen Bevölkerung geben bzw. die Vorgaben des ÖSG 2010 nicht eingehal­ten werden, wird das Bundesministerium für Gesundheit selbstverständlich seinen Einfluss hinsichtlich notwendiger Anpassungen und Änderungen geltend machen.