8607/AB XXIV. GP

Eingelangt am 03.08.2011
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BM für Gesundheit

Anfragebeantwortung

 

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag.a Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

Alois Stöger

Bundesminister

 

 

 

 

GZ: BMG-11001/0214-I/A/15/2011

Wien, am 1. August 2011

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische

Anfrage Nr. 8824/J der Abgeordneten Doppler und weiterer Abgeordneter nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Einleitend wird festgehalten, dass zur vorliegenden Anfrage eine Stellungnahme des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger eingeholt wurde.

 

Frage 1:

Es besteht aus Sicht des Leistungsrechtes der gesetzlichen Sozialversicherung keine Frist für österreichische Versicherte, weil das Thema, ob und wie ein Versicherungsschutz (bzw. eine Direktverrechnungsmöglichkeit) dokumentiert wird, Sache der Beziehung zwischen Ärztinnen/Ärzten und Patientinnen/Patienten ist. Wenn eine Ärztin/ein Arzt mit ihrer/seiner Abrechnung zuwarten kann/will, stehen ihm/ihr hierfür alle Möglichkeiten der jeweiligen Gesamtverträge offen; Obergrenze sind die zivilrechtlichen Verjährungsbestimmungen.

 

Für im Inland Versicherte (unabhängig von der Staatsangehörigkeit) besteht noch dazu die Möglichkeit, bei Nichtvorlage der e-card mithilfe der Ordinationskarte der Ärztin/des Arztes („o‑card“) ausnahmsweise in (aus Sicherheitsgründen) begrenztem Rahmen durch online-Abfrage durch Eingabe der Versicherungsnummer den Versichertenstatus abzufragen. Mit der geplanten Umstellung der EKVK auf ein elektronisches Verfahren (die nicht allein von Österreich abhängt), wird diese Vorgangsweise auch für EKVK-Daten möglich sein.

§ 5 Abs. 8 der Musterkrankenordnung des Hauptverbandes lautet wie folgt: „Die Versicherten haben damit zu rechnen, dass der Behandler/die Behandlerin berechtigt

ist, im Fall der Nichtvorlage einer e-card, einer EKVK oder einer EKVK-Ersatzbescheinigung oder eines e‑card-Ersatzbeleges als Sicherheitsleistung einen angemessenen Geldbetrag zu verlangen, welcher bei späterer Vorlage der Karte oder Ersatzbescheinigung rückerstattet wird. …“

 

Mit voller Absicht ist in diesem, aber auch in anderen Zusammenhängen kein Unterschied zwischen der Nichtvorlage einer e-card, einer EKVK oder eines anderen Beleges gemacht. In- und Ausländerinnen/In- und Ausländer haben gleichermaßen mit dem Verlangen nach einem finanziellen Einbehalt (Depot) zu rechnen. Ob und auf welche Weise die jeweilige Ärztin/der jeweilige Arzt usw. diese Möglichkeit nützt, bleibt den Ordinationsabläufen vorbehalten. In den Verträgen zwischen Sozialversicherung und Ärztinnen/Ärzten ist im Allgemeinen vorgesehen, dass dann, wenn die e-card oder die EKVK nachgebracht wird, das Depot wieder zurückzuzahlen ist. Dieser Zeitraum liegt in der Regel je nach Fall bei einigen Tagen bis zu zwei Wochen.

 

Darüber hinaus hat eine Ärztin/ein Arzt – wie bereits ausgeführt – die Möglichkeit, Versicherungsansprüche jederzeit mit den Versicherungsträgern zu verifizieren.

 

Die Gesamtverträge, welche nähere Bestimmungen über die Abrechnungen zwischen Ärztinnen/Ärzten und Krankenversicherungsträgern enthalten, sind unter www.avsv.at (Übersicht/Gesamtverträge) im Internet kostenlos zugänglich.

 

Frage 2:

Der geleistete Depotbetrag verfällt und/oder die Behandlerin/der Behandler reicht – wie jedes andere Unternehmen das auch tun würde – Klage auf Bezahlung ein. Die nähere Ausgestaltung ist – wie erwähnt – nicht Gegenstand des sozialversicherungsrechtlichen Leistungsrechts, sondern des Behandlungsvertrages der Patientin/des Patienten. Hier gilt das allgemeine Zivilrecht.

 

Es darf aber nicht übersehen werden, dass eine große Zahl von Ärztinnen/Ärzten dann, wenn bei plötzlichen Erkrankungen, bei Unfällen von Kindern usw. eine kurze Behandlung als Erste Hilfe notwendig wird und keine Belege vorliegen, von vornherein auf die Verwaltungsadministration verzichtet und praktisch kostenlos behandelt, weil der Ärztin/dem Arzt die geldwerten Vorteile in diesen Fällen nicht so wesentlich erscheinen.

 

Frage 3:

Ja. Davon wird jedoch selten Gebrauch gemacht, weil

·        einerseits das finanzielle Depot die Patientin/den Patienten motiviert, die Karte nachzubringen

·        als Ausweichlösung auch die Feststellung eines Anspruches auf anderen Wegen möglich ist (Stecken der Ordinationskarte, Versicherungsnummern, Rückfrage beim Versicherungsträger) und

·        eine „Verrechnung als Privatpatientin/Privatpatient“ in der Praxis nichts darüber aussagt, ob danach auch eine Zahlung erfolgt oder sie erfolgreich durchsetzbar ist.

 

Frage 4:

Für das Nachreichen der EKVK durch ausländische Versicherte gilt dieselbe Regelung wie für das Nachreichen der e-card durch Inländerinnen/Inländer, weil EKVK-Besitzerinnen/EKVK-Besitzer gleich wie Inländerinnen/Inländer zu behandeln sind. Ausländerinnen/Ausländer müssten sich natürlich ebenfalls ausweisen und – nachdem die Versicherungsdaten nicht wie bei Inländerinnen/Inländer als bekannt vorauszusetzen sind – das entsprechende Formular (Anhang 3 zur derzeit geltenden Musterkrankenordnung, kundgemacht im Internet www.avsv.at Nr. 106/2011) ausfüllen, in dem Reisepassdaten usw. verlangt werden.

 

Art. 25 Abs. 1 der Verordnung Nr. 987/2009 (Durchführungsverordnung zu Verordnung (EG) Nr. 883/2004) enthält folgende Regelung:

„Bei der Anwendung von Artikel 19 der Grundverordnung legt der Versicherte dem Erbringer von Gesundheitsleistungen im Aufenthaltsmitgliedstaat ein von dem zuständigen Träger ausgestelltes Dokument vor, das seinen Sachleistungsanspruch bescheinigt. Verfügt der Versicherte nicht über ein solches Dokument, so fordert der Träger des Aufenthaltsorts auf Antrag oder falls andernfalls erforderlich das Dokument beim zuständigen Träger an.“

 

Bei der Unterlagenanforderung kann der österreichische Träger je nach Lage des Falles somit auch Hilfe leisten. Eine Frist, die EKVK nachzureichen, ist im internationalen Recht genauso wenig wie innerstaatlich festgelegt. Krankenversicherungsträger erfahren meist erst dann von einem nicht vorhandenen Anspruchsnachweis, wenn der Vertragspartner bzw. die Patientin oder der Patient beim Versicherungsträger anfragt.


Frage 5:

Wenn ausländische Versicherte die EKVK nicht nachreichen, ergeben sich dieselben Konsequenzen wie bei Inländerinnen/Inländer, die die e‑card nicht nachreichen.

 

Die nähere Ausgestaltung ist nicht Gegenstand des sozialversicherungsrechtlichen Leistungsrechts, sondern des Behandlungsvertrages der Patientin/des Patienten.

 

Fragen 6 bis 8:

Die Verrechnung als Privatpatientin/Privatpatient ist zulässig (siehe dazu auch die Beantwortung der Frage 3). Dies gilt für die Inanspruchnahme von Vertragsärztinnen/Vertragsärzten (Allgemein­medizinerinnen/Allgemeinmediziner, Fachärztinnen/Fachärzten, Zahnärztinnen/Zahnärzten) gleichermaßen wie für Krankenanstalten. Die Regeln der Sozialversicherung für Patientinnen/Patienten, wie sie in der Krankenordnung festgelegt sind, unterscheiden in diesem Punkt nicht nach Behandlerinnen/Behandler. Die (Gesamt-/Krankenversicherungs-)Verträge mit diesen Gesundheitsdiensteanbieterinnen/Gesundheitsdiensteanbieter wiederum haben das nicht zu regeln, weil es sich um eine private Verrechnung handelt. Wie die Rechtsträger von Krankenhäusern ihre Administration organisieren, kann von der Sozialversicherung ebenso wenig beein­flusst werden wie bei Ärztinnen/Ärzten.

 

In diesem Zusammenhang ist neuerlich auf die Vorgangsweise nach dem bereits in Beantwortung der Frage 4 zitierten Art. 25 VO (EG) Nr. 987/2009 zu verweisen. Es besteht damit keine Verpflichtung, jedenfalls von vornherein Privathonorarnoten auszustellen.

 

Frage 9:

Sozialversicherungsträger kommen mit solchen Fällen nur dann in Berührung, wenn sie selbst Behandlungsleistungen erbringen, z.B. in Gesundheitszentren. Wenn sich dort ein solcher Fall ergibt, wird vorher geprüft, ob nicