8298/AB XXIV. GP

Eingelangt am 29.06.2011
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BM für Finanzen

Anfragebeantwortung

 

 

Frau Präsidentin

des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer                                                       Wien, am         Juni 2011

Parlament

1017 Wien                                                                GZ: BMF-310205/0097-I/4/2011

 

 

 

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 8388/J vom 29. April 2011 der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:

 

Zu 1. und 2.:

Dem Bundesministerium für Finanzen sind Ketten- und Karussellgeschäfte im angefragten Zeitraum bekannt. Im Rahmen von Außenprüfungen (Betriebsprüfungen, Umsatzsteuer-sonderprüfungen) konnte in den Jahren 2009 und 2010 bei Prüffeststellungen „Karussellbetrug“ Folgendes festgestellt werden:

 

Jahr

2009

2010

Fallanzahl

171

212

Beträge in Euro

94.301.867

66.683.619

 


Zu 3.:

Eine eigene Statistik über Fälle mit Kraftfahrzeugen innerhalb der Karussellgeschäfte wird nicht geführt.

 

Zu 4.:

Eine eigene Statistik über gerichtliche Verurteilungen bezogen auf Karussellbetrug wird nicht geführt.

 

Zu 5.:

Der VwGH hat wiederholt entschieden, dass eine Rechnung, die zum Vorsteuerabzug berechtigen soll, u.a. den Erfordernissen des § 11 Abs. 1 Z 5 UStG 1994 genügen muss
(vgl. VwGH 9.9.2004, 2001/15/0139, 30.3.2006, 2002/15/0203 und 2003/15/0015).
Nach dieser Gesetzesbestimmung gehört zu den notwendigen Merkmalen einer Rechnung der Ausweis des Entgeltes für die Lieferung oder sonstige Leistung. Es muss sich um das tatsächlich beabsichtigte Entgelt handeln. Kann im Rahmen der freien Beweiswürdigung nach dem Gesamtbild der Verhältnisse (Hingabe kopierter Verrechnungsschecks und damit Unter-bleiben eines tatsächlichen Zahlungsflusses, auffällig hoher Preis der Ware, ungewöhnliche Geschäftsanbahnung) die Feststellung getroffen werden, dass für die Warenlieferungen zwischen den Unternehmen der von einer Person aufgebauten Lieferantenkette überhaupt nicht beabsichtigt war, das Entgelt tatsächlich und in der in den Rechnungen ausgewiesenen Höhe zu leisten, ist bereits deshalb der Vorsteuerabzug zu versagen (mit Hinweis auf die Erkenntnisse vom 28.2.2002, 96/15/0270, 18.9.2003, 2000/15/0126 und 24.6.2004, 2001/15/0140).

 

Hatte der Steuerpflichtige Kenntnis davon, dass die auffällig ungewöhnliche Abwicklung der Umsätze einer durch eine andere Person initiierten Lieferantenkette einen Mehrwertsteuer-betrug bezweckte, oder konnte er davon Kenntnis haben, so steht ihm das Recht auf Vorsteuerabzug nicht zu (VwGH 30.3.2006, 2002/15/0203 mit Hinweis auf EuGH 12.1.2006, Rs C-354/03, Optigen u.a.).

 

Neben der höchstgerichtlichen Judikatur gibt es zahlreiche Berufungsentscheidungen des Unabhängigen Finanzsenates zum Thema Vorsteuerbetrug, von denen beispielsweise anzuführen sind:

 

 

Zu 6.:

Darüber sowie über ausländische Scheinunternehmer wird keine gesonderte Statistik geführt. Im Übrigen wird auf die Beantwortung der Frage 2. verwiesen.

 

Zu 7.:

Die Bekämpfung des Karussellbetruges hat sich auf europäischer Ebene in den vergangenen Jahren kontinuierlich weiterentwickelt. Die Umsetzung der EGVO 1798/2003 (Amtshilfe-verordnung für Umsatzsteuerangelegenheiten) über die Zusammenarbeit der Verwaltungs-behörden und die Bekämpfung des Betruges im Bereich der Mehrwertsteuer bildet die Grundlage für eine sehr enge Kooperation mit anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Auskunftsverkehr, multilaterale Prüfungen und Spontaninformationen werden immer intensiver und zielgerichteter genutzt.

 

Zum Zweck der Bekämpfung des Umsatzsteuerbetruges ist es zu einer engeren Vernetzung der Steuerverwaltungen innerhalb der europäischen Union mit der Zielsetzung eines zeitnahen Informationsaustausches über betrugsrelevante Sachverhalte gekommen. Diese ursprünglich auf Eigeninitiative der Mitgliedstaaten eingerichtete Vernetzung fand 2010 ihre Fortsetzung in der Einführung von EUROFISC als Plattform für eine engere und zielgerichtete Zusammenarbeit der teilnehmenden Staaten.

 

Zu 8.:

Aufdeckung und Strafverfolgung von Finanzstrafdelikten liegen in der Zuständigkeit des Bundesministeriums für Finanzen und des Bundesministeriums für Justiz. Eine Ermittlungs-zuständigkeit der Bundespolizei ist auf diesem Gebiet im Finanzstrafgesetz nicht vorgesehen. Zu Überschneidungen in der Ermittlung kann es jedoch in jenen Fällen kommen, in denen die Täter oder Tatverdächtigen nicht nur ein Finanzdelikt erfüllen, sondern auch andere nach dem Strafgesetzbuch zu verfolgende Delikte begehen. Probleme sind in diesem Zusammen-hang nicht bekannt.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

Dr. Maria Fekter eh.