8081/AB XXIV. GP

Eingelangt am 31.05.2011
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BM für Justiz

Anfragebeantwortung

 

 

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BMJ-Pr7000/0091-Pr 1/2011

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

 

Zur Zahl 8195/J-NR/2011

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen haben an meine Amtsvorgängerin eine schriftliche Anfrage betreffend „Plagiate: Ein (vorsätzliches) Plagiat ist ein Betrugsversuch – derzeit ohne strafrechtlicher Konsequenzen!“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1:

Ein entsprechendes Vorhaben der früheren FBM Mag.a Bandion-Ortner ist mir nicht bekannt. Ich verweise jedoch auf meine Beantwortung der Anfrage 7976/J-NR/2011 betreffend Plagiate in aller Munde, wonach ich noch in meinem Amt als Bundesministerin für Wissenschaft und Forschung eine Arbeitsgruppe mit ExpertInnen von Hochschulen (Universitäten, Fachhochschulen, Privatuniversitäten) und der Agentur für wissenschaftliche Integrität ins Leben gerufen habe, um auszuloten, was an den Hochschulen bereits zur Plagiatsbekämpfung unternommen wird. Weiters wird diskutiert, ob es Verbesserungsbedarf gibt und wo die Hochschulen gegebenenfalls diesen Verbesserungsbedarf sehen. Ich möchte zunächst die Ergebnisse dieser Arbeitsgruppe abwarten.

Zu 2:

Kriminalstatistische Auswertungen über Strafverfahren wegen Plagiaten können weder im Wege der elektronischen Register der Verfahrensautomation Justiz (VJ) noch im Strafregister vorgenommen werden. Eine bundesweite händische Recherche in den staatsanwaltschaftlichen Tagebüchern und Gerichtsakten wäre mit einem unvertretbar hohen Verwaltungsaufwand verbunden, weshalb von dieser Abstand zu nehmen war.

Zu 3:

Von einem „Zitat“ - im Gegensatz zum Plagiat oder zur unbewussten Entlehnung eines fremden Werkes  - kann nur dann gesprochen werden, wenn mit der gänzlichen oder teilweisen Übernahme eines urheberrechtlich geschützten Werkes in ein anderes Werk erkennbar - also durch Benennung des übernommenen Werkes und seines Urhebers - der Zweck verfolgt wird, sich im Rahmen dieses anderen Werkes auf das übernommene Werk zu berufen.

Wer durch Plagiieren den geschützten Boden der freien Werknutzung verlässt, begibt sich in den Bereich der unzulässigen Eingriffe in Verwertungsrechte der Urheberin. Diese kann sich unter Zuhilfenahme der Sanktionen des III. Hauptstückes des UrhG gegen derartige Eingriffe in ihr Urheberrecht zur Wehr setzen. Voraussetzung für die Strafbarkeit einer Urheberrechtsverletzung ist jedenfalls die vorsätzliche Begehung, eine fahrlässige Begehung steht hingegen nicht unter Strafandrohung. Unter Strafandrohung stehen u.a. Verletzungen der Verwertungsrechte gemäß §§ 14 bis 18a UrhG. Wer einen derartigen Tatbestand vorsätzlich verwirklicht, hat gemäß § 91 Abs. 1 UrhG mit einer Geldstrafe von bis zu 360 Tagessätzen oder einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von bis zu sechs Monaten zu rechnen. Dasselbe Strafmaß sieht Abs. 2 leg cit für die Inhaberin oder Leiterin eines Unternehmens vor, die eine solche Verletzungshandlung durch eine ihrer Bediensteten oder Beauftragten im Betrieb ihres Unternehmens vorsätzlich nicht verhindert.

Die von § 91 UrhG erfassten Tatbestände sind als Privatanklagedelikte ausgestaltet.

Insgesamt kann daher festgehalten werden, dass bereits nach geltender Rechtsordnung eine über das Zitat hinausgehende Übernahme fremder Textpassagen („Plagiat“) in aller Regel als Urheberrechtsverletzung im Sinn des § 91 UrhG strafbar ist.

So wie andere Dienstnehmer haben auch Universitätsprofessoren Pflichten aus ihrem Dienstverhältnis zu ihren Arbeitgebern zu erfüllen. Sollte eine Verletzung von Sorgfaltspflichten vorliegen, so ist dies nach arbeits- und strafrechtlichen Bestimmungen zu beurteilen. Eine besondere strafrechtliche Sanktion für eine bestimmte Gruppe von Arbeitnehmern wäre aus meiner Sicht unter Berücksichtigung des Gleichheitsgrundsatzes eher abzulehnen.

Zu 4:

Nach der geltenden Rechtslage hat das Gericht Vermögenswerte, die für die Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung oder durch sie erlangt wurden, für verfallen zu erklären (§ 20 StGB idF BGBl. I Nr. 108/2010). Der Verfall ist u.a. dann ausgeschlossen, wenn seine Wirkung durch andere rechtliche Maßnahmen, also etwa die zivilrechtlichen Folgen der Urheberrechtsverletzung erreicht wird (Entgelt für die Werknutzung).

Soweit jedoch entsprechender Täuschungsvorsatz (§§ 146 ff. StGB) vorliegt, könnte sich der Verfall auch auf die kausalen Vermögensvorteile erstrecken 

Zu 5:

Eine Anwendung der Diversion ist im Bereich der strafbaren Urheberrechtsverletzungen ausgeschlossen, weil § 199 StPO eine solche Erledigung nur für Taten zulässt, die von Amts wegen zu verfolgen sind.

Sofern sonst ein von Amts wegen zu verfolgender strafrechtlich relevanter Sachverhalt vorliegt, ist eine diversionelle Erledigung des Strafverfahrens, sei es nach Zahlung eines Geldbetrages (§ 200 StPO), nach Erbringung gemeinnütziger Leistungen (§ 201 StPO), nach Bestimmung einer Probezeit, in Verbindung mit Bewährungshilfe und der Erfüllung von Pflichten (§ 203 StPO), oder nach einem Tatausgleich (§ 204 StPO) gemäß § 198 StPO unter den nachstehenden Voraussetzungen möglich:

Der Sachverhalt muss hinreichend geklärt sein und es muss feststehen, dass eine Zurücklegung der Anzeige nicht in Betracht kommt. Eine „herkömmliche“ Bestrafung darf im Hinblick auf diversionelle Maßnahmen nicht geboten erscheinen, um den Verdächtigen von strafbaren Handlungen abzuhalten oder der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken. Schließlich ist Diversion nur zulässig, wenn die Tat nicht den Tod eines Menschen zur Folge gehabt hat, die Schuld des Verdächtigen nicht als schwer anzusehen wäre und die strafbare Handlung nicht in die Zuständigkeit des Schöffen- oder Geschworenengerichts fällt. Bei der Prüfung der Zulässigkeit der Durchführung einer Diversion wären mögliche Vorverurteilungen sowie weitere Faktoren einzubeziehen, die alle darauf abzielen, zu entscheiden, ob eine Bestrafung nach den dargestellten Überlegungen geboten erscheint. Eine allfällige Zweckwidmung der Geldbuße, wie in der parlamentarischen Anfrage angeregt, ist nicht vorgesehen. Der im Rahmen der Diversion festgesetzte Geldbetrag ist zu Gunsten des Bundes zu entrichten (§ 200 Abs. 1 StPO).


Sonderregelungen bei einer diversionellen Erledigung nur ganz bestimmter Delikte sind unter Berücksichtigung des Gleichheitsgrundsatzes und der Prämisse eines einheitlichen Strafverfahrens eher abzulehnen.

 

Wien,      . Mai 2011

 

 

 

Dr. Beatrix Karl