8195/AB XXIV. GP
Eingelangt am 17.06.2011
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BM für Gesundheit
Anfragebeantwortung

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Frau Präsidentin des Nationalrates Mag.a Barbara Prammer Parlament 1017 Wien |
Alois Stöger Bundesminister
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GZ: BMG-11001/0161-II/A/9/2011
Wien, am 15. Juni 2011
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische
Anfrage Nr. 8307/J der Abgeordneten Windbüchler-Souschill, Grünewald, Freundinnen und Freunde nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:
Zur vorliegenden Anfrage ist einleitend Folgendes festzuhalten: Für die Errichtung und den Betrieb von MedAustron ist die eigens dafür gegründete Errichtungs- und Betriebsgesellschaft (EBG MedAustron GmbH) verantwortlich, deren mittelbarer Alleineigentümer - wie auch im RH-Bericht festgehalten wird - das Land Niederösterreich ist. Auf Bundesebene fällt die Einrichtung in die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung (BMWF); das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) war lediglich im Rahmen des UVP-Verfahrens mitwirkende Behörde im Sinne des UVP-G 2000 (der betreffende Teilchenbeschleuniger ist UVP-pflichtig). Die Finanzierung von MedAustron erfolgt durch langfristige Kredite sowie durch Zuschüsse des Landes Niederösterreich, des Bundes (BMWF) und der Stadt Wiener Neustadt. Zu den Fragen im Einzelnen, soweit diese den Wirkungsbereich meines Ressorts betreffen, darf ich Folgendes ausführen:
Frage 1:
Nach den dem Bundesministerium für Gesundheit vorliegenden Informationen gibt es mit MedAustron vergleichbare Einrichtungen in Deutschland, Italien, Russland, in den USA, in Südafrika und Japan. Studien oder Schätzungen zur Anzahl von Patient/inn/en liegen meinem Ressort nicht vor.
Frage 2:
Welche Tumorerkrankungen in Zukunft erfolgreich mit Protonen oder Ionen behandelt werden können, lässt sich derzeit nicht mit Sicherheit sagen. In Frage kommt primär die Behandlung von Patient/inn/en, bei denen das Tumorwachstum mit konventioneller Strahlentherapie nicht zu stoppen ist, weil die erforderliche Strahlendosis aus technischen oder sonstigen Gründen nicht verabreicht werden kann. Insbesondere gilt dies für tief liegende Tumore, für stark strahlungsresistente Tumore und für Tumore, die in der Nähe von sehr strahlenempfindlichen Geweben liegen (z.B.: Auge, Sehnerv, Darm). Für einige Krebsarten (z.B.: Chordome und Chondrosarkome der Schädelbasis) konnte bereits belegt werden, dass die Ionentherapie bessere Ergebnisse als die konventionelle Photonentherapie liefert. Für viele andere Krebsarten (z.B.: bestimmte Tumore der Prostata, der Leber, der Lunge sowie Tumore bei Kindern) werden wegen der strahlenphysikalischen und strahlenbiologischen Eigenschaften der Protonen- bzw. Ionenstrahlung bessere Ergebnisse erwartet.
Bei Kindern ist es besonders wichtig, Langzeitnebenwirkungen von Strahlentherapien, wie Wachstums- und Entwicklungsstörungen sowie die Entstehung von Zweittumoren zu vermeiden. Dies ist mit der Protonen- bzw. Ionentherapie sehr gut möglich. Insbesondere kann diese Therapieform im Kindesalter bei Hirntumoren und Weichteiltumoren angewendet werden.
Wie viele Krebserkrankungen, für die eine Protonen- bzw. Ionentherapie in Frage kommt, jährlich in Österreich diagnostiziert werden, kann nicht genau angegeben werden. Insbesondere auch deshalb, weil sich das Anwendungsspektrum mit den im Laufe der Zeit gewonnen Erkenntnissen noch ändern kann. Derzeitigen wissenschaftlichen Schätzungen zufolge könnten etwa 5 bis 10 Prozent aller Krebspatient/inn/en von einer Strahlentherapie mit Protonen oder Ionen profitieren.
Frage 3:
Diese Frage betrifft keinen Gegenstand der Vollziehung meines Ressorts; im Übrigen verweise ich auf meine einleitenden Ausführungen.
Frage 4:
Gemäß dem Österreichischen Strukturplan Gesundheit (ÖSG) erfolgt die Planung betreffend strahlentherapeutische Versorgung im Rahmen der regionalen Detailplanungen auf Ebene der Bundesländer. Die entsprechenden Vorgaben sind von den Landes-Gesundheitsplattformen verbindlich festzulegen und im ÖSG darzustellen.
Bislang sind dem BMG bzw. der Bundesgesundheitsagentur seitens des Landes Niederösterreich weder entsprechende Detailplanungen zur Kenntnis gebracht worden noch wurde ein Antrag auf Darstellung von MedAustron im ÖSG gestellt. Allerdings ist MedAustron im derzeitigen Stadium primär als Forschungseinrichtung zu sehen bzw. ist derzeit eine allfällige allgemeine Versorgungswirksamkeit für niederösterreichische bzw. österreichische Patient/inn/en noch nicht hinreichend geklärt. Im Zusammenhang mit dem ÖSG ist die Einrichtung daher unter der sogenannten „Universitätsklausel“ (ÖSG 2010, Seite 101) zu subsumieren, wonach Großgeräte, die ausschließlich bzw. in hohem Maße der universitären Lehre und Forschung dienen, vom Großgeräteplan nicht erfasst sind.
Fragen 5 und 8:
Wie der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger ausführt, kann es sich bei diesen Behandlungen um Therapien handeln, die mit einem nicht unbeträchtlichen Risiko für die Patient/inn/en verbunden sein können (die Anfrage erwähnt selbst das Thema strahlensensibler Organe). Vor diesem Hintergrund wären die meisten der Therapien an Patientinnen und Patienten während eines stationären Aufenthaltes durchzuführen.
Alle Leistungen an einer Patientin bzw. einem Patienten während eines stationären Aufenthaltes sind mit den Pauschalzahlungen an die Landesgesundheitsfonds nach § 477f ASVG abgegolten. Die Annahme der Betreiber, wonach der Großteil der Patient/inn/en ambulant behandelt wird, ist für den Hauptverband nicht nachvollziehbar.
Dem Hauptverband sind derzeit noch keine Tarife ausländischer Versicherungsträger für vergleichbare Leistungen bekannt. Aufschlüsse konnten bis dato weder durch Evaluierungen von Kostenerstattungen für Behandlungen im Ausland noch durch (informelle) Kontakte mit ausländischen Versicherungsträgern erzielt werden. Da - wie die Anfrage selbst ausführt - die Errichtungskosten nicht limitiert sind, ist es nicht möglich, Zahlen oder auch nur Schätzungen zum Thema der genannten Beträge zu nennen, weil grundlegende Kalkulationsansätze hierfür noch offen sind.
Fragen 6 und 7:
Meinem Ressort liegen keine diesbezüglichen Informationen vor, ich darf auch hier auf meine grundsätzlichen Ausführungen in der Einleitung verweisen.