8311/AB XXIV. GP

Eingelangt am 01.07.2011
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

Anfragebeantwortung

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 8582/J der Abgeordneten Angela Lueger wie folgt:

Fragen 1 bis 7:

Österreich wurde in der Gewissheit Vertragspartei des Übereinkommens über die Rechte des Kindes, dass die im Übereinkommen normierten Rechte des Kindes und die Achtung seiner besonderen Bedürfnisse in der österreichischen Rechtsordnung im Wesentlichen bereits gewährleistet sind. In diesem Sinne sind auch die im Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern getroffenen Regelungen bereits umgesetzt.

Kinderrechtsrelevante Bestimmungen sind in zahlreichen Gesetzesmaterien enthalten. Die unterschiedliche Struktur sowie die Vielfalt und Interdependenz der Gewährleistungen des Bundesverfassungsgesetzes über die Rechte von Kindern machen eine Zuordnung ihrer Artikel zu einzelnen österreichischen Gesetzesbestimmungen bzw. zu Zuständigkeitstatbeständen eines oder mehrerer Ressorts aber in den meisten Fällen schwierig.

Mein Ressort ist jedoch besonders von Art. 3 (Kinderarbeitsverbot) und Art. 6 (Kinder mit Behinderung) betroffen:

·        Das Kinderarbeitsverbot wurde mit dem Kinder- und Jugendlichen-Beschäfti-
gungsgesetz 1987 (KJBG), dem Landarbeitsgesetz 1984 und den dazu ergangenen neun Ausführungsgesetzen der Bundesländer implementiert. Wesentlich ist auch die zu § 23 KJBG ergangene Verordnung über Beschäftigungsverbote und ‑beschränkungen für Jugendliche.

Sowohl das Kinder- und Jugendlichen-Beschäftigungsgesetz 1987 als auch die Verordnung über Beschäftigungsverbote und –beschränkungen für Jugendliche werden von den Arbeitsinspektoraten, die Ausführungsgesetze zum Landarbeitsgesetz von den Land- und Forstwirtschaftsinspektionen kontrol-


liert. Verstöße gegen das Kinderarbeitsverbot unterliegen der Verwaltungsstrafbarkeit.

Das Kinderarbeitsverbot wurde mit der letzten Novelle zum Kinder- und Jugendlichen-Beschäftigungsgesetz und zum Landarbeitsgesetz insofern verstärkt, als die in sehr engem gesetzlichen Rahmen erlaubten und verfassungskonformen Ausnahmen vom Kinderarbeitsverbot erst ab dem 13. Lebensjahr anstatt wie bisher ab dem 12. Lebensjahr erlaubt sind. Um einen verbesserten und den aktuellen Gegebenheiten der Arbeitswelt angepassten Schutz der Jugendlichen am Arbeitsplatz gewährleisten zu können, erfolgt derzeit eine Überarbeitung der Bestimmungen der Verordnung über Beschäftigungsverbote und -beschränkungen für Jugendliche.

Das Verbot der Kinderarbeit ist nach Wahrnehmung der Arbeitsinspektion in der Öffentlichkeit bekannt und anerkannt. Fallweise festgestellte Übertretungen betreffen Überschreitungen der erlaubten Beschäftigung im Familienverband oder der durch die Schulgesetze vorgesehenen Möglichkeiten.

Mit dem Team4kids besteht eine Arbeitsgruppe, die vor allem in Kooperation der Arbeitsinspektion mit Schulen durch Vorträge und Informationsmaterial Kinder und Jugendliche für Fragen der Arbeitssicherheit sensibilisieren und den Bekanntheitsgrad der Arbeitsinspektion bei Jugendlichen und LehrerInnen heben soll. Auch auf der Website der Arbeitsinspektion www.arbeitsinspektion.gv.at finden sich zum Thema Kinderarbeit eine Reihe von Hinweisen auf die gesetzlichen Vorgaben und Erfahrungen der Arbeitsinspektion.

·        Art. 6 des Bundesverfassungsgesetzes über die Rechte von Kindern stellt eine Spezialnorm für Kinder zur bereits bestehenden Bestimmung des Art. 7 Abs. 1 B-VG (Diskriminierungsverbot von Menschen mit Behinderung) dar.

Mit 1. Jänner 2006 ist das Behindertengleichstellungspaket, BGBl. I Nr. 82/ 2005, in Kraft getreten. Ziel dieses Gesetzespaketes ist es, die Diskriminierung von Menschen mit Behinderung zu beseitigen oder zu verhindern und damit die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderung am
Leben in der Gesellschaft zu gewährleisten und ihnen eine selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen.

Das Behindertengleichstellungspaket sieht einen umfassenden Diskriminierungsschutz für Menschen mit Behinderung im Bereich der Bundesverwaltung, des Zugangs zu und der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, sowie im Bereich der Arbeitswelt vor. Umfasst vom Diskriminierungsschutz sind alle Menschen mit Behinderung unabhängig von ihrem Alter, daher auch Kinder. Der Diskriminierungsschutz gilt unter bestimmten Voraussetzungen auch für Angehörige behinderter Kinder.


Ergänzend ist auf die vielfältigen Maßnahmen zur Integration von jungen Menschen mit Behinderung zu verweisen: so etwa im Bereich der Förderung der beruflichen Eingliederung das Clearing (Beratung, Begleitung am Übergang von Schule zu Beruf), die Jugendarbeitsassistenz, besondere Ausbildungsmaßnahmen für jugendliche Menschen mit Behinderung, die Berufsausbildungsassistenz und das Job Coaching.

Weiters weisen auch die Art. 2 Abs. 1 (Anspruch auf regelmäßige persönliche Beziehungen) und Art. 5 Abs. 2 (Recht auf angemessene Entschädigung und Rehabilitation) Bezugspunkte zu meinem Ressort auf:

·        Zu Art. 2 Abs. 1 des Bundesverfassungsgesetzes über die Rechte des Kindes ist die von meinem Ressort im Rahmen der Privatwirtschaft geförderte Besuchsbegleitung im Sinne des § 111 AußStrG anzuführen.

Diese Fördermaßnahme dient der Neu- oder Wiederanbahnung des persönlichen Kontakts zwischen dem besuchsberechtigten Elternteil und seinem minderjährigen Kind, wenn die Besuchsrechtsausübung durch persönliche Spannungen zwischen dem obsorgeberechtigten Elternteil und dem besuchsberechtigten Elternteil belastet ist. Die Treffen werden von einer qualifizierten, neutralen Person (dem/der Besuchsbegleiter/in) begleitet.

Meinem Ressort standen für die Förderung der Besuchsbegleitung in den Jahren 2007 bis 2010 jeweils € 600.000,- zur Verfügung. Trotz deutlicher Sparauflagen für mein Ressort konnte für das Budgetjahr 2011 eine ungekürzte Fördersumme zur Verfügung gestellt werden.

Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass generell im Bereich der Besuchsbegleitung auch Fälle von vermuteter oder tatsächlicher familiärer Gewalt betreut werden, sollen zukünftig in diesem Bereich spezielle Ausbildungen für BesuchsbegleiterInnen im Bereich Sekundärschädigung bzw. Traumatisierung von Kindern in Fällen von sexueller Gewalt angeboten werden.

·        Hinsichtlich Art. 5 Abs. 2 des Bundesverfassungsgesetzes über die Rechte von Kindern ist schließlich noch auf das Verbrechensopfergesetz zu verweisen: Kinder, die Opfer einer vorsätzlichen Gewalttat werden, können finanzielle (staatliche) Hilfe nach den Bestimmungen dieses Gesetzes erhalten.

Jede legistische Maßnahme wird vor ihrer Setzung auf ihre Verfassungskonformität und damit auch auf ihre Konformität mit dem Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern geprüft. Dies erfolgt bereits bei der Erstellung des Entwurfes, kann natürlich aber auch einen Diskussionsgegenstand des Begutachtungsverfahrens selbst bilden. Eine unmittelbare Partizipation von Kindern und Jugendlichen an Begutachtungsverfahren ist nicht vorgesehen.


Aufgrund der Vielfalt der Maßnahmen, die auch einen Bezug auf Rechte nach dem Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern haben (können), ist eine klare Zuordnung von budgetären Mitteln zum Bereich Kinderrechte nicht möglich.

Frage 8:

Geringe Ausbildung, fehlende Schulabschlüsse oder ein frühzeitiger Schul- und (Aus)Bildungsabbruch stellen nicht nur ein individuelles Problem dar, sondern haben weitreichende soziale, arbeitsmarktpolitische und auch ökonomische Konsequenzen.

Konkret ist es Ziel meines Ressorts, auch jene 10.000 benachteiligten Jugendlichen, die trotz der bisherigen Erfolge noch immer jedes Jahr frühzeitig das Bildungssystem verlassen, zur Ausschöpfung ihrer Potentiale in das Ausbildungssystem zu reintegrieren. Dafür sollen alle Jugendlichen befähigt werden, eigenständig die für sie passende Entscheidung für ihre Ausbildung nach Beendigung der Pflichtschulzeit zu treffen.

Bereits in dieser Legislaturperiode werden in Abstimmung mit bereits eingeleiteten Maßnahmen des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur Reformschritte seitens meines Ressorts gesetzt, um zu gewährleisten, dass österreichweit jedem Schüler/jeder Schülerin nicht nur ein engmaschiges Netz an Unterstützungs- sowie Ausbildungsangeboten zur Verfügung steht, sondern auch jede/r Jugendliche von einer individuellen Begleitung profitieren kann.

Über die Weiterführung und Optimierung der bereits bestehenden und sehr erfolgreichen Angebote wie Ausbildungsgarantie, Produktionsschulen und Clearing hinaus sollen ergänzende Programme entwickelt und zunächst pilotiert werden, die Schüler und Schülerinnen vor Ende der Schulpflicht, Lehrlinge, Jugendliche in AMS-Angeboten sowie Jugendliche außerhalb von Schule, Beruf und Arbeitsmarktservice unterstützen sollen.