83/AB XXIV. GP

Eingelangt am 23.12.2008
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BM für Verkehr, Innovation und Technologie

Anfragebeantwortung

 

GZ. BMVIT-10.000/0051-I/PR3/2008     DVR:0000175

 

An die

Präsidentin des Nationalrates

Mag.a  Barbara Prammer

 

Parlament

1017   W i e n

 

 

Wien,       . Dezember 2008

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Die Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde haben am 29. Oktober 2008 unter der Nr. 30/J-NR/2008 an meinen Amtsvorgänger eine schriftliche Anfrage betreffend Ankauf von S-Bahngarnituren gerichtet.

 

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

 

Fragen 1 bis 5:

Ø                  Welche Garnituren/Baureihen wurden für das S-Bahn-System in Wien und Umgebung in den letzten Jahren in welchen Stückzahlen angeschafft?

Ø                  Stimmt es, dass beim Produkt „Talent“ sowohl die verkaufende Firma als auch die Probe fahrenden Lokführer die Nicht-Eignung ausdrücklich festgestellt haben?

Ø                  Welche Betriebsmängel stellten sich ein?

Ø                  Wurden insbesondere die Bremsen nachgerüstet?

Ø                  Welche Konsequenzen wurden gezogen?

 

Im Verkehrsdienstevertrag (VDV), der zwischen der ÖBB-Personenverkehr AG und der Stadt Wien abgeschlossen wurde, sind 13 Elektrotriebwagen des Typs „Talent“ (ÖBB-Baureihe 4024) vertraglich festgehalten. Da sich allerdings das Verkehrsangebot der ÖBB-Personenverkehr AG nicht ausschließlich auf die Stadt Wien beschränkt, sind derzeit in der Ostregion (Wien, Niederösterreich, Burgenland) in Summe 60 vierteilige Talent-Garnituren im Einsatz. Zusätzlich zu den „Wiener Talenten“ sind auch 10 Stück (zweisystemtaugliche) Talente im Rahmen eines VDV vom Land Burgenland mitfinanziert und kommen diese auch in der Ostregion zum Einsatz.

Bei diesen Garnituren wurden keine über das bei Neufahrzeugen normale Maß hinausgehende Betriebsmängel („Kinderkrankheiten“) festgestellt.

 

Seitens der ÖBB-Personenverkehr AG werden ausschließlich einwandfrei funktionierende Fahrzeuge des oben erwähnten Typs eingesetzt, die behördlich genehmigt sowie serienmäßig auch mit Magnetschienenbremsen ausgestattet sind.

 

Fragen 6 und 7:

Ø                  In welchen Bereichen sollen die Garnituren in Zukunft eingesetzt werden?

Ø                  Sind sie dafür in vollem Umfang tauglich?

 

Die in vollem Umfang tauglichen Elektrotriebwagen werden sowohl in Österreich als auch in Deutschland sowie in Ungarn (Zweisystemfahrzeuge) eingesetzt.

 

Frage 8:

Ø                  Um welchen Preis werden die Garnituren an die anderen Bundesländer weitergegeben? Wie hoch war der Preis bei der Anschaffung?

 

Gemäß der geltenden Rechtslage werden den Gebietskörperschaften Verkehrsleistungen und keine Fahrzeuge verkauft. Eine neue Verkehrsleistung inkludiert ein definiertes Zugangebot und definiert die Form, in der dieses Angebot zu erbringen ist (Verbundtarif, Klimatisierung, Sitzplatzkapazität, Zahlungsmodalitäten, …). Alle zu einem Leistungsangebot gehörenden Leistungen sind in den Verkehrsdiensteverträgen eingerechnet.

 

Frage 9:

Ø                  Wurde die Anschaffung im Rahmen von Verkehrsdiensteverträgen oder im Rahmen der Verträge über die vom Bund bezahlten Gemeinwirtschaftlichen Leistungen finanziert oder kofinanziert? Wenn ja, welche konkreten Bedingungen wurden seitens der öffentlichen Geldgeber dieser Finanzierung bzw. Kofinanzierung im Einzelnen zugrundegelegt?

 

Wie bereits zu Fragepunkt 8 ausgeführt sind Zusatzbestellungen Aufgabe der Länder und Gebietskörperschaften. Die ÖBB-Personenverkehr AG hat mit den Ländern Verkehrsdiensteverträge geschlossen, die den Gesamtverkehr eines Bundeslandes regeln. Hier wurden bei der Berechnung der einzelnen Faktoren auch die gemeinwirtschaftlichen Zahlungen des Bundes einbezogen. Die einzelnen  Summen sind sowohl den Ländern als auch dem BMVIT bekannt. Außerdem haben einige Länder die Zahlungen im Rahmen der Verkehrsdiensteverträge auch durch Wirtschaftsprüfer überprüfen lassen.

 

Fragen 10 und 11:

Ø                  Wenn die Garnituren im Hinblick auf die erwähnten Mängel nachgerüstet wurden: Um welchen Preis, und auf wessen Kosten? Und warum sind die Garnituren jetzt trotzdem auszumustern?

Ø                  Wie sollen in Zukunft solche Fehler vermieden werden?

 

Eine Ausmusterung der gegenständlichen Fahrzeugfamilie ist nach einer entsprechenden Nutzungsdauer von >25 Jahren frühestens vorgesehen. Auch zukünftige Fahrzeuge werden dem Stand der Technik entsprechen und Sicherheit und Ordnung des Betriebes gewährleisten.

 

Fragen 12 bis 15:

Ø                  Wie ist der aktuelle Stand im Rahmen des Rollmaterial-Beschaffungsprojekts „Next Gereration 2020“ der ÖBB?

Ø                  Was sind die Basisdaten des diesbezüglichen Lastenhefts?

Ø                  Welche Spezifikationen aus Kundensicht für die zu beschaffenden Neufahrzeuge liegen vor?

Ø                  Welche Zeitpläne gibt es für die EU-Ausschreibung und Bestbieterermittlung?

 

Das Rollmaterial-Beschaffungsprojekt „Next Generation 2020“ ist derzeit ein ausschließlich ÖBB-internes Projekt. Aus diesem Grund sind auch noch keine Gespräche mit den Ländern erfolgt. Die Veröffentlichung von Details des Lastenheftes ist bei einem bevorstehenden Ausschreibungsverfahren nicht zulässig. Aufgrund des frühen Projektstadiums gibt es noch keine konkreten Zeitpläne.

 

Frage 16:

Ø                  Können Sie ausschließen, dass die Vorgabe von mindestens 230 Sitzplätzen pro Garnitur im S-Bahn-Betrieb dahingehend interpretiert werden kann, dass „sardinenbüchsenartige“ eingeschossige Garnituren mit unzumutbaren Sitzplatzverhältnissen wie in den derzeitigen „City-Shuttle“-Garnituren der ÖBB oder schlimmer angeboten und beschafft werden?

 

Die Festlegung der kundenrelevanten Komfortkriterien erfolgt unter Einbeziehung der Besteller der Verkehrsleistungen. Die Mindestanzahl an Sitzplätzen, welche Teil des Lastenheftes ist, basiert auf Zählungen, die in regelmäßigen Abständen vorgenommen werden. Dabei wird eine gewisse Anzahl an Stehplätzen im S-Bahn-Verkehr aufgrund der teilweise sehr kurzen Reisezeiten akzeptiert.

Sollte sich herausstellen, dass es bei gewissen Verbindungen regelmäßig zu Engpässen bei den Sitzplätzen kommt, wird dies bei einer künftigen Fahrplangestaltung mitberücksichtigt.

 

Frage 17:

Ø                  Können Sie ausschließen, dass sich – ähnlich wie beim Railjet-Projekt des Fernverkehrs – die Beschaffung am derzeitigen und absehbar künftig noch größeren Überbestand an Taurus-Lokomotiven statt am maximalen Kundennutzen und betrieblichen Nutzen orientieren wird?

 

Auch der Ankauf von Neufahrzeugen für den Nah- und Regionalverkehr wird sich an den Kundenwünschen sowie einer kostengünstigen Betriebsführung orientieren. Dies wird im Zuge des Projektes ausgearbeitet und in einem Lastenheft festgehalten.

 

Frage 18:

Ø                  Welche konkreten Schritte (z.B. Definition geeigneter Kriterien als Voraussetzung für Gewährung öffentlicher Zuschüsse) werden Sie im Zusammenhang mit dem Einsatz öffentlicher Mittel Ihres Ressorts setzen, um der Beschaffung wenig komfortabler bis unzumutbarer Garnituren (siehe Frage 16) und kundenfernen Beschaffungsargumenten (siehe Frage 17) wirksam und rechtzeitig vorzubeugen?

 

In das Projekt zur Beschaffung von Neufahrzeugen werden von Beginn an alle relevanten Vertreter (Bund, Länder, …) mit einbezogen, sodass gewährleistet wird, dass auch alle Interessen berücksichtigt werden und ein sorgsamer Umgang mit öffentlichen Mitteln gegeben ist. Letztlich verantwortlich für den Ankauf der Fahrzeuge kann aber nur das Unternehmen ÖBB-Personenverkehr AG als Erbringer von Nahverkehrsdienstleistungen sein und nicht das BMVIT.