8256/AB XXIV. GP

Eingelangt am 28.06.2011
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BM für Finanzen

Anfragebeantwortung

 

 

 

Frau Präsidentin

des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer                                                          Wien, am      Juni 2011

Parlament

1017 Wien                                                                GZ: BMF-310205/0090-I/4/2011

 

 

 

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 8351/J vom 28. April 2011 der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen beehre ich mich, Folgendes mitzuteilen:

 

Zu 1.:

Zu Frage 1 ist festzuhalten, dass die Ausführungen den Sachstand per 27. Mai 2011 widerspiegeln.

 

Österreich hat sich im Rahmen der koordinierten Griechenlandhilfe zur Vergabe bilateraler Kredite in Höhe von maximal 2.290.192.933,16 Euro verpflichtet. Bis Ende Mai 2011 wurden 1.222.812.634,49 Euro tatsächlich ausgezahlt.

 


Österreich hat sich nach den Beschlüssen der Staats- und Regierungschefs des Euro-Währungsgebiets vom 7. Mai 2010 und des ECOFIN-Rats vom 9. Mai 2010 außerdem verpflichtet, anteilsmäßige Haftungen von insgesamt bis zu 440 Mrd. Euro für etwaige Kapitalmarkttransaktionen der „European Financial Stability Facility“ (einer Aktiengesellschaft nach luxemburgischem Recht) auszustellen. Auf Österreich entfällt derzeit eine maximale Verpflichtung von 12.241.430.000,- Euro. Die Rechtsgrundlage zur Übernahme von Haftungen besteht in § 2a Zahlungsbilanzstabilisierungsgesetz BGBl. I Nr. 52/2009 idF. BGBl. I Nr. 31/2010.

 

Im Zusammenhang mit der Irlandhilfe hat der Bundesminister für Finanzen am 18. Jänner 2011 einen ersten Garantiebrief unterzeichnet. Der Gesamthaftungsrahmen der EFSF für Irland beträgt 27 Mrd. Euro, der Beitragsschlüssel für Österreich beläuft sich gemäß Garantiebrief auf 2,9104 vH (= 785.808.000,- Euro). Gemäß § 1.1 des Garantiebriefes übernehmen die Haftungsgeber 120 vH des Garantiebeitragsschlüssels, dies sind für Österreich 942.969.600,- Euro.

 

Am 25. Jänner 2011 hat die EFSF eine erste Emission in Höhe von 5 Mrd. Euro begeben. Österreich haftet daher mit Stichtag Ende Mai 2011 tatsächlich für 174.624.000,- Euro an Kapital und 26.216.301,12 Euro an Zinsen und Kosten.

 

Der EFSF-Verwaltungsrat hat im Zusammenhang mit der Portugalhilfe am 19. Mai 2011 die Erhöhung des Gesamthaftungsrahmens von 27 Mrd. Euro auf 55 Mrd. Euro beschlossen. Durch den Ausfall Portugals als Garantiegeber wird der auf Österreich entfallende Anteil geringfügig steigen und ab der nächsten Kapitalmarkttransaktion der EFSF zur Anwendung kommen.

 

Die Summe der österreichischen Beiträge zu koordinierter Zahlungsbilanzhilfe (Darlehen und Haftungen) kann mit Stichtag Ende Mai 2011 wie folgt dargestellt werden:

 

 

Griechenland

EFSF-Abkommen

EFSF-Garantiebrief

Maximal zugesagt

€ 2.290.192.933,16

€ 12.241.430.000,-.

€ 785.808.000,-

Tatsächliche Ausnutzung (Ende Mai 2011)

€ 1.222.812.634,49

 

€ 200.840.301,12

(Kapital, Zinsen und Kosten)

 


Die der schriftlichen Anfrage beigefügte Grafik beruht auf einem Zeitungsartikel von Prof. Hans-Werner Sinn (SZZ, 3. April 2011). Grundsätzlich sind die einzelnen Bausteine der Grafik nachvollziehbar, eine einfache Addition ist aber unzulässig und vermittelt einen falschen Eindruck über die Höhe der von Deutschland bzw. Österreich gewährten Darlehen bzw. der vom Bundesminister für Finanzen gemäß Zahlungsbilanzstabilisierungsgesetz i.d.g.F. übernommenen Haftungen.

 

European Stability Mechanism (ESM):

Auf Grundlage der in den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 25. März 2011 gebilligten Merkmale soll ab 2013 ein Europäischer Stabilitätsmechanismus (ESM) als Internationale Finanzinstitution errichtet werden und die Nachfolge des derzeit bestehenden, temporären Finanzierungsmechanismus („European Financial Stability Facility“) bilden. Der Nationalrat wurde gem. Art. 23e Z 1 B-VG laufend über den Fortschritt der Verhandlungen unterrichtet. Der zugrunde liegende Errichtungsvertrag ist nach österreichischer Rechtslage als Staatsvertrag im Sinne des Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG zu verstehen und bedarf daher der Zustimmung des Nationalrates. 

 

Da die Zustimmung des Nationalrates noch nicht vorliegt, ist die Republik Österreich im Zusammenhang mit dem Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) noch keinerlei Verpflichtungen eingegangen.

 

Die als „EZB Staatsanleihenkäufe“, „TARGET2-Verbindlichkeiten“ und „Emergency Liquidity Ass.“ bezeichneten Bausteine fallen grundsätzlich in den Zuständigkeitsbereich der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) bzw. der Europäischen Zentralbank (EZB). Die im Zusammenhang mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) angeführten Zahlen können zwar im Rahmen des Finanztransaktionenplans des IWF tatsächlich zur Inanspruchnahme der OeNB führen, der rechnerische Anteil der OeNB kann aber nicht als Haftung für einen bestimmten Kreditnehmer interpretiert werden.

 

Zu 2. und 3.:

Wie bei anderen Haftungen des Bundes würde das Eintreten eines Schadensfalles eine entsprechende Abtretung der zugrunde liegenden Forderungen an die Republik Österreich bewirken. Ein allfälliger Schaden würde letztlich jenem Betrag entsprechen, der trotz aller politischen und rechtlichen Anstrengungen uneinbringlich wäre. Die Herstellung eines direkten Zusammenhangs zwischen der Inanspruchnahme von Haftungen und der Notwendigkeit „weiterer Sparpakete“ ist daher nicht zulässig. 


Zu 4. bis 6.:

Bonitätsbeurteilungen von Staaten erfolgen durch darauf spezialisierte Ratingagenturen, wobei die Republik Österreich die Bestnoten AAA/Aaa/AAA von S&P, Moody´s und Fitch aufweist. In den Analysen der Ratingagenturen waren Eventualverbindlichkeiten und Haftungen bereits in der Vergangenheit berücksichtigt und somit in der Bonitätseinschätzung umfasst. Aus heutiger Sicht ist durch die übernommenen Haftungen keine Verschlechterung des Ratings absehbar.

 

Zu 7.:

Die Staats- und Regierungschefs des Euro-Währungsgebiets haben am 11. März 2011 beschlossen, die vereinbarte Darlehenskapazität des EFSF in Höhe von 440 Mrd. Euro in vollem Umfang bereitzustellen, da diese bisher aufgrund von Maßnahmen zur Verbesserung der Kreditwürdigkeit („Erreichung AAA“) und die Entwicklung der Zinssätze nicht gegeben war. In den Verhandlungen zur Umsetzung dieser Vorgabe zeichnet sich ab, dass zwecks Erreichung einer effektiven Darlehenskapazität von 440 Mrd. Euro u.a. eine Erhöhung des Gesamthaftungsrahmens notwendig sein wird.

 

Voraussetzung für das Inkrafttreten des entsprechend überarbeiteten EFSF-Abkommens ist die Zustimmung aller Vertragsparteien. Da der auf Österreich entfallende Anteil über den derzeit bestehenden Haftungsrahmen hinausgehen wird, ist eine Novelle des Zahlungsbilanzstabilisierungsgesetzes erforderlich. Die Zustimmung des Nationalrates ist Voraussetzung für das Inkrafttreten des neuen EFSF-Abkommens und daher für die Umsetzung der Vorgaben des Europäischen Rates.

 

Die Notwendigkeit einer Finanzierung ergibt sich nicht, da es sich um Haftungen handelt.

 

 

Mit freundlichen Grüßen