8223/AB XXIV. GP

Eingelangt am 27.06.2011
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BM für Gesundheit

Anfragebeantwortung

 

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag.a Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

Alois Stöger

Bundesminister

 

 

 

GZ: BMG-11001/0168-II/A/9/2011

Wien, am          24. Juni 2011

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische

Anfrage Nr. 8352/J der Abgeordneten Dr. Belakowitsch-Jenewein und weiterer Abgeordneter nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Einleitend ist festzuhalten, dass für die Beantwortung der vorliegenden Anfrage auch eine Stellungnahme des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungs-träger eingeholt wurde.

In der österreichischen Sozialversicherung wurde auf Basis der Abrechnungsdaten (FOKO) in Verbindung mit nationalen und internationalen Datenquellen, wie z.B. Statistik Austria, WHO und OECD das Controllinginstrument LEICON entwickelt. Soweit LEICON Auswertungen zu Diabetes liefert, wird auf diese verwiesen; der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger merkt dazu allerdings an, dass eine eindeutige Unterscheidung zwischen Typ 1 und Typ 2 Diabetiker und Diabetikerinnen mit den zur Verfügung stehenden Daten nicht möglich ist, da nur insulinpflichtige Diabetiker und Diabetikerinnen (Typ 1 und 2 gemischt) festgestellt werden können.


Fragen 1 und 2:

Die in den Jahren 2006/2007 zuletzt durchgeführte Gesundheitsbefragung (Austrian Health Information Survey, kurz AT-HIS) der Statistik Austria, geht - hochgerechnet - von 390.000 Diabetiker und Diabetikerinnen (Typ 1 und 2 gemischt) aus.

 

Informationen des Gesundheitsberichts der Sozialen Krankenversicherung (2005) und Hochrechnungen, beruhend auf FOKO-Auswertungen der steiermärkischen sowie der niederösterreichischen Gebietskrankenkassen, zufolge ist von rund 30.000 - 35.000 Personen mit Typ-1-Diabetes auszugehen (unter der Annahme, dass ca. 10% aller Diabetiker und Diabetikerinnen einen Typ-1-Diabetes entwickeln).

 

Die aktuellste zur Verfügung stehende Datenquelle stützt sich auf eine Studie der „Diabetes Initiative Österreich“, einer interdisziplinären Interessengemeinschaft, aus dem Jahr 2009. Im Rahmen einer Umfrage wurden 4000 Personen ab 15 Jahren zum Thema Diabetes befragt. Die Nennung bzw. Zuordnung von Zahlen zum zeitlichen Verlauf der letzten Jahre ist schwierig, da außer den Ergebnissen der AT-HIS 2006 und der genannten Studie keine Daten zu Inzidenz bzw. Prävalenz des Diabetes mellitus (DM) für Österreich, mangels davor durchgeführter großflächiger (repräsentativer) epidemiologischer Studien, vorliegen. Insgesamt leiden aber etwa 8% der in Österreich lebenden Menschen über 15 Jahren an Diabetes. Davon sind ca. 8 - 10% an Typ-1-Diabetes erkrankt.

 

Ergänzend verweise ich auf die nachstehende Aufstellung, die vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger zur Verfügung gestellt wurde. Sie zeigt die Anzahl der Personen mit Diabetes mellitus Typ 2, die in den jeweiligen Jahren mit oralen Antidiabetika (OAD) in Österreich behandelt wurden (der Österreichwert berücksichtigt die 9 GKKs sowie die BVA, VAEB, SVA und SVB; Daten der Krankenfürsorgeanstalten sowie der Sozialhilfeempfänger sind nicht enthalten).

 

 

Fragen 3 und 4:

Laut Schätzungen von Experten und Expertinnen der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde Wien erkranken jährlich 250 – 280 Kinder unter 15 Jahren neu an Diabetes mellitus Typ 1. Diese Zahlen korrespondieren mit jenen in Deutschland, liegen jedoch weit unter den Daten Finnlands und Schwedens. Die Prävalenz beträgt schätzungsweise insgesamt 3000 – 4000 an Diabetes mellitus Typ 1 erkrankten Kindern in Österreich.


Daten zu Diabetes mellitus Typ 2 in dieser Altersgruppe liegen mir nicht vor, sind aber deutlich niedriger einzuschätzen.

