7988/AB XXIV. GP

Eingelangt am 24.05.2011
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BM für Unterricht, Kunst und Kultur

Anfragebeantwortung

 

 

Beschreibung: Logo-solo

 

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

 

 

Geschäftszahl:

BMUKK-10.000/118-III/4a/2011

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Wien, 23. Mai 2011

 

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 8196/J-NR/2011 betreffend Verbot der Grußformel „Grüß Gott“ in Schulen, die die Abg. Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen am 31. März 2011 an mich richteten, wird wie folgt beantwortet:

 

Zu Fragen 1 und 2:

Entsprechend der mir vorliegenden Informationen weise ich darauf hin, dass der Landesschulrat für Tirol als zuständige Schulbehörde und Dienstbehörde erster Instanz die gebotenen Schritte hinsichtlich der auch medial transportierten Vorwürfe gegenüber einem Pädagogen des Bundes­realgymnasiums 6020 Innsbruck, Adolf-Pichler-Platz 1, gesetzt und einer Lösung zugeführt hat. Lokale Konflikte können folgend der Konzeption des Bundes-Schulaufsichtsgesetzes hinsichtlich des Aufbaus der Schulbehörden des Bundes vor Ort treffender bewältigt werden. Es besteht keine gesetzliche Verpflichtung, einen Vorgang wie den gegenständlichen der Zentralstelle zur Kenntnis zu bringen und es gibt auch keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Angelegenheit auf der Ebene des Landesschulrates nicht ohnedies angemessen behandelt würde. Ausgehend davon bestand weder seitens des Landesschulrates für Tirol eine Veranlassung das Bundes­ministerium für Unterricht, Kunst und Kultur zu befassen, noch eine Notwendigkeit des Einschreitens durch die Oberbehörde bzw. durch mich als Ressortleiterin.

 

Zu Fragen 3 und 4 sowie 11 bis 13:

Religionsfreiheit, Freiheit der Kunst und Freiheit der Wissenschaft bilden schon seit der Normierung der freiheitlich-liberalen Grundrechte im Staatsgrundgesetz 1867 eine kultur­anthropologische Trias. Der Staat und seine Organe, somit auch die Mitglieder der Bundes­regierung als oberste Organe der Verwaltung, haben diese klassischen Grund- und Freiheits­rechte zu achten und zu schützen. Weiters regelt Art. 9 EMRK die Reichweite der Religions­freiheit und die Erfordernisse für den Schutz der Rechte und Freiheiten anderer.


Im vorliegenden Fall treffen das Recht der Schülerinnen und Schüler auf Freiheit zu Religion auf das Recht der Lehrkraft auf Freiheit von Religion. Beide Rechte sind zu respektieren.

Für den schulischen Bereich regeln Art. 14 Abs. 5a B-VG und § 2 des Schulorganisations­gesetzes die Umsetzung im Schulwesen. Die Bestimmungen erteilen der österreichischen Schule klar und eindeutig den Auftrag, dass jeder junge Mensch dem politischen, religiösen und kulturellen Denken anderer aufgeschlossen sein soll. Der Staat und damit seine Lehrkräfte haben sich religiöser Bekundungen oder Äußerungen grundsätzlich zu enthalten, sofern es sich nicht um Religionslehrkräfte oder konfessionelle Privatschulen handelt. Aus diesem Grund wurde dem betroffenen Pädagogen die Weisung erteilt sich solcher Äußerungen in Zukunft zu enthalten; Äußerungen des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur waren aufgrund der durch den Landesschulrat für Tirol gesetzten Schritte nicht erforderlich. Das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, das sich auf niederösterreichische Kindergärten bezog, hat keine Auswirkung, da eine bereits bestehende Rechtslage als verfassungskonform erkannt wurde. Gleiches gilt für die Entscheidung des EGMR im Fall Lautsi gegen Italien.

 

Zu Frage 5:

Unter Hinweis auf die bisherigen Ausführungen ist seitens des Landesschulrates für Tirol eine Untersuchung des Vorfalles vorgenommen worden. Im Zuge eines vom zuständigen Landes­schulinspektor unter Einbeziehung der Direktorin dieser Schule anberaumten Gesprächstermins wurde der Pädagoge vom Landesschulinspektor mit den Vorwürfen der Eltern konfrontiert und um seine Stellungnahme ersucht. Der Pädagoge bestritt zwar, Schülerinnen und Schülern die Begrüßung mit „Grüß Gott“ ausdrücklich verboten zu haben, gestand aber ein, auf diese Gruß­formel immer wieder mit Bemerkungen wie „Ich bin nicht Gott“, „Welchen Gott meinst du?“ oder „Ich werde es ihm ausrichten“ reagiert zu haben.

Der Landesschulinspektor stellte daraufhin fest, dass derartige Bemerkungen den Eindruck vermitteln, dass der Pädagoge diese Grußformel nicht wünsche und ins Lächerliche ziehe. Daher sei es durchaus verständlich, dass jedenfalls bei einigen Schülerinnen und Schülern sowie deren Eltern der Eindruck entstanden sei, dass sich der Pädagoge über die Grußformel sowie die zugrundeliegende religiöse Einstellung lustig mache und diese mit abfälligen Bemerkungen bedenke.

Der Landesschulinspektor wies den Pädagogen im Beisein der Direktorin unmissverständlich an, abfällige und negative Bemerkungen jedweder Art zum Gruß „Grüß Gott“ in Hinkunft zu unterlassen und jenen Respekt und jene Toleranz vorzuleben, die er selbst nachdrücklich eingefordert hatte. Dies gelte im Übrigen für alle Religionsgemeinschaften und religiösen Bekenntnisse.

Die Direktorin der Schule wurde beauftragt, das Verhalten des Pädagogen in diesem Punkt in Zukunft genau zu beobachten und allfällige Rückmeldungen von Schülerinnen und Schülern bzw. deren Eltern umgehend der Schulaufsicht zu melden.

 

Zu Fragen 6 bis 8:

Dazu wird auf die Beantwortung der Fragen 1 und 2 sowie 5 verwiesen.

 

Zu Frage 9:

Es liegen dem Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur keine Hinweise darauf vor, dass von anderen Lehrkräften Äußerungen wie die in der Fragestellung wiedergegebenen getätigt worden sind.

 


Zu Frage 10:

Aus den letzten zwei Jahren liegen den zuständigen Organisationseinheiten des Hauses, darunter jener für Schulrechtsagenden als auch der für grundsätzliche dienst- und besoldungs­rechtliche Angelegenheiten des Lehrkräftepersonals, keine Beschwerden der angesprochenen Art vor.

 

Die Bundesministerin:

 

Dr. Claudia Schmied eh.