8031/AB XXIV. GP

Eingelangt am 27.05.2011
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Bundeskanzler

Anfragebeantwortung

 

 

 

An die

Präsidentin des Nationalrats

MagBarbara PRAMMER

Parlament

1017     W i e n

GZ: BKA-353.110/0080-I/4/2011

Wien, am 27. Mai 2011

 

 

 

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

 

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Van der Bellen, Freundinnen und Freunde haben am 30. März 2011 unter der Nr. 8110/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend unzureichende EU-Informationspolitik der Regierung gegenüber dem Nationalrat gerichtet.

 

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

 

Zu den Fragen 1 bis 3:

Ø  Wann wurden dem Bundeskanzler die ersten Entwürfe des Paktes für den Euro zu­geleitet?

Ø  Wann wurde dem Bundeskanzler der Entwurf des Paktes für den Euro mit der Do­kumentennummer SN 1746/11 zugeleitet?


Ø  Stellt für Sie der Entwurf des Paktes für den Euro ein EU-Vorhaben dar?
a.  Wenn nein, wieso nicht?
b.  Wenn ja, warum wurde dieser Entwurf dem österreichischen Parlament nicht zu­geleitet?

 

Grundsätzlich ist anzumerken, dass die Vorbereitung des Europäischen Rates vom 24. und 25. März 2011 unter schwierigen Rahmenbedingungen stattfand. Dies doku­mentierte sich insbesondere in zeitlich sehr knappen Abläufen und Beratungen zu unterschiedlichen Themenbereichen. Die entsprechenden Arbeitspapiere wurden kurz­fristig und in zeitlich rascher Abfolge vorgelegt. Vereinbarungsgemäß haben BKA und BMF eine gemeinsame Unterlage zum „Maßnahmenpaket für die Stabilität in der Euro-Zone“ dem Hauptausschuss für dessen Sitzung am 23. März 2011 vorgelegt.

 

Die Vorbereitungsarbeiten wurden teilweise – auf ausdrücklichen Wunsch von Präsident Van Rompuy – auf Basis informeller Papiere des Ratssekretariats in einem eng gehalte­nen Kreis durch die sogenannten „Sherpas“ seit Ende Februar bewältigt.

 

Das in der Anfrage angesprochene Dokument mit der Nummer SN 1746/11 weist – ent­gegen dem oben genannten Wunsch von Präsident van Rompuy und möglicher Weise irrtümlich – nur in seiner deutschen Fassung überhaupt eine Nummer auf und wurde mir am Tage der Sitzung der Staats- und Regierungschefs der Euro-Zone zugeleitet.

 

Im Übrigen weise ich darauf hin, dass mein Haus den Pakt für den Euro, da es sich da­bei um ein Vorhaben der EU handelt, welches Gegenstand der Beratungen und der Schlussfolgerungen der Staats- und Regierungschefs der Eurozone vom 11. März 2011 war, dem Parlament am 14. März 2011 übermittelt hat. Der Euro-Plus-Pakt – die geän­derte Bezeichnung ergibt sich durch den erweiterten, über die Euro-Staaten hinausge­henden, Teilnehmerkreis – wurde beim Europäischen Rat am 24. und 25. März 2011 be­handelt, wobei noch folgende Mitgliedstaaten beigetreten sind: Bulgarien, Dänemark, Lettland, Litauen, Polen und Rumänien.

Weiters habe ich im Rahmen der Sitzung des Hauptausschusses des Nationalrates am 23. März 2011 über die Verhandlungen zum Pakt das Parlament selbst mündlich infor­miert. Ebenso hat Herr Staatssekretär Mag. Andreas Schieder bei dieser Gelegenheit über die Verhandlungen in der Eurogruppe am 21. März 2011 berichtet.


Zur Frage 4:

Ø  Für den EU-Hauptausschuss am 23.3. wurde am späten Vorabend vom BMF gemeinsam mit dem Bundeskanzleramt ein Papier übermittelt. Stand der darin enthaltenen Informationen: 18.3.. Wie in der Einleitung erwähnt, kam es laut Me­dienberichten am 21.3. in der Eurogruppe zu weitgehenden Einigungen betreffend den ESM. Während man also im Ministerium und im Bundeskanzleramt bereits über die Einigung Bescheid wusste, wurde dem Parlament ein veraltetes Papier für die Diskussion mit dem Bundeskanzler und dem Staatssekretär zur Vorbereitung des Europäischen Rates übermittelt.
Wie ist diese Vorgehensweise mit der in Art. 23e festgeschriebenen „unverzüglichen“ Unterrichtung und des Einräumens der Gelegenheit zur Stellungnahme vereinbar?

 

Wie bereits oben ausgeführt, fanden die Verhandlungen zum Europäischen Rat unter schwierigen zeitlichen Rahmenbedingungen statt. Aus diesem Grund wurde von Seiten des BKA und des BMF eine gemeinsame Unterlage zum „Maßnahmenpaket für die Stabilität in der Euro-Zone“ dem Hauptausschuss für dessen Sitzung am 23. März 2011 zum Zwecke der Information vorgelegt.

 

Zu den in dieser Frage speziell aufgeworfenen Aspekten darf ich Folgendes mitteilen:

-   Es ist unzutreffend, dass das gemeinsame Papier Bundeskanzleramt/Bundesmi­nisterium für Finanzen, das als Vorlage für die Beratungen des Hauptausschusses des Nationalrates am 23. März 2011 dienen sollte, „am späten Vorabend“ übermittelt wurde. Das Papier wurde am 22. März 2011 um 10:26 Uhr an die Parlaments­direktion mit elektronischer Post vorgelegt.

-   Es ist zutreffend, dass die in der Unterlage enthaltenen Informationen nicht die Er­gebnisse des Treffens der Eurogruppe am 21. März 2011 berücksichtigten. Es war in Aussicht genommen, dass die Ergebnisse des Eurogruppentreffens durch Herrn Staatssekretär Mag. Andreas Schieder, der Österreich bei der Sitzung vertreten hat, direkt den Damen und Herrn Abgeordneten berichtet werden. Herr Staatssekretär Mag. Schieder hat am 23. März 2011 vor dem Hauptausschuss des Nationalrates die Einigung über den „European Stability Mechanism“ den Mitgliedern des Hauptaus­schusses in der Folge auch mündlich präsentiert.

 

Zu Frage 5:

Ø  Bezugnehmend auf die in der Begründung angeführten Zeitungsartikel ist anzu­nehmen, dass die darin zitierten Prozentsätze und Beträge des österreichischen Anteils am künftigen ESM auch schriftlich festgehalten wurden.
a. In welcher Form wurden die Ergebnisse des Euro-Gruppen-Treffens festgehalten und den Mitgliedern des Europäischen Rates, d. h. dem Bundeskanzleramt, übermittelt.


Ø  b. In welcher Form wurden Sie vom österreichischen Teilnehmer des Euro-Gruppen-Treffens, Staatssekretär Schieder, über die Ergebnisse informiert?

 

Zu a:

Die Ergebnisse des Eurogruppentreffens vom 21. März 2011 wurden im sog. „Term Sheet“ festgehalten. Der Schlussfolgerungsentwurf enthielt bis zuletzt einen „Platzhalter“ in einem Annex zu den Schlussfolgerungen. Sämtliche Schlussfolgerungsentwürfe für den Europäischen Rat wurden von meinem Haus dem Parlament lückenlos vorgelegt.

 

Zu b:

Hinsichtlich der Information meiner Person über die Ergebnisse des Euro-Gruppen-Treffens am 21. März 2011 durch Herrn Staatssekretär Mag. Andreas Schieder, darf ich darauf hinweisen, dass der Kommunikationsfluss innerhalb der Bundesregierung gut funktioniert.

 

Zu Frage 6:

Ø  Gab es bereits vor dem Treffen am 21.3. schriftliche Vorschläge, die im Bundes­kanzleramt eingingen, wie ein Artikel des „Spiegel“ vom 21.3. nahe legt?
a. Wenn ja: Warum wurden diese nicht an das Parlament weitergeleitet?
b. Wenn nein: Auf welcher Ebene liefen die Vor-Verhandlungen und in welcher Weise wurde das Parlament darüber informiert?

 

Das seit 21. März 2011 vorliegende Term Sheet stellt eine bloße Umsetzung der bereits im Rahmen des Europäischen Rates vom 16. und 17. Dezember 2010 detailliert festge­legten Grundparameter dar. Das Bundeskanzleramt wurde über die Umsetzungs­gespräche im Wege des Bundesministeriums für Finanzen auf dem Laufenden gehalten.

 

Die Umsetzungsverhandlungen wurden im Rahmen der Eurogruppe und vorgelagerten Gremien des Wirtschafts- und Finanzausschusses der EU geführt. Das Bundeskanzler­amt ist in diesem Ausschuss nicht vertreten.

 

 

Mit freundlichen Grüßen