 

Bei den unter 40-Jährigen sind ca. 3% betroffen, während bereits 14% der über

60-Jährigen an Typ 2-Diabetes leiden.

Ergänzend ist auf eine Darstellung des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger zu verweisen, wonach aufgrund der vorhandenen Kennzahlen (Datenerhebung) die Prävalenz für folgende Altersgruppen zur Verfügung steht (Typ-2-Diabetes):

 

Prävalenz Österreich 2009

Unter 25 Jahren

Unter 45 Jahren

Gesamt

586

11.533

Frauen

424

5.700

Männer

162

5.833

 

Fragen 5 und 6:

Laut Auswertung des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger für 2009 (mittels LEICON) spritzen 132,68 pro 1.000 Typ 2-Diabetiker und Diabetikerinnen Insulin. Bei 303.951 identifizierten Typ 2-Diabetiker und Diabetikerinnen ergibt sich daraus eine Absolutzahl von 40.328 Personen.

 

Fragen 7 und 9:

Basierend auf den Ergebnissen der Studie der „Diabetes Initiative Österreich“ gehen 3% der Diabetiker und Diabetikerinnen nie zu einem Arzt oder einer Ärztin, 12% nur 1x pro Jahr und 17% nur 2x pro Jahr.

Aus diesem Grund habe ich mir zum Ziel gesetzt, die Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung zu stärken, vermehrt auf Prävention zu setzen sowie moderne Standards in der Therapie zu etablieren (ich verweise auf meine Ausführungen zu Frage 10).

 

So wurden auch im Rahmen der Evaluierung des Disease Management Programms (DMP) „Therapie Aktiv - Diabetes im Griff“ in Wien teilnehmende Ärztinnen und Ärzte befragt, inwieweit ihre Patienten und Patientinnen bereit sind, im DMP mitzuarbeiten. Die Befragten gaben an, dass 87% ihrer Diabetiker und Diabetikerinnen bereit sind, am DMP teilzunehmen und auch nach einem Jahr ist Teilnahme die Bereitschaft mit 83 % noch als sehr hoch einzustufen.

Ein Ziel des DMP besteht darin, die Patienten und Patientinnen zu Partnern und Partnerinnen in ihrer Behandlung zu machen, es werden unter Berücksichtigung der spezifischen Risikofaktoren und der Lebenssituation der Betroffenen zwischen behandelnden Ärzten und Patienten Zielvereinbarungen abgeschlossen.

Die Befragung der DMP-Patienten und Patientinnen hat gezeigt, dass 61% angaben, die gesetzten Ziele erreicht zu haben, 26% konnten sie teilweise erreichen und 3% konnten sie nicht erreichen. 72% der Befragten veränderten ihren Lebensstil, insbesondere in den Bereichen Bewegung, Ernährung und Rauchstopp bzw. Tabakreduktion.


 

Frage 8:

Wie in anderen westlichen Ländern nimmt der Anteil an übergewichtigen und adipösen Personen in Österreich in den letzten Jahren zu, dies gilt insbesondere auch für Kinder und Jugendliche. Übergewicht kombiniert mit wenig körperlicher Bewegung zählen zu den Hauptursachen für die Entwicklung eines Typ-2-Diabetes. Neben diesen vorwiegend lebensstilbedingten Faktoren wie Bewegungsmangel und einer hyperkalorischen, fettreichen Ernährung wird in der Literatur aber auch eine genetische Disposition angeführt (Nachkommen und Geschwister von Personen mit Typ-2-Diabetes weisen ein erhöhtes Risiko auf, ebenfalls zu erkranken). Frauen nach einem Schwangerschaftsdiabetes weisen ebenfalls ein erhöhtes Risiko für Typ-2-Diabetes auf.

 

Frage 10:

Wie bereits zu Frage 8 ausgeführt, zählt Übergewicht in Kombination mit Bewegungsmangel zu den Hauptursachen für die Entwicklung eines Typ-2-Diabetes.

Um diesen Trends entgegenzuwirken und die Essgewohnheiten der Österreicher und Österreicherinnen zu verbessern, wurden im meinem Auftrag der "Nationale Aktionsplan Ernährung", kurz NAP.e sowie in Kooperation mit dem Sportressort der „Nationale Aktionsplan Bewegung“ entwickelt.

Der NAP.e hat zum Ziel, die Grundlagen der Ernährung der österreichischen Bevölkerung zu analysieren und deren Ernährung entscheidend zu verbessern. Prioritäre Zielgruppen für NAP.e-Maßnahmen sind Kinder, Schwangere, Stillende und sozial Schwache. Projekte wie Ernährungspyramiden für Erwachsene und Kinder, Ernährungskampagnen, Rezeptbroschüren für diverse Zielgruppen und die Lebensmittelcharta bringen einheitliche und praktikable Informationen für Konsumentinnen und Konsumenten.

 

Aber auch die adäquate Versorgung von bereits an Diabetes mellitus erkrankten Menschen ist mir ein besonderes Anliegen.

So wurde unter Bezugnahme auf das von der österreichischen Sozialversicherung entwickelte Disease-Management-Programm „Therapie Aktiv – Diabetes im Griff“ unter der Federführung des Bundesministeriums für Gesundheit von einer interdisziplinär und multiprofessionell besetzten Arbeitsgruppe eine

Bundesqualitätsleitlinie Disease-Management-Programm für Diabetes mellitus-Typ 2 (kurz DMP DM2) entwickelt und als Empfehlung veröffentlicht. Diese konzentriert sich vorerst auf die Versorgung der Typ-2-Diabetikerinnen und -Diabetiker im niedergelassenen Bereich. Ziel dieser Empfehlung ist es, die Qualität der Betreuung und des Behandlungsablaufes bei der Versorgung von Diabetikerinnen und Diabetikern in ganz Österreich zu verbessern.

 

Darüber hinaus sind jedoch Gesundheitsförderung und Prävention ganz allgemein zentrale Themen in der österreichischen Krankenversicherung.

Die bereits im Jahr 1974 in Österreich eingeführte kostenlose Vorsorgeuntersuchung (VU) wurde im Jahr 2005 an die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse adaptiert und richtet sich an alle Personen ab 18 Jahren. Ein Teilziel der VU-Neu ist die Reduktion von Risikofaktoren kardiovaskulärer Erkrankungen und Stoffwechseler-krankungen, in deren Bereich die Prävention und die Früherkennung von Diabetes mellitus fallen.

 

Die WGKK, die OÖGKK und die KGKK fungieren gemeinsam als Betreiber des VU-CRS (Vorsorgeuntersuchung Call-/Recallsystem), welches sämtlichen Krankenver-sicherungsträgern für die Abwicklung von VU-Einladekampagnen zur Verfügung steht.

 

Als eine VU-Inanspruchnahme steigernde Maßnahme wurde in der WGKK eine Hotline eingerichtet, bei der sich Interessierte und Personen, die persönlich eingeladen wurden, über Inhalt und Ablauf einer VU informieren können.

Nach einem Pilotprojekt im Jahr 2007/2008 im 10. und 15. Wiener Gemeindebezirk wird von der WGKK gemeinsam mit „Fit für Österreich“ (eine Initiative des Sportministeriums, der Österreichischen Bundes-Sportorganisation und den Sport-Dachverbänden ASKÖ, ASVÖ und SPORTUNION) seit 2009 in ganz Wien das Projekt BEWEGT GESUND angeboten.

 

Dabei werden Kurskosten von Bewegungsinterventionen, die aus einem vielfältigen Angebot aus qualitätsgeprüften und gesundheitsorientierten Bewegungskursen ausgesucht werden können, in einer Höhe bis zu € 70,-- pro Jahr zurückerstattet.

In Anspruch nehmen können BEWEGT GESUND alle WGKK-Anspruchs­berechtigten,

die zur Vorsorgeuntersuchung kommen und auf Grund nachfolgender medizinischer Parameter ein erhöhtes Risiko für das metabolische Syndrom, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und/oder Adipositas aufweisen.

·      Body-Mass-Index (BMI) über 25 und/oder

·      Bauchumfang bei Frauen > 88 cm bzw. bei Männern > 102 cm und/oder

·      erhöhter Blutdruck (liegt im Ermessen der Ärztin/des Arztes)

 

Darüber hinaus richtet sich das Angebot auch an Patienten und Patientinnen, die an Diabetes mellitus-Typ 2 erkrankt sind.