8387/AB XXIV. GP

Eingelangt am 11.07.2011
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BM für Inneres

Anfragebeantwortung

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag.a Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

 

 

GZ: BMI-LR2220/0542-II/10/a/2011

 

Wien, am        . Juli 2011

 

 

Der Abgeordnete zum Nationalrat Vilimsky und weitere Abgeordnete haben am                      11. Mai 2011 unter der Zahl 8497/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend „schlampige Kontrollen der EU-Grenzen“ gerichtet.

 

Diese Anfrage beantworte ich nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

 

Zu Frage 1:

Kommissarin Malmström führte im Rahmen des JI-Rates am 12. Mai 2011 aus, dass der Schengen-Raum und die Personenfreiheit zu den großen Errungenschaften der EU gehören, die es zu erhalten gelte. Um dieses System zu bewahren, seien weitere Schritte zur Stärkung der Außengrenzen ins Auge zu fassen und klare Regelungen für die Verwaltung des Schengen-Raums erforderlich.

 

In der Diskussion habe ich betont, dass die Reisefreiheit innerhalb der EU gewahrt werden muss. Reisefreiheit und Sicherheit können jedoch nur bestehen, wenn jedes EU-Land seine Verantwortung wahrnimmt. Jeder Mitgliedsstaat ist aufgefordert, seine Aufgaben zu erfüllen. Die derzeit bestehende Möglichkeit, autonom über die befristete Einführung von Grenzkontrollen zu entscheiden, muss erhalten bleiben, denn die Gewährleistung der inneren Sicherheit ist eine zentrale Staatsaufgabe. Geht es aber um die Sicherheit mehrerer EU-Länder, kann ein zusätzlicher Mechanismus für eine abgestimmte Einführung von Grenzkontrollen diskutiert werden.

 

Ich begrüße das Vorhaben der Kommission, Leitlinien zur kohärenten Anwendung und Auslegung der Schengen-Vorschriften auszuarbeiten. Darüber hinaus begrüße ich die Stärkung von Frontex. Im Zusammenhang mit der Kooperation mit Drittstaaten soll ein gesamtheitlicher Ansatz gewählt werden, der insbesondere die Bekämpfung der illegalen Migration gewährleistet.

 

Zu den Fragen 2 und 4:

Im Jahr 2009 wurden 17.144 Personen und im Vergleichszeitraum 2010 insgesamt 13.552 Personen aus Drittstaaten wegen rechtswidrigem Aufenthalt / rechtswidriger Einreise in Österreich aufgegriffen. Diese Zahlen umfassen alle geschleppten und rechtswidrig eingereisten/aufhältigen Personen, welche nicht über die erforderlichen Einreise- bzw. Auf-enthaltsdokumente verfügten.

 

Zu den Fragen 3 und 5:

Entsprechende Statistiken werden nicht geführt.

 

Zu Frage 6:

Meinungen und Einschätzungen sind nicht Gegenstand des parlamentarischen Inter-pellationsrechtes.

 

Zu den Fragen 7 bis 11:

Weder das Übereinkommen zwischen den Regierungen der Staaten der Benelux-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den Gemeinsamen Grenzen vom     14. Juni 1985 (Schengener Übereinkommen) noch das Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen zwischen den Regierungen der Staaten der Benelux-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den Gemeinsamen Grenzen vom     19. Juni 1990 (Schengener Durchführungsübereinkommen - SDÜ) enthalten Bestimmungen über die Beendigung oder zeitweilige Außerkraftsetzung dieser Übereinkommen.


Jedoch bietet der Artikel 23 der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex) im Falle einer „schwerwiegenden Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder inneren Sicherheit“ den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, ausnahmsweise - nach einem festgelegten Verfahren - für einen begrenzten Zeitraum von höchstens 30 Tagen oder für die vorhersehbare Dauer der schwerwiegenden Bedrohung, wenn ihre Dauer den Zeitraum von 30 Tagen überschreitet, an seinen Binnengrenzen wieder Grenzkontrollen einzuführen. Die Tragweite und Dauer der vorübergehenden Wiedereinführung von Grenzkontrollen an den Binnengrenzen dürfen jedoch nicht über das Maß hinausgehen, das unbedingt erforderlich ist, um gegen die schwerwiegende Bedrohung vorzugehen. Österreich wird von diesen Möglichkeiten Gebrauch machen, wenn die entsprechenden Voraussetzungen gegeben sind. Das ist derzeit nicht der Fall. Gegenüber dem einseitigen Vorgehen einzelner Mitgliedstaaten wird eindeutig dem abgestimmten Vorgehen aller betroffenen Mitgliedstaaten besondere Bedeutung zuzumessen sein.

 

Europaweite polizeiliche Erfahrungen haben außerdem gezeigt, dass lageangepasste mobile Polizeikontrollen im Hinterland wesentlich treffsicherer und effektiver sind als stationäre Kontrollen an den Grenzübergangsstellen, die alle Reisenden erfassen und von Kriminellen leichter eingeschätzt werden können.

 

Da das Aussetzen von Schengen ohne vertraglich normierte Voraussetzungen rechtlich nicht möglich ist und sogar einen Vertragsbruch bedeuten würde, kann auch keinerlei Aussage hinsichtlich einer daraus allenfalls resultierenden Einschränkung der illegalen Zuwanderung oder der grenzüberschreitenden Kriminalität getroffen werden.

 

Zu den Fragen 12 bis 14:

Im Rahmen der EU-Ratsarbeitsgruppe Schengen Angelegenheiten werden nach einem vorgegebenen Zeitplan alle Schengen-Mitgliedstaaten in regelmäßigem Abstand einer Vor- Ort-Überprüfung der Einhaltung der Bestimmungen des Schengenbesitzstandes - darunter auch die Außengrenzkontrollen zu Land, zu Wasser und in der Luft - durch Experten aus der EU unterzogen. Diese Expertengruppen erstellen über jeden einzelnen durchgeführten Vor-Ort-Prüfbesuch einen Bericht, der den Mitgliedstaaten und dem Rat der EU vorgelegt wird. Die Schlussfolgerungen daraus werden auch dem Europäischen Parlament zur Kenntnis gebracht. Sollten in einem Mitgliedstaat Mängel festgestellt werden, ist dieser aufgerufen, einen Aktionsplan vorzulegen, in dem darzulegen ist, wie und innerhalb welcher Fristen der betroffene Mitgliedstaat die festgestellten Mängel zu beheben gedenkt. Die Umsetzung dieser Abhilfemaßnahmen wird von den Experten der anderen Mitgliedstaaten ständig verfolgt und bei Bedarf werden weitere Verbesserungen eingemahnt. Weiters besteht die Möglichkeit, den Vor-Ort-Überprüfungsbesuch zu wiederholen, um sich von den Fortschritten ein Bild machen zu können.

 

Bei diesen Berichten handelt es sich um EU-Dokumente, welche der „Restreint-Klassifizierung“ unterliegen. Es wird daher um Verständnis dafür ersucht, dass keine Auskünfte über die bei einzelnen Mitgliedstaaten erfassten Mängel im Rahmen der Durch-führung der Außengrenzkontrollen gegeben werden dürfen. Jedoch besteht jederzeit die Möglichkeit, dass dem Europäischen Parlament auf Antrag durch das Generalsekretariat des Rates der EU Einsicht in die einzelnen Berichte gewährt wird.