8473/AB XXIV. GP

Eingelangt am 18.07.2011
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

Anfragebeantwortung

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 8648/J der Abgeordneten Mag.a Jarmer, Freundinnen und Freunde wie folgt:

 

Geringe Ausbildung, fehlende Schulabschlüsse oder ein frühzeitiger Schul- und (Aus)Bildungsabbruch stellen nicht nur ein individuelles Problem dar, sondern haben weitreichende soziale, arbeitsmarktpolitische und auch ökonomische Konsequenzen. Konkret ist es das Ziel des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (BMASK), auch jene 10.000 benachteiligten Jugendlichen, die trotz der bisherigen Erfolge noch immer jedes Jahr frühzeitig das Bildungssystem verlassen, zur Ausschöpfung ihrer Potentiale in das (Aus-)bildungssystem zu reintegrieren.

Dafür sollen alle Jugendlichen befähigt werden, eigenständig die für sie passende Entscheidung für ihre (Aus-)bildung nach Beendigung der Pflichtschulzeit zu treffen. Jugendliche mit Behinderungen oder Teilleistungsschwächen sollen dahingehend unterstützt werden, Angebote wie z. B. Clearing oder Integrative Berufsausbildungen in Anspruch zu nehmen. Ein entsprechender Ausbau bzw. eine Weiterentwicklung der Angebote für benachteiligte Jugendliche ist im Rahmen des angesprochenenSchwerpunkts für Jugendliche in jedem Fall vorgesehen.

 

Frage 1:

Bereits in dieser Legislaturperiode werden in Abstimmung mit bereits eingeleiteten Maßnahmen des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur Reformschritte seitens des BMASK gesetzt, um zu gewährleisten, dass österreichweit jedem Schüler / jeder Schülerin nicht nur ein engmaschiges Netz an Unterstützungs- sowie  (Aus-)bildungsangeboten zur Verfügung steht, sondern auch jeder Jugendliche von einer individuellen Begleitung profitieren kann.

Über die Weiterführung und Optimierung der bereits bestehenden und sehr erfolgreichen Angebote wie Ausbildungsgarantie, Produktionsschulen und Clearing hinaus sollen zunächst ergänzende Programme pilotiert werden, die SchülerInnen vor Ende der Schulpflicht, Lehrlinge, Jugendliche in AMS-Angeboten sowie Jugendliche außerhalb von Schule, Beruf und AMS unterstützen:

Durch ein Beratungs-, Betreuungs- und Förderprogramm („Karrierecoaching“) sollen Jugendliche vor Absolvierung der Schulpflicht bzw. dem frühzeitigen Schulabbruch bis zur nachhaltigen Integration in den Arbeitsmarkt begleitet werden. Auch Lehrlinge, die von einer überbetrieblichen Lehrausbildung in ein betriebliches Lehrverhältnis wechseln, sollen im Bedarfsfall von einem Coach begleitet werden, an den sich Lehrlinge, Eltern und Unternehmen wenden können. Die Betreuung wird in pädagogisch­er, psychologischer und didaktischer Hinsicht erfolgen und eine Vermittlungs- und Ansprechfunktion übernehmen.

Zusätzlich zu den beschriebenen Maßnahmen sollen unter Zuhilfenahme von Mitteln des Europäischen Sozialfonds innovative Projekte gestartet werden, die nicht erwerbs­tätigen jugendlichen BildungsabbrecherInnen neue Perspektiven eröffnen sollen. Damit sollen sie motiviert werden, eine Ausbildung neu zu beginnen oder abzuschließen. In einem offenen Wettbewerb können entsprechende, innovative Vorschläge eingereicht werden, die dann auf diesem Weg finanziert und realisiert werden.

 

Fragen 2 bis 7:

Die am Arbeitsmarkt benachteiligten Personengruppen, wie auch Jugendliche mit Behinderungen oder Teilleistungsstörungen, sollten in einem besonderen Ausmaß vom Ausbau bzw. der Weiterentwicklung der Förderangebote profitieren, die konkrete Gestaltung der Partizipation an diesen wird durch die Erfahrungen aus den Pilotprojekten sowie Bedarfserhebungen in diesem Zusammenhang erfolgen.

Das bereits jetzt für benachteiligte Jugendliche erfolgreich durchgeführte Modell der Integrativen Berufsausbildung, die das Absolvieren einer Teillehre oder die Inanspruchnahme einer verlängerten Lehrzeit sowie die Begleitung durch eine Berufsausbildungsassistenz vorsieht und sowohl in der betrieblichen als auch in der überbetrieblichen Lehrausbildung angeboten wird, wird auch weiterhin wesentlicher Bestandteil der Weiterentwicklung von Förderprogrammen für diese Zielgruppe sein.

 

Frage 8:

Der Nationale Aktionsplan für Menschen mit Behinderung 2011-2020 (NAP Behinderung), der die Leitlinien der Österreichischen Behindertenpolitik bis 2020 enthalten soll, wird unter Beteiligung aller wichtigen behindertenpolitischen Akteure federführend von meinem Ressort erstellt.

Mit Schreiben vom 20. Mai 2011 habe ich alle Regierungsmitglieder ersucht, ihre Ziele und Maßnahmen für den NAP bekanntzugeben, wobei in diesem Zusammenhang auf die von der Zivilgesellschaft zu den einzelnen Bereichen vorgebrachten Vorschläge bzw. Kritikpunkte hingewiesen wurde. Im Bereich der Beschäftigung ist dabei neben der Ausbildung von Jugendlichen mit Behinderung natürlich auch die Schnittstelle zwischen Schule, Ausbildung und Beruf ein zentrales Thema. Insgesamt werden beschäftigungspolitische Maßnahmen für Menschen mit Behinderung einen wesentlichen Bereich im NAP darstellen.

Nach Sammlung der Beiträge der anderen Bundesministerien wird der NAP unter weiterer Einbindung der Zivilgesellschaft von meinem Ressort erstellt werden. Der Aktionsplan soll von der Bundesregierung noch im Jahr 2011 beschlossen werden.

 

Frage 9:

Vorweg darf ich auf meine Ausführungen zu Frage 1 verweisen. Ergänzend führe ich  Folgendes aus:

 

Im Mittelpunkt der Arbeitsmarktpolitik für Jugendliche stehen Beratungsangebote und Vermittlungsunterstützung sowie Nach- oder Höherqualifizierungsförderung. Einen wesentlichen Schwerpunkt bildet dabei die frühzeitige Unterstützung Jugendlicher am Übergang von der Schule in den Arbeitsmarkt, an deren Weiterentwicklung und Ausbau derzeit konkret gearbeitet wird (siehe auch Frage 1).

Seit nunmehr 10 Jahren wird benachteiligten jungen Menschen mit dem „Clearing“ professionelle Hilfestellung angeboten, um ihre Zukunftsperspektiven zu verbessern, sie so zu fördern und zu unterstützen, dass eine nachhaltige soziale und berufliche Integration möglich wird.

Mit „Clearing“ soll Jugendlichen mit Behinderung bzw. sonderpädagogischem Förderbedarf sowie Jugendlichen mit Lernbehinderung oder sozialen und emotionalen Beeinträchtigungen und ihren Eltern eine Entscheidungsgrundlage gegeben werden, damit sie eine berufliche Perspektive auf dem höchsten möglichen Niveau entwickeln und die dazugehörigen Schritte optimieren können. Dieses Service an der kritischen Schnittstelle zwischen Schule und Berufsleben wurde geschaffen, um den bestmöglichen Weg in ein Lehrverhältnis, eine berufliche Qualifizierung und Integration in den ersten Arbeitsmarkt sicherzustellen. Wo dies aufgrund individueller Problemlagen nicht möglich ist, entwickelt „Clearing“ Orientierungshilfen, um im Rahmen des breiten verfügbaren Spektrums an unterschiedlichen Angeboten zu einer vernünftigen Lösung zu kommen. Seit dem Start wurde das „Clearing“ flächendeckend in ganz Österreich ausgebaut.

„Clearing“ wird in allen Bundesländern als Einzelmaßnahme oder im Maßnahmenverbund mit anderen Angeboten wie Jobcoaching, Jugendarbeitsassistenz oder Berufsausbildungsassistenz umgesetzt. Die Gestaltung des Clearings ist flexibel auf die individuellen Voraussetzungen und den jeweiligen Bedarf abgestellt.

Die Anzahl der TeilnehmerInnen hat sich mit dem stufenweisen Ausbau des Clearingangebots seit 2001 kontinuierlich erhöht. Im Jahr 2010 konnten insgesamt 7.554 Jugendliche vom „Clearing“ profitieren.

Die durchaus positive Entwicklung und die guten Erfolge, die bei diesen benachteiligten Jugendlichen mit dem Clearing erzielt wurden, veranlassen mich, eine Ausweitung entsprechender Beratung- und Betreuungsangebote auf Jugendliche, die – obzwar nicht beeinträchtigt im klassischen Sinne – ohne Begleitstruktur Schwierigkeiten bei der beruflichen Erstintegration haben, vorzusehen.

Frage 10:

 

Das Regierungsprogramm sieht die Prüfung der Umsetzungsmöglichkeiten einer eigenständigen sozialversicherungsrechtlichen Absicherung von Menschen mit Behinderung vor, die in Einrichtungen der Beschäftigungstherapie tätig sind.

Da derartige Fragen sinnvoller Weise nur in enger Kooperation zwischen dem Bund und den Ländern erörtert werden können, hat die Landessozialreferentenkonferenz auf meinen Vorschlag die Einrichtung einer Arbeits­gruppe mit den Ländern unter Federführung des BMASK beschlossen. Die Arbeitsgruppe ist zu mehreren Sitzungen zusammengetreten. 

 

Ende des Jahres 2010 wurde vom BMASK eine wissenschaftliche Studie in Auftrag gegeben, die sich primär der auftretenden gesamtwirtschaftlichen Fragestellungen widmet. Im Rahmen des Projektes wurden gemeinsam mit den Ländern Kriterien erarbeitet, um auf der Basis vergleichbarer Daten mögliche Modelle zu einer insbesondere pensionsversicherungsrechtlichen Absicherung von Menschen in Einrichtungen der Beschäftigungstherapie berechnen zu können. Ein Zwischenergebnis wird vom Auftragnehmer Ende Juni 2011 vorgelegt und mit den Bundesländern diskutiert werden.

 

Die Einbeziehung des betroffenen Personenkreises in die gesetzliche Unfallversicherung konnte bereits verwirklicht werden.

 

Ich gehe davon aus, dass mit solchen Schritten die Durchlässigkeit in Richtung einer unterstützten Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt längerfristig deutlich erhöht werden müsste. Das Ziel meiner Bestrebungen im Bereich der Arbeitsmarkpolitik für Menschen mit Behinderung ist jedenfalls die möglichst umfassende Eingliederung in den offenen Arbeitsmarkt.