8083/AB XXIV. GP
Eingelangt am 31.05.2011
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BM für Justiz
Anfragebeantwortung
BMJ-Pr7000/0092-Pr 1/2011
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Frau
Präsidentin des Nationalrates
Zur Zahl 8200/J-NR/2011
Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Johann Maier und GenossInnen haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Gerichtliche Strafverfahren nach § 168a Strafgesetzbuch im Jahr 2010“ gerichtet.
Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:
Die dieser Beantwortung zugrunde liegenden Berichte der Staatsanwaltschaften beruhen auf vom Bundesrechenzentrum zur Verfügung gestellten Registerdaten. Auf Basis dieser Daten wurden grundsätzlich jene Verfahren ausgewertet, in denen die Anzeigen im Jahr 2010 erstattet wurden. Dabei sind Mehrfachzählungen von Anzeigen aufgrund von Abtretungen bzw. Rückabtretungen von Verfahren zwischen den Staatsanwaltschaften bzw. Gerichten nicht auszuschließen. Anhand der Berichte der Staatsanwaltschaften ergibt sich folgendes Bild:
Zu 1:
Staatsanwaltschaft Wien:
„TVI Express“, „aus 1 werden tausende“, „KB Gold“, „KB Edelmetalle“, „SWEETS and CASH International Ltd.“ und „WOC-Entertainment“;
Staatsanwaltschaft Graz:
Ermittlungsverfahren gegen vier Personen wegen namentlich nicht benannter Systeme;
Staatsanwaltschaft Ried im Innkreis:
drei Anzeigen wegen namentlich nicht benannter Gewinnerwartungssysteme bzw. Pyramidenspiele aus dem Jahr 2010 sowie eine Anzeige aus dem Jahr 2009;
Staatsanwaltschaft Salzburg:
eine Anzeige hinsichtlich eines namentlich nicht benannten Systems;
Staatsanwaltschaft Wels:
eine Anzeige im Zusammenhang mit Unternehmen wie „Dubai Trading“;
Staatsanwaltschaft Innsbruck:
eine Anzeige betreffend die Teilnahme an „Schenkkreisen“.
Zu 2:
Ich gehe davon aus, dass sich diese Frage auf bei Gerichten durch Anklageerhebung anhängig gewordene Verfahren bezieht:
Landesgericht Wr. Neustadt: 1;
Landesgericht für Strafsachen Graz: 2;
Landesgericht Klagenfurt: 1;
Bezirksgericht Kufstein: 1.
Zu 3:
Im Jahr 2010 kam es zu keinen Verurteilungen wegen des Vergehens nach § 168a StGB.
Zu 4 und 5:
Sieht eine Staatsanwaltschaft von der Verfolgung einer bei ihr eingelangten Anzeige ab, wird das Strafverfahren gemäß §§ 190 ff StPO eingestellt. Das Gesetz differenziert dabei nicht zwischen Zurücklegung der Anzeige und Einstellung des Verfahrens, sodass die Fragen 4. und 5. gemeinsam beantwortet werden. Aufgrund von im Jahr 2010 erstatteten Anzeigen wurden folgende Verfahren gemäß § 190 ff StPO eingestellt:
Staatsanwaltschaft Wien: 6 (davon eine Verfahrenseinstellung nach § 191 Abs. 1 StPO),
Staatsanwaltschaft Wr. Neustadt: 1,
Staatsanwaltschaft Graz: 2,
Staatsanwaltschaft Klagenfurt: 1,
Staatsanwaltschaft Ried im Innkreis: 4 (davon ein Verfahren betreffend eine Anzeige aus dem Jahr 2009),
Staatsanwaltschaft Wels: 1,
Staatsanwaltschaft Innsbruck: 1.
Zu 6:
In der folgenden Auflistung wurden jene staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren, die gemäß § 197 StPO abgebrochen wurden, weil die Person des Täters oder der Aufenthalt des Beschuldigten nicht bekannt sind, nicht berücksichtigt:
Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt: 1 (betreffend eine Anzeige aus dem Jahr 2009),
Staatsanwaltschaft Eisenstadt: 1,
Staatsanwaltschaft Salzburg: 2 (davon ein Verfahren, in dem die deutschen Behörden um Übernahme der Strafverfolgung ersucht wurden).
Zu 7:
Im Jahr 2010 führten die Staatsanwaltschaften im anfragegegenständlichen Bereich keine diversionellen Maßnahmen durch.
Zu 8:
Ich gehe davon aus, dass sich diese Frage auf bei Gerichten durch Anklageerhebung anhängig gewordene Verfahren bezieht. Aufgrund von im Jahr 2010 erstatteten Anzeigen ist nach den mir vorliegenden Informationen derzeit kein Gerichtsverfahren (mehr) anhängig.
Zu 9:
Bei der Staatsanwaltschaft Graz ist seit 2008 gegen Veranstalter mit Sitz in der Schweiz ein Strafverfahren anhängig.
Zu 10:
Auch in Ansehung von Veranstaltern, die zur Tatbegehung das Internet nutzen, haben die Staatsanwaltschaften die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens zu prüfen. Soweit mir berichtet wurde, hatte jedoch kein im Jahr 2010 anhängiges Verfahren ein Pyramidenspiel im Internet zum Gegenstand.
Zu 11 und 12:
Zunächst darf ich zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Beantwortung der Anfrage Zl. 5050/J-NR/2010 verweisen.
Die Staatsanwaltschaften berichteten im Zusammenhang mit „Schenkkreisen“ wie folgt:
Staatsanwaltschaft Wr. Neustadt: ein Verfahren, das bereits im Jahr 2008 eingestellt wurde;
Staatsanwaltschaft Eisenstadt: ein Verfahren gegen sieben Beschuldigte, das an die Staatsanwaltschaft Graz abgetreten wurde;
Staatsanwaltschaft Graz: ein noch nicht abgeschlossenes Ermittlungsverfahren gegen 62 Beschuldigte wegen eines Schenkkreises aus dem Raum Voitsberg ;
Staatsanwaltschaft Ried im Innkreis: zwei Anzeigen aus den Jahren 2009 und 2010; diese Strafsachen wurden zufolge Einstellung der Verfahren nicht gerichtsanhängig;
Staatsanwaltschaft Innsbruck: ein Verfahren betreffend die Teilnahme an „Schenkkreisen“, das zufolge Einstellung nicht gerichtsanhängig wurde.
Zu 13:
Den mir vorliegenden Berichten zufolge ist der Schweizer Schenkkreis „Spirit of Independence“ den Staatsanwaltschaften bislang nicht bekannt geworden.
Zu 14:
Da Werbeveranstaltungen für Schenkkreise in Deutschland nicht in meine Zuständigkeit fallen, ersuche ich um Verständnis, dass ich von einer Stellungnahme dazu Abstand nehme.
Zu 15 und 16:
Im Zusammenhang mit einem Schenkkreis im Lungau verweise ich zunächst auf die Beantwortung der Anfrage Zl. 5050/J-NR/2010.
Nach dem mir vorliegenden Bericht hat die Staatsanwaltschaft Salzburg nach Einlangen der Ergebnisse ergänzender Ermittlungen am 21. September 2010 das inzwischen gegen 72 Beschuldigte geführte Ermittlungsverfahren am 28. September 2010 in Bezug auf 20 Beschuldigte und am 12. Oktober 2010 in Bezug auf weitere 19 Beschuldigte gemäß § 190 Z 2 StPO eingestellt, sodass derzeit gegen 33 Beschuldigte weiter ermittelt wird. Der Akt befindet sich derzeit beim Haft- und Rechtschutzrichter des Landesgerichtes Salzburg zur Entscheidung über Einstellungsanträge gemäß § 108 StPO.
Zu 17:
Das derzeit gegen 40 Beschuldigte anhängige Ermittlungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen. Im März 2011 wurde eine Hausdurchsuchung durchgeführt und eine Person festgenommen. In Teilbereichen steht eine Enderledigung unmittelbar bevor. Im Übrigen ersuche ich jedoch um Verständnis, dass ich im Hinblick auf die Nichtöffentlichkeit des Ermittlungsverfahrens keine weiteren Details bekannt geben kann.
Zu 18:
Aus der Praxis der Staatsanwaltschaften wird über Probleme bei der Ausforschung der Verantwortlichen sowie über die Verjährung von Sachverhalten berichtet.
Wien, . Mai 2011
Dr. Beatrix Karl