8176/AB XXIV. GP

Eingelangt am 10.06.2011
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BM für Inneres

Anfragebeantwortung

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag. ª  Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

 

GZ: BMI-LR2220/0328-II/3/2011

Wien, am  7. Juni 2011

 

Die Abgeordnete zum Nationalrat Korun, Freundinnen und Freunde haben am 13. April 2011 unter der Zahl 8290/J an meine Vorgängerin Dr. Maria Fekter eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend „Abschiebeversuch trotz psychischen Ausnahmezustands, Familie P.“ gerichtet.

 

Diese Anfrage beantworte ich nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Zu den Fragen 1 bis 3:

Angemerkt wird, dass die österreichische Rechtsordnung keinen „Bescheid über die Abschiebung“ kennt. Kein Mitglied der Familie P. wurde in Schubhaft genommen, schon auch aus diesem Grunde wurde kein Schubhaftbescheid zugestellt.

 

Sollte mit der verwendeten Formulierung die Information über den Abschiebetermin gemäß § 67 Abs. 4 Fremdenpolizeigesetz (FPG) gemeint sein, darf ich Ihnen mitteilen, dass diese Information der Rechtsvertreterin Frau Klaric/Verein Purple Sheep am 4. März 2011, um   12:19 Uhr, per E-Mail übermittelt und gleichzeitig per Post mittels RSa-Brief an die Mitglieder der Familie P. abgesandt wurde.


In dieser Information zur Ausreise gemäß § 67 Abs. 4 FPG war als Termin der Überstellung nach Polen der 9. März 2011 angeführt.

Obwohl diese Briefe mit dem Vermerk „unbehoben“ der Behörde retourniert wurden, ist davon auszugehen, dass die Betroffenen vom Abschiebetermin in Kenntnis waren.

 

Die Ausweisungsentscheidung wurde am 26. Februar 2010 vom Asylgerichtshof erlassen. Zu diesem Zeitpunkt war der Fremdenpolizei über den Gesundheitszustand von Frau P. nichts bekannt.

 

Zu den Fragen 4 und 7:

Am 6. März 2011, um 21:40 Uhr, wurde von der Rechtsvertreterin Frau Klaric per E-Mail der Bundespolizeidirektion Wien, Fremdenpolizeiliches Büro, bekannt gegeben, dass Frau P. psychische Probleme habe.

 

Darüber hinaus sind keine weiteren Kontaktversuche durch Frau Klaric aktenkundig. Es bestand somit kein Anlass, die Amtshandlung nicht durchzuführen, zumal bei der versuchten Festnahme auch ein Amtsarzt zur Feststellung allfälliger gesundheitlicher Hinderungsgründe, die einer Festnahme entgegengestanden wären, beigezogen worden war.

 

Zu den Fragen 5, 6 und 8:

Das Fremdenpolizeiliche Büro der Bundespolizeidirektion Wien erlangte erstmals am 8. März 2011 Kenntnis darüber, dass Frau P. aufgrund eines angeblichen Suizidversuches in ein Spital eingewiesen worden war.

 

Diese Auskunft wurde den einschreitenden Beamten von Frau Klaric im Zuge der Amtshandlung mitgeteilt. Die Abschiebung wurde daraufhin im Lichte des § 46 Abs. 4 FPG iV Art. 8 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK), wonach deren Auswirkung auf das Familienleben der betroffenen Fremden so gering wie möglich zu halten ist, abgebrochen.

 

Zu Frage 9:

Ja, am 9. März 2011, um 10:16 Uhr, wurden per E-Mail Abschriften der Krankengeschichte vom Otto Wagner Spital angefordert.

 

Zu den Fragen 10 bis 12:

Die Anforderung der Unterlagen erfolgte durch den Vorstand des Fremdenpolizeilichen Büros unter Hinweis auf § 17 Abs. 4 des Wiener Krankenanstaltengesetzes. Der Amtsarzt wurde als Amtssachverständiger im Sinne des § 52 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) von der Behörde herangezogen und diente dessen Untersuchung der Feststellung einer im Anschluss an einen stationären Spitalsaufenthalt allfällig gegebenen Transportfähigkeit.

 

Eine „Doppeluntersuchung“ liegt nicht vor, weil die Untersuchung durch den Amtsarzt aus einem anderen Blickwinkel als jene des Psychiaters erfolgte.