8604/AB XXIV. GP

Eingelangt am 03.08.2011
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BM für Gesundheit

Anfragebeantwortung

 

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag.a Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

Alois Stöger

Bundesminister

 

 

 

 

GZ: BMG-11001/0204-I/A/15/2011

Wien, am 2. August 2011

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische

Anfrage Nr. 8704/J der Abgeordneten Dr. Belakowitsch-Jenewein und weiterer Abgeordneter nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Fragen 1 und 2:

Es wird davon ausgegangen, dass es sich bei der angesprochenen Studie um die Arbeit von Paganelli, A., et al. (2010) "Glyphosate-based herbicides produce teratogenic effects on vertebrates by impairing retinoic acid signaling. Chem. Res. Toxicol. 23 (10): 1586-1595" handelt.

Diese Studie befasst sich experimentell mit den Auswirkungen einer Glyphosat-Exposition auf Embryonen des Krallenfrosches (Xenopus laevis) und auf Hühnerembryonen. Das Versuchssetting ist geeignet, im Rahmen der Grundlagenforschung entwicklungsphysiologische Abweichungen und deren molekulare Ursachen abzuklären. Die in der Publikation beschriebenen Testsysteme werden jedoch nicht für - international standardisiert durchgeführte - Toxizitätsstudien zur Risikoabschätzung für den Menschen eingesetzt. Eine Übertragung der im Krallenfrosch- oder Hühnerembryo erzielten Ergebnisse bzw. ein daraus abgeleitetes Gesundheitsrisiko für den Menschen sind somit aus folgenden Gründen zweifelhaft:

1. Die gewählten Modellsysteme sind nicht geeignet, relevante toxikologische Gefährdungspotentiale für die menschliche Gesundheit abzuleiten. Studien an Mäuse- oder Rattenembryonen wären in diesem Setting die Testorganismen der Wahl.

 

2. Die Expositionsrouten und –mengen entsprechen nicht jenen, die tatsächlich im menschlichen Organismus anzutreffen sind.

3. Die Publikation bringt keine experimentellen Beweise, die einen direkten kausalen Zusammenhang zwischen Glyphosat-Anwendung und Geburtsdefekten bei Kindern belegen. Diesbezügliche Zusammenhänge, Expositionswege und -mengen werden ausnahmslos indirekt abgeleitet bzw. postuliert.

4. Es ist nicht bekannt, ob die Zusammensetzung von "Roundup Classic", das in der angesprochenen Studie verwendet wurde, jener von "Roundup unkrautfrei" entspricht (unterschiedliche Zusatzstoffe können in Roundup-Formulierungen enthalten sein). Deshalb kann keine valide Aussage darüber getroffen werden, ob "Roundup unkrautfrei" idente Auswirkungen bezüglich entwicklungsbiologischer Vorgänge in den getesteten Modellsystemen zeigt oder nicht.

 

Anhand dieser vorliegenden Studie lässt sich somit kein erhöhtes Gefährdungspotential für Kinder ableiten.

Im Rahmen der Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzmittel (zuständig hierfür ist in Österreich das Bundesamt für Ernährungssicherheit bzw. das Bundesministerium für Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft) erfolgt eine umfassende Bewertung möglicher Risiken von Pflanzenschutzmitteln auf die menschliche und tierische Gesundheit bzw. die Umwelt. Hinsichtlich Glyphoshat kam die Zulassungsbehörde zum Schluss, dass bei sachgerechter Anwendung eine gesundheitliche Gefährdung auch von Kindern nicht gegeben ist.

Es ist jedoch zu beachten, dass es bei einem eventuellen Anbau von Glyphosat-toleranten transgenen Pflanzen zu einem vermehrten Einsatz dieses Herbizids und damit zu einer verstärkten Exposition von Mensch, Tier und Umwelt kommen kann, woraus sich unter Umständen eine neuerliche Risikobewertung bzw. gegebenenfalls eine Einschränkung der Anwendungsmöglichkeiten ergeben könnte.

 

Referenzen: Antoniou, M., Brack, P., Carrasco, A., Fagan, J., Habib, M., Kageyama, P., Leifert, C., Nodari, R. O. and Pengue, W. (2010). GM soy - Sustainable? Responsible?, GLS Gemeinschaftsbank eG, ARGE Gentechnik-frei: 1-32.

Antoniou, M., Habib, M. E., Howard, C. V., Jennings, R. C., Leifert, C., Nodari, R. O., Robinson, C. and Fagan, J. (2011). Roundup and birth defects: Is the public being kept in the dark?, Earth Open Source.

Gaines, T. A., Zhang, W., Wang, D., Bukun, B., Chisholm, S. T., Shaner, D. L., Nissen, S. J., Patzoldt, W. L., Tranel, P. J., Culpepper, A. S., Grey, T. L., Webster, T. M., Vencill, W. K., Sammons, R. D., Jiang, J., Preston, C., Leach, J. E. and Westra, P. (2010). Gene amplification confers glyphosate resistance in Amaranthus palmeri. Proc Natl Acad Sci U S A 107(3): 1029-1034.

Green, J. M. (2009). Evolution of glyphosate-resistant crop technology. Weed Science 57(1): 108-117.

Paganelli, A., Gnazzo, V., Acosta, H., Lopez, S. L. and Carrasco, A. E. (2010). Glyphosate-based herbicides produce teratogenic effects on vertebrates by impairing retinoic acid signaling. Chem. Res. Toxicol. 23(10): 1586-1595.

 

Frage 3 bis 6:

Zulassung und Markt- bzw. Anwendungskontrollen von Pflanzenschutzmitteln liegen ebenso wie die Kennzeichnung von Pflanzenschutzmitteln im Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft. Ich darf daher auf die Ausführungen des Herrn Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft zu der gleichlautend an ihn gerichteten parlamentarischen Anfrage Nr. 8799/J verweisen.

Für sämtliche in Österreich zugelassene Pflanzenschutzmittel werden im Rahmen der Zulassung entsprechend den chemikalienrechtlichen Bestimmungen Einstufungs- und Kennzeichnungselemente vorgeschrieben.