8200/AB XXIV. GP

Eingelangt am 17.06.2011
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BM für Wissenschaft und Forschung

Anfragebeantwortung

 

 

BM

 

 

 

 

 

 

 

                                                            BMWF-10.000/0127-III/4a/2011

               

 

Frau                                                                                                                              

Präsidentin des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

 

Wien, 16. Juni 2011

 

 

 

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 8308/J-NR/2011 betreffend MedAustron in
Wiener Neustadt (Niederösterreich), die die Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill,
Kolleginnen und Kollegen am 19. April 2011 an meine Amtsvorgängerin richteten, wird wie folgt beantwortet:

 

 

Zu Frage 1:

Empfänger aller bisherigen Zahlungen des Bundes für MedAustron unter VA-Ansatz 1/31188 war die Errichtungs- und Betriebsgesellschaft (EBG) MedAustron GmbH, die im mittelbaren Alleineigentum des Landes Niederösterreich steht:

 

 

bisher vom BMWF bezahlt

2009

€ 1,202.404,--

2010

€ 2,730.398,74

2011

€ 1,317.103,96

Gesamt

€ 5,249.906,70

Der Bund vertreten durch das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung finanziert gemäß der Grundvereinbarung maximal 35,16 % der abgerechneten Gesamterrichtungs-kosten (Deckelung) – allerdings nur Errichtungskosten, die der nichtklinischen Forschung
zurechenbar sind – und in Summe maximal 41 Mio. €.

 

Zu Frage 2:

Bei den Betriebskosten muss zwischen den Kosten des Gesamtbetriebes und den Betriebs-kosten des Bereiches der nichtklinischen Forschung unterschieden werden. Das Bundes-ministerium für Wissenschaft und Forschung wird nur die Kosten für die Zurverfügungstellung der Strahlnutzung, die der nichtklinischen Forschung zurechenbar sind, in der Höhe von maximal 5,5 Mio. € jährlich ab Inbetriebnahme abgelten. Die Ursachen unrichtiger Ermittlungen oder Kolportagen sind nicht bekannt.

 

Zu Frage 3:

Die Kosten des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung für den Endausbau und für den laufenden Betrieb bedürfen für den Bund keiner Schätzung, weil der Bund nicht
Betreiber der Anlage ist und auch nicht das unternehmerische Risiko trägt. Die Kosten des Ressorts für den laufenden Betrieb werden 14 Jahre lang maximal 5,5 Mio. € jährlich
betragen. Dieser Wert kann theoretisch unterschritten werden.

 

Zu Frage 4:

Vor dem Hintergrund der politischen Grundvereinbarung vom Mai 2006 ist der Kostenteilungs-schlüssel evident und bedarf keinerlei Studien. Der Bund – vertreten durch das Bundes-ministerium für Wissenschaft und Forschung – trägt maximal 118 Mio. € an Kosten verteilt auf die Errichtungsphase (41 Mio. €) und die Betriebsphase in der Dauer von 14 Jahren
(5,5 Mio. €  x 14 =  77 Mio. €).

 

Die Kosten der Krankenbehandlung sozialversicherter Patient/innen fallen im Bereich der Krankenversicherung an, sind in abstracto bereits gesetzlich in § 131b ASVG determiniert und ressortieren überdies nicht in den Zuständigkeitsbereich meines Ressorts.

 

Zu Frage 5:

Für die nichtklinische Forschung sind Montag bis Freitag jeweils 8 Nachtstunden (von 22:00 bis 6:00 Uhr) und die Wochenenden zur Gänze (48 Stunden) vorgesehen. Der klinische
Betrieb findet also Montag bis Freitag jeweils tagsüber statt. Während dieser Zeit wird in
dieser Anlage nicht an Forschungsprojekten gearbeitet.

 

Zu Frage 6:

Auf Aufforderung des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung wurden zwecks Klärung der tatsächlichen Forschungsmöglichkeiten entsprechend der Anlageplanung zwei Forschungsweißbücher von nationalen und internationalen Expert/innen erstellt. Diese decken alle drei Forschungsschwerpunkte der nichtklinischen Forschung, die mit MedAustron
ermöglicht werden, ab: Medizinische Strahlenphysik, Strahlenbiologie und Experimental-physik. Die Weißbücher beschreiben die möglichen Themenbereiche nichtklinischer
Forschung unter den gegebenen Rahmenbedingungen in der MedAustron-Anlage.

 

 

Im Physik-Weißbuch (Physics Opportunities at MedAustron) wird bereits in der Einleitung
klargestellt, dass MedAustron in erster Linie der medizinischen Behandlung dient und die
Erhöhung der Protonenstrahlenergie für die Experimentalphysik einen Kompromiss darstellt, der trotzdem wertvolle Forschungsmöglichkeiten in verschiedenen physikalischen Spezial-gebieten eröffnet. Zur Nutzung dieser Möglichkeiten wird durch das Bundesministerium
für Wissenschaft und Forschung an der Technischen Universität Wien eine Professur für
medizinische Strahlenphysik samt Personalausstattung finanziert.
Ebenso wird an einer
Professur für Beschleunigerphysik – in Kooperation mit der ÖAW – gearbeitet. Damit wird auch der Vorgabe der Einbindung der Universitäten und der hochqualitativen Ausbildung von Student/innen und jungen Forscher/innen Rechnung getragen.

 

Das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung geht daher davon aus, dass dieses Konzept für Spitzenforscher/innen weltweit attraktive Rahmenbedingungen bietet und nach erfolgreicher Besetzung die solide Grundlage bildet, im Spitzenbereich der bei MedAustron grundsätzlich möglichen experimentalphysikalischen Forschung arbeiten zu können.
Univ.-Prof. Dr. Peter Skalicky, Rektor der TU Wien, spricht in seinem Begleitschreiben zum Physik-Weißbuch 2009 sogar von einem Meilenstein der österreichischen Forschungs-landschaft der letzten Jahrzehnte.

 

Zur bestmöglichen Nutzung der Anlage wird weiters auf die Einbindung der Medizinischen Universitäten verwiesen und z.B. auf die seitens des Rektors der Medizinischen Universität Wien schriftlich geäußerte grundsätzliche und nachhaltige Unterstützung dieses „heraus-ragenden internationalen Krebsforschungs- und Behandlungszentrums für Hadronentherapie“, wo darüber hinaus die bereits vorhandene „Expertise der MedUni Wien in der medizinischen Strahlenphysik und in der Strahlenbiologie“ dazu beitragen wird, Forschung und Behandlung mit Hilfe von MedAustron weiterzuentwickeln. Weitere Details sind dem Weißbuch
„MedAustron – Research Opportunities for Medical Radiation Physics and Radiation Biology“ zu entnehmen, das hauptsächlich von Professor/innen der Medizinischen Universität Wien
verfasst wurde und eine breite Palette von Forschungsthemen für MedAustron aufzeigt.

 

Zusammenfassend ist das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung daher der
Ansicht, dass unter den gegebenen Rahmenbedingungen sowohl des Projekts MedAustron als auch der forschungspolitischen finanziellen Spielräume die Voraussetzungen gegeben sind bzw. geschaffen wurden, um in einem holistischen Ansatz diese einmalige Anlage zu
nutzen.

 

Zur Standortfrage ist anzumerken, dass über das stete hohe Interesse des Landes Nieder-österreich, Wiener Neustadt, immer als der Standort für AUSTRON gegolten hat, weil es eine günstige Lage für grenzüberschreitende Kooperationen bietet, infrastrukturmäßig an Wien gut angebunden ist und – seinerzeit – beträchtliche Strukturfondsmittel hätte bekommen können. Das Projekt MedAustron ist ein Regionalentwicklungsprojekt der Stadt Wiener Neustadt und des Landes Niederösterreich. Die Standortfrage war daher zum Zeitpunkt der Beteiligung des Bundes am Projekt bereits entschieden. Die Anlage soll auch allen Universitäten gleicher-maßen zur Verfügung stehen.

 

 

 

Zu Frage 7:

Die Errichtungs- und Betriebsgesellschaft (EBG) MedAustron GmbH, die im mittelbaren
Alleineigentum des Landes Niederösterreich steht, kooperiert mit den besten Partnern,
die dafür in Betracht kommen, insbesondere mit dem CERN und dem Schweizer Paul
Scherrer Institut
. Die Interessen der nichtklinischen Forschung werden gemäß der politischen Grundvereinbarung gegenüber der EBG MedAustron GmbH von der PEG MedAustron GmbH wahrgenommen. Die innere Organisation der EBG MedAustron GmbH ist im Übrigen eine Frage, die wohl primär den Alleineigentümer, nämlich die NÖ Immobilien Holding GmbH,
betrifft. Seit 11. Oktober 2010 verfügt die
EBG MedAustron GmbH über einen zusätzlichen besonders im Projektmanagement sehr erfahrenen Geschäftsführer.

 

Zu Frage 8:

Es wird auf die Ausführungen zu Frage 7 betreffend internationale Kooperationen hinge-wiesen. Das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung geht davon aus, dass durch die Kooperation mit den internationalen Expert/innen das technische Risiko bestmöglich
minimiert wird.

 

Zu Frage 9:

Die Feststellung in Frage 9 ist nicht zutreffend. Die EBG MedAustron GmbH hat zahlreiche Mediziner/innen an kompetenten Stellen in Ausbildung. Weiters zeichnet sich, wie zu Frage 6 bereits ausgeführt, auch die Gewinnung entsprechender Wissenschafter/innen ab.  Am Aufbau des Forschungsbereiches wird gearbeitet (siehe Antwort zu Frage 6). Im Weißbuch „Research Opportunities for Medical Radiation Physics and Radiation Biology“ findet sich auch eine Darstellung, die sich mit der Implementierung eines nationalen und internationalen
Forschungsnetzwerkes und einem Forschungsteam am MedAustron beschäftigt.

 

Zu Frage 10:

Die PEG MedAustron GmbH erfüllt ihre Aufgaben korrekt und verantwortungsvoll. Sie
agiert nicht alleine, sondern unter Einbindung sowohl nationaler als auch internationaler
Expert/innen. Ausdruck dieser Zusammenarbeit sind die oben zitierten Weißbücher zur
nichtklinischen Forschung. In weiterer Folge ist auch daran gedacht, die Expertise von
erfahrenen Fördereinrichtungen in den Betrieb der nichtklinischen Forschung dauerhaft
einfließen zu lassen.

 

 

Der Bundesminister:

o.Univ.-Prof. Dr. Karlheinz Töchterle e.h.