8156/AB XXIV. GP
Eingelangt am 07.06.2011
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Bundeskanzler
Anfragebeantwortung
An die
Präsidentin des Nationalrats
Maga Barbara PRAMMER
Parlament
1017 W i e n
GZ: BKA-353.110/0085-I/4/2011
Wien, am 7. Juni 2011
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Korun, Kolleginnen und Kollegen haben am 7. April 2011 unter der Nr. 8259/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend offene Menschenrechtsempfehlungen des UN-Menschenrechtsrats gerichtet.
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu den Fragen 1 und 2:
Ø Wieso ist geplant, die Empfehlung Aserbaidschans Nr. 93.7 „die Aufnahme von sozialen Grundrechten in die Verfassung zu beschleunigen“, abzulehnen?
Ø Welche konkreten Schritte werden Sie setzen, um die Stärkung der sozialen Grund- und Menschenrechte voranzutreiben bzw. ist auch eine weitergehende verfassungsrechtliche Verankerung geplant?
Die Aufnahme eines Katalogs sozialer Rechte in die Bundesverfassung ist in Österreich seit langem Gegenstand intensiver verfassungspolitischer Diskussion. Ein Konsens scheint aus heutiger Sicht dennoch nicht absehbar. Es ist jedoch hervorzuheben, dass ungeachtet dessen, dass die österreichische Bundesverfassung nur einzelne explizite soziale Grundrechte enthält, auf einfachgesetzlicher Ebene ein dichtes Netz sozialer Ansprüche gewährleistet ist. Darüber hinaus ist Österreich bei Durchführung des Rechts der Europäischen Union an die EU-Grundrechte-Charta gebunden, die zahlreiche soziale Rechte ausdrücklich gewährleistet.
Zu Frage 3:
Ø Wieso ist geplant, die Empfehlung Malaysiens Nr. 93.15 „Zusammenfassung der bestehenden Ombudsmann-Einrichtungen und -Mechanismen in eine einheitliche Nationale Menschenrechtsinstitution im Einklang mit den Pariser Prinzipien“, abzulehnen?
In den Zuständigkeitsbereich des Bundeskanzleramts fällt lediglich die Vorbereitung von Rechtsakten in Bezug auf die Volksanwaltschaft. Im Übrigen halte ich fest, dass sich die Spezialisierung verschiedener Ombuds-Einrichtungen in Österreich bewährt hat. Ferner weise ich darauf hin, dass im Zuge einer kürzlich zur Begutachtung versandten B-VG Novelle zur Durchführung des OPCAT eine Konzentration von Zuständigkeiten im Menschenrechtsbereich geplant ist.
Zu Frage 4:
Ø Welche Alternativen sehen Sie die bestehenden Ombudsmann-Einrichtungen und Mechanismen in ihrer Unabhängigkeit, aber auch in ihren Ressourcen zu stärken?
Soweit diese Frage Angelegenheiten anspricht, die in den Zuständigkeitsbereich des Bundeskanzleramts fallen, weise ich darauf hin, dass die Unabhängigkeit der Volksanwaltschaft verfassungsgesetzlich gewährleistet ist.
Zu Frage 5:
Ø Weshalb ist geplant, die Empfehlung Honduras Nr. 93.19 „die Ressourcen der Gleichbehandlungsanwaltschaft aufzustocken“, abzulehnen?
Wie bereits in der Stellungnahme zum Universal Periodic Review (UPR-Prozess) festgestellt, sind die Ressourcen der Gleichbehandlungsanwaltschaft ausreichend und daher im Rahmen der Personalplanung des Bundeskanzleramtes eine Aufstockung der personellen Ressourcen und eine Erhöhung der finanziellen Mittel der Gleichbehandlungsanwaltschaft in den nächsten Jahren nicht vorgesehen.
Zu Frage 6:
Ø Welche Pläne haben Sie, um die Zusammenarbeit zwischen den Gleichbehandlungsstellen zu fördern?
In den Gleichbehandlungsberichten, zuletzt in jenem für die Jahre 2008/2009, http://www.gleichbehandlungsanwaltschaft.at/DocView.axd?CobId=42115, hat die Gleichbehandlungsanwaltschaft die besondere Wichtigkeit der nationalen und internationalen Vernetzung mit Einrichtungen, die sich für Gleichbehandlung und gegen Diskriminierung einsetzen oder allgemein im Menschenrechtsbereich tätig sind, unterstrichen.
Die Kooperation mit MultplikatorInnen, wie Interessenvertretungen, NGOs, Beratungseinrichtungen und Menschenrechtsinstitutionen dient dazu, das Gleichbehandlungsgebot bekannter zu machen und gleichzeitig mehr diskriminierungsgefährdete Menschen über ihre Rechte zu informieren. In regelmäßigen Abständen gibt es daher Treffen beispielsweise mit GleichbehandlungsexpertInnen aus Arbeiterkammern, Fachgewerkschaften, mit RichterInnen und Gleichbehandlungsbeauftragten, den Landesgleichbehandlungsstellen sowie mit NGOs.
Ebenso wie die nationale Zusammenarbeit wird auch die internationale Kooperation, etwa mit Equinet – dem Netzwerk der Europäischen Gleichstellungsstellen, dem Gender-Equality-Bodies-Network der Europäischen Kommission und mit EIGE – dem Europäischen Institut für die Gleichstellung der Geschlechter, fortgeführt und intensiviert.
Zu den Fragen 7 bis 9:
Ø Wie werden Sie sicherstellen, dass Österreich eine den Pariser Prinzipien und somit „Status A“ entsprechende nationale Menschenrechtsinstitution etabliert?
Ø Wieso ist geplant, die Empfehlung Spaniens Nr. 93.16 die „Konformität der nationalen Menschenrechtsinstitution – der Volksanwaltschaft – mit den Pariser Prinzipien zu erhöhen“, abzulehnen?
Ø Wann und wie wird die vollständige Entsprechung der Volksanwaltschaft mit den Pariser Prinzipien verwirklicht?
Neben den primär für den Menschenrechtsschutz verantwortlichen Gerichten trägt die Volksanwaltschaft, deren Unabhängigkeit verfassungsrechtlich garantiert ist, wesentlich zur Umsetzung und Gewährleistung der Menschenrechte bei. Ihr Aufgabenbereich soll weiter ausgebaut und auch auf die Überprüfung von Verletzungen von Menschenrechten allgemein ausgedehnt werden. Sie wird damit wesentliche Aufgaben einer nationalen Menschenrechtsinstitution wahrnehmen.
Zu Frage 10:
Ø Wieso ist geplant, die Empfehlung Namibias Nr. 93.21 „eines nationalen Aktionsplans für Menschenrechte, insbesondere den Aspekt gegen Intoleranz vorzugehen“, abzulehnen?
Spezifische Nationale Aktionspläne zu einzelnen Themenbereichen, wie sie in Österreich bestehen, sind wirksamer als ein allgemein gehaltener Aktionsplan für Menschenrechte; ein solcher wird daher nicht in Aussicht genommen. Auch ein Nationaler Aktionsplan gegen Rassismus ist nicht geplant, da Österreich bereits zahlreiche konkrete Maßnahmen in diesem Bereich setzt, die u.a. im Nationalen Aktionsplan Integration vorgesehen sind.
Zu Frage 11:
Ø Welche anderen, konkreten Schritte planen Sie, um gegen die vom Menschenrechtsrat konstatierte Intoleranz und Fremdenfeindlichkeit vorzugehen?
Ich weise darauf hin, dass im Rahmen der Universellen Periodischen Menschenrechtsprüfung nicht der UN-Menschenrechtsrat Defizite festgestellt hat, sondern dass verschiedene Staaten Empfehlungen zur weiteren Verbesserung der menschenrechtlichen Situation in Österreich abgegeben haben. Im Übrigen weise ich auf den Nationalen Aktionsplan Integration hin, der u.a. auch Maßnahmen des Bundeskanzleramtes enthält.
Zu Frage 12:
Ø Wieso ist geplant, die Empfehlung Sloweniens Nr. 93.53 „die finanzielle Unterstützung für die slowenische Minderheit in Kärnten und der Steiermark zu erhöhen“, abzulehnen?
In den letzten Jahren wurde die finanzielle Unterstützung für interkulturelle Dialogprojekte der sechs autochthonen Volksgruppen, mit der unter anderem auch Projekte aus der slowenischen Volksgruppe unterstützt werden konnten, erhöht. Eine Ausweitung der Förderung ist derzeit aus budgetären Gründen nicht möglich. Ich weise aber darauf hin, dass im Budgetbereich des Bundeskanzleramtes die Volksgruppenförderung sowie die Frauenförderung trotz Konsolidierungshaushalts anders als sämtliche andere Budgetansätze nicht gekürzt wurden.
Zu den Fragen 13 und 14:
Ø Wieso ist geplant, die Empfehlung Sloweniens Nr. 93.54 „die finanzielle Unterstützung für die slowenisch-sprachige Musikschule in Kärnten auf Basis derselben Kriterien wie der deutschsprachigen Musikschule zu stellen“, abzulehnen?
Ø Welche konkreten Schritte planen Sie, um die, vom Menschenrechtsrat monierte Ungleichbehandlung in Bezug auf finanzielle Unterstützung der slowenischen Minderheit in Kärnten und der Steiermark, inklusive der slowenisch-sprachigen Musikschule in Kärnten, auszugleichen?
Zu der Empfehlung Sloweniens betreffend die slowenisch-sprachige Musikschule in Kärnten weise ich darauf hin, dass das Musikschulwesen in die Kompetenz der Länder fällt.
Österreich nimmt diese Empfehlung an. Die Finanzierung dieser Musikschule wird jedoch durch den Bund und das Land Kärnten sichergestellt. Darüber hinaus wird angestrebt, die Finanzierung und Organisationsstrukturen systemisch zu lösen.
Mit freundlichen Grüßen