8129/AB XXIV. GP
Eingelangt am 03.06.2011
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BM für Inneres
Anfragebeantwortung
Frau
Präsidentin des Nationalrates
Mag. Barbara Prammer
Parlament
1017 Wien
GZ: BMI-LR2220/0342-II/10/a/2011
Wien, am . Mai 2011
Die Abgeordnete zum Nationalrat Mag. Korun, Freundinnen und Freunde haben am 4. April 2011 unter der Zahl 8216/J an meine Vorgängerin Dr. Maria Fekter eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend „Vorgehen der Polizei gegen einen Journalisten“ gerichtet.
Diese Anfrage beantworte ich nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:
Zu Frage 1:
Es lagen die Tatbestände wegen Verdachtes der Vergehen nach den §§ 84 und 269 Strafgesetzbuch (StGB) zugrunde.
Zu Frage 2:
Bei der amtsärztlichen Untersuchung wurden vom Festgenommenen Schmerzen am rechten Schultergürtel angegeben; sichtbare Verletzungen konnten vom Amtsarzt nicht festgestellt werden.
Zu Frage 3:
Der Umgang der Exekutive mit Medienmitarbeitern/-rinnen ist im Medienerlass des Bundesministeriums für Inneres vom 4.8.2006, GZ: BMI-ID1400/0080-I/5/2006, unter Punkt 5 – „Anwesenheit von Medienmitarbeitern am Ort des Einschreitens und in Amtsgebäuden sowie Mitfahrt in Dienstkraftfahrzeugen“ - geregelt:
„Über die Anwesenheit von Medienmitarbeitern am Ort des Einschreitens entscheidet der Leiter der Amtshandlung. Er hat ihre Tätigkeit soweit einzuschränken, als dies notwendig ist, um ihre eigene Sicherheit und jene der Bediensteten gewährleisten zu können und um die erfolgreiche Durchführung der Amtshandlung sicherzustellen.
Liegt der Tatort nicht an einer allgemein zugänglichen Stelle, so darf der Leiter der Amtshandlung den Medienmitarbeitern den Zutritt erst dann gestatten, wenn er sich davon überzeugt hat, dass auch der Verfügungsberechtigte zustimmt. Ist kein Verfügungsberechtigter anwesend, so darf der Zutritt nicht gewährt werden.
In Amtsgebäuden dürfen Medienmitarbeiter bei Amtshandlungen nur mit Zustimmung des Leiters der Dienststelle anwesend sein.
Die Erteilung der Zustimmung zu Bild-, Film-, Fernseh- und Hörfunkaufnahmen im Bereich von Dienststellen des Wachkörpers Bundespolizei oder der Sicherheitsbehörden obliegt dem Leiter der jeweiligen Dienststelle oder der Ermittlungseinheit sowie dem Leiter einer Amtshandlung oder einem von diesem ermächtigten Beamten. Sie kann erteilt werden, sofern es sich um Bilder, Situationsberichte, Filmen des Verkehrsflusses oder die routinemäßige Vornahme von Kontrolltätigkeiten handelt und dienstliche Interessen nicht entgegenstehen. Ansonsten ist eine Entscheidung der jeweiligen Pressestelle einzuholen.
Die Mitfahrt von Medienmitarbeitern in Dienst-Kraftfahrzeugen ist nur mit Zustimmung der jeweiligen Pressestelle (Stabsabteilung des Landespolizeikommandos oder Pressestelle der Bundespolizeidirektion oder der Sicherheitsdirektion) gestattet. Eine Zustimmung ist erst einzuholen, nachdem der Medienmitarbeiter schriftlich auf die Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche für Schäden, die er oder das Medienunternehmen während der Fahrt mit dem Dienst-Kraftfahrzeug erleidet, verzichtet hat.
In dieser Verzichtserklärung muss ein Hinweis auf die besondere Gefahrengeneigtheit der bevorstehenden Tätigkeit der Exekutive enthalten sein (siehe beiliegendes Formblatt).“
In die Dienstanweisung „Medien- und Öffentlichkeitsarbeit“ der Bundespolizeidirektion Wien vom 12.3.2009, AZ: 57389/1/2009, wurde folgende Regelung aufgenommen:
IX.7. Anwesenheit von Medienmitarbeitern am Tatort
Über die Anwesenheit von Medienmitarbeitern in unmittelbarer Nähe des Tatortes entscheidet der Leiter der Amtshandlung oder die Mitarbeiter der Pressestelle vor Ort. Er hat die Tätigkeit von Medienmitarbeitern insoweit einzuschränken, als dies notwendig ist, um ihre eigene Sicherheit und jene der Bediensteten gewährleisten zu können und um die erfolgreiche Durchführung der Amtshandlung sicherzustellen. Ansonsten ist es Medienvertretern unbenommen, polizeiliche Amtshandlungen, die an öffentlichen Orten durchgeführt werden, zu beobachten und zu filmen.
Liegt der Tatort nicht an einer allgemein zugänglichen Stelle, so darf den Medienmitarbeitern der Zutritt erst dann gestattet werden, wenn der Verfügungsberechtigte zustimmt. Ist kein Verfügungsberechtigter erreichbar, so darf kein Zutritt gewährt werden.
Treten Medienvertreter bei Amtshandlungen auf, so ist unbedingt auf einen ausreichenden Abstand von der Amtshandlung zu dringen, der die Persönlichkeitsrechte der/des Betroffenen und die Beachtung der Amtsverschwiegenheit gewährleistet.
Zu den Fragen 4 und 5:
Ja.
Zu Frage 6:
Der Journalist hat die Amtshandlung behindert und versucht, gewaltsam zum Festgenommenen vorzudringen.
Zu den Fragen 7 und 8:
Nein.
Zu den Fragen 9 und 10:
Von der Beamtin wurde versucht, den Mann zurückzudrängen, da er trotz Aufforderung, dies zu unterlassen, weiter versuchte, sich gewaltsam an der Beamtin vorbeizudrängen, um zum Festgenommenen zu gelangen. Die Beamtin war gemäß § 33 Sicherheitspolizeigesetz berechtigt, einen gefährlichen Angriff (Versuch des gewaltsamen Vordringens zum Festgenommenen) durch Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt zu beenden. Sie forderte den vordringenden Mann mehrmals auf, dies zu unterlassen. Erst dann versuchte sie ihn zurückzudrängen. Die Ausübung von Zwangsgewalt wurde von der Beamtin nach den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit vorgenommen.
Zu den Fragen 11, 12 und 13:
Es wurde jeweils das gelindeste Mittel gegen einen Mann, der die uniformierte Polizeibeamtin zurückdrängte und gewaltsam versuchte, zu dem Festgenommenen zu gelangen, eingesetzt. Der Journalist steht im Verdacht, durch seine Handlungen das Vergehen des versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt verwirklicht zu haben.
Da sämtliche alternativen Vorgangsweisen (mehrmalige Aufforderungen das Vordrängen zu unterlassen, Versuch den Mann zurückzuschieben) sich als wirkungslos erwiesen hatten und der Einsatz des Hundes angedroht und angekündigt worden war, erfolgte als letzte Konsequenz der Waffengebrauch durch drei kurze Maulkorbattacken mit dem Diensthund gegen Oberschenkel- und Bauchbereich des Angreifers, um den rechtswidrigen Angriff des Mannes zu beenden. Die Beamtin war zu diesem Zeitpunkt vom Angreifer bereits zurückgedrängt worden. Die Maßnahme wurde sofort nach Erreichung des Zwecks beendet.
Der Einsatz eines Diensthundes mit angelegtem Maulkorb stellt keinen scharfen Einsatz im Sinne des § 10 Waffengebrauchsgesetz dar, sondern ist als Einsatz alternativer Mittel gemäß § 9 Waffengebrauchsgesetz zu beurteilen. Der Waffengebrauch des Diensthundes wurde nach Prüfung durch das Rechtsbüro der Bundespolizeidirektion Wien als gerechtfertigt eingestuft. Der Waffengebrauchsakt wird auch der Staatsanwaltschaft Wien zur rechtlichen Beurteilung vorgelegt werden.
Zu Frage 14:
Eine solche Ausdrucksweise entspricht generell nicht der Richtlinienverordnung und ist nicht Ausdrucksweise der Wiener Polizei.
Zu den Fragen 15 bis 17:
Die Bundespolizeidirektion Wien wurde von der zuständigen Fachabteilung im Bundesministerium für Inneres mit der Prüfung des Sachverhaltes beauftragt. In der Bundespolizeidirektion Wien wurde ein Beschwerdeakt angelegt, nachdem das Video vom Büro für Besondere Ermittlungen (BBE) im Hinblick auf strafbare Handlungen der beteiligten Polizeibeamten gesichtet worden war. Nach Feststellung durch das BBE, dass aufgrund des Sachverhalts keine strafbaren Handlungen der beteiligten Polizeibeamten erkennbar waren, wurde das Landespolizeikommando zur Prüfung möglicher Verletzungen dienstrechtlicher Vorschriften beauftragt.
Unabhängig davon hat die Bundespolizeidirektion Wien der Staatsanwaltschaft Wien (37-020 St 126/2011h) am 12.4.2011 einen Anlassbericht übermittelt.