8005/AB XXIV. GP
Eingelangt am 26.05.2011
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BM für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
Anfragebeantwortung

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NIKOLAUS BERLAKOVICH Bundesminister
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An die Zl. LE.4.2.4/0063-I 3/2011
Frau Präsidentin
des Nationalrates
Mag.a Barbara Prammer
Parlament
1017 Wien Wien, am 25. MAI 2011
Gegenstand: Schriftl. parl. Anfr. d. Abg. z. NR Erich Tadler, Kolleginnen
und Kollegen vom 30. März 2011, Nr. 8105/J, betreffend
Atomwahnsinn und die Auswirkungen auf Österreich
Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Erich Tadler, Kolleginnen und Kollegen vom 30. März 2011, Nr. 8105/J, teile ich Folgendes mit:
Zu Frage 1:
Der oberösterreichische Landesrat Rudi Anschober hat mir diese Studie mit Schreiben vom 21. Oktober 2010 übermittelt.
Zu Frage 2:
Bereits am 19. Oktober 2010 fanden in Bonn erste vorbereitende Konsultationen zwischen deutschen und österreichischen Bundesdienststellen bezüglich der zu diesem Zeitpunkt geplanten Laufzeitverlängerung deutscher Kernkraftwerke statt. Im Rahmen dieses Treffens wurde auch ein intensiverer Informationsaustausch (Sicherheitsdialog) insbesondere zum KKW Isar-1 vereinbart. Mit der Vorbereitung dieses Sicherheitsdialogs wurde bereits begonnen. Das österreichische ExpertInnenteam wurde explizit beauftragt, auch die gegenständliche Studie in die Vorbereitung mit einzubeziehen. Weiters wirkt der Erstautor dieser Studie in diesem ExpertInnenteam mit. Durch die vorläufige Abschaltung des KKW Isar-1 und der anderen Reaktoren der Baulinie SWR-69 hat sich eine neue Situation ergeben. Es besteht durchaus Anlass zur Hoffnung, dass diese Anlagen nicht mehr in Betrieb genommen und endgültig stillgelegt werden.
Zu Frage 3:
Die Defizite dieser Reaktorbaulinie sind seit Jahren bekannt und in vielen Studien dokumentiert. Die gegenständliche Studie hat ausgewählte Aspekte vertieft analysiert und damit insgesamt den Kenntnisstand erweitert. Eine Neubewertung der Gefährdungslage hat sich dadurch nicht ergeben, da bereits bekannt war, dass diese Reaktoren ein überdurchschnittliches Risikopotenzial aufweisen. Folglich habe ich bereits unmittelbar nach Bekanntgabe der Pläne zur Laufzeitverlängerung auch für diese Reaktoren klargestellt, dass sie entweder umgehend nachzurüsten oder stillzulegen sind. Das KKW Isar-1 wurde mittlerweile vorläufig vom Netz genommen.
Zu Frage 4 bis 6:
Der Beschluss des Rates vom 19. März 2001 über die Annahme der Sicherheitsvorschriften des Rates (2001/264/EG), ABl. L 101 vom 11.4.2001, regelt vier unterschiedliche Geheimhaltungsgrade, nämlich streng geheim, geheim, vertraulich und eingeschränkt – in Deutschland: streng geheim, geheim, VS - vertraulich, VS - nur für den Dienstgebrauch. Diese Klassifikation wurde in die nationale Gesetzgebung übernommen, in Österreich in das Informationssicherheitsgesetz, InfoSiG, BGBl. I Nr. 23 vom 15. Jänner 2002, geändert durch BGBl. I Nr. 129 vom 30. Dezember 2003. Das Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Bundesrepublik Deutschland über Informations- und Erfahrungsaustausch auf dem Gebiet des Strahlenschutzes, BGBl. Nr. 128/1989 in der Fassung des BGBl. Nr. 892/94 („Nuklearinformationsabkommen“), regelt in Artikel 4, dass der Inhalt der gemäß Artikel 2 geführten Konsultationen und übermittelten Informationen ohne Einschränkung genutzt werden kann, es sei denn, er wurde von einer Seite als vertraulich erklärt. Die Weitergabe vertraulicher Informationen an Dritte darf nur in gegenseitigem Einverständnis erfolgen. Bereits zu Beginn des diesbezüglichen Sicherheitsdialogs im Jahre 2004 haben die zuständigen deutschen Stellen die Bereitstellung und Diskussion sicherheitsrelevanter Informationen davon abhängig gemacht, dass sowohl die übergebenen Informationen als auch der Verlauf der Beratungen und deren Ergebnisse vertraulich behandelt werden.
Zu den Fragen 7 bis 10:
Diese Fragen betreffen keinen Gegenstand der Vollziehung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft.
Zu Frage 11:
Abgesehen von den Reise- und Aufenthaltskosten der Bediensteten des BMLFUW, deren Erhebung einen nicht vertretbaren Verwaltungsaufwand erfordern würde, fallen vor allem Kosten für externe Fachberatung durch wissenschaftlich-technische KonsulentInnen an.
Zu Frage 12:
Da es weltweit noch kein einziges genehmigtes Endlager für abgebrannte Brennelemente gibt, ist diese Frage auch für das KKW Isar-1 ungelöst. Am Standort Isar befindet sich, wie mittlerweile an allen deutschen KKW Standorten, ein Zwischenlager für abgebrannte Brennelemente.
Zu den Fragen 13 und 14:
Eine Schnellabschaltung eines Reaktors ist weder nach dem oben bereits erwähnten bilateralen „Nuklearinformationsabkommen“ noch nach den Informationsverpflichtungen der EU und der IAEO meldepflichtig. Es liegt im internationalen Informationssystem über Störfälle der Internationalen Atom-Energie Organisation – IAEO (INES/NEWS) keine Meldung zu diesem Ereignis vor. Eine monatliche Auflistung aller – auch der nach internationalen Kriterien nicht meldepflichtigen – Ereignisse ist auf der Internetseite des deutschen Bundesamtes für Strahlenschutz abrufbar.
Zu den Fragen 15 und 16:
Strahlenschutzübungen zu verschiedenen radiologischen Notfällen werden in Österreich regelmäßig abgehalten. Neben internationalen Verpflichtungen zur regelmäßigen Beteiligung an Strahlenschutzübungen ist dies auch eine Vorgabe der Verordnung zu Interventionen bei radiologischen Notstandssituationen, die 2007 in Kraft getreten ist. Dabei werden sowohl Notfälle mit großräumigen Auswirkungen auf Österreich nach grenznahen KKW-Unfällen als auch kleinräumig begrenzte Notfälle aufgrund von Unfällen im Umgang mit Strahlenquellen geübt.
Je nach Übungstyp nehmen an diesen Übungen verschiedene Organisationen teil. Neben den Einsatzorganisationen und Messlabors sind vor allem die zuständigen Behörden auf Bundes- und Landesebene regelmäßig beteiligt. Auf Bundesebene werden neben dem BMLFUW in der Regel das Gesundheits-, Innen- und Verteidigungsministerium in Strahlenschutzübungen miteinbezogen.
Zu den Frage 17 und 18:
Die Kosten für Notfallübungen sind nur schwer bezifferbar, da dabei im wesentlichen Material, Personen und Strukturen zum Einsatz kommen, die ohnehin bereits vorhanden sind. Primär fallen zumeist Personalkosten an, die im Zug der Planung und Durchführung der Übungen benötigt werden. Die beteiligten Organisationen kommen im Rahmen ihrer Zuständigkeit selbst für die Kosten in ihrem Bereich auf. Eine seriöse Zusammenstellung dieser Kosten über alle Organisationen würde einen nicht vertretbaren Verwaltungsaufwand erfordern.
Zu Frage 19:
Entsprechend internationalen Vorgaben, unter anderem denen des Übereinkommens über Nukleare Sicherheit der IAEA, hat jedes Land die Verpflichtung, von sich aus Vorkehrungen für den Schutz der eigenen Bevölkerung vor Auswirkungen von Unfällen in Nuklearanlagen oder anderen radiologischen Notfällen zu treffen, auch wenn es kein KKW auf eigenem Territorium betreibt. Die Notfallübungen sind ein wesentlicher Teil dieser Vorkehrungen. Im Übrigen werden Notfallübungen häufig so angelegt, dass sie verschiedenartige Szenarien abdecken, auch im Fall von radiologischen Notstandssituationen.
Zu Frage 20:
Die „Stresstests“ können keine Katastrophe auslösen, da keine physischen Tests in den Kernkraftwerken vorgesehen sind. Dies wäre ein nicht zu verantwortendes Risiko.
Zu Frage 21:
Da es grundsätzlich kein absolut sicheres Kernkraftwerk gibt, kann auch ein „Stresstest“ nicht gewährleisten, dass keine Gefahr mehr von einem Kernkraftwerk ausgeht. Meine Initiative, alle europäischen Kernkraftwerke einem „Stresstest“ zu unterziehen, soll dazu dienen, bis zum endgültigen Ausstieg aus der energetischen Nutzung der Kernenergie die Sicherheit für die Bevölkerung zu erhöhen.
Zu Frage 22:
Diese Regelungen sind derzeit in Ausarbeitung. Die Bundesregierung hat mit ihrem Beschluss vom 22. März 2011 „Internationales Umdenken von der Kernenergie hin zu erneuerbarer Energie und Energieeffizienz; gemeinsamer Aktionsplan der österreichischen Bundesregierung“ sehr präzise Anforderungen an diese „Stresstests“ formuliert.
Zu Frage 23:
Sowohl die Bundesregierung – in oben erwähntem Beschluss vom 22. März 2011 – als auch der Nationalrat mit seiner Entschließung betreffend den raschest möglichen Ausstieg aus der Atomenergie (147/E XXIV. GP), ebenfalls vom 22. März 2011, haben klare Konsequenzen bei negativem Ausgang gefordert. Aus rein rechtlichen Gründen können diese Konsequenzen jedoch nur von den zuständigen nationalen Behörden verordnet bzw. von den zuständigen nationalen Parlamenten gesetzlich geregelt werden.
Zu den Fragen 24 bis 32:
Diese Fragen betreffen keinen Gegenstand der Vollziehung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft. Auf die Zuständigkeit des Bundesministers für Gesundheit sei verwiesen.
Der Bundesminister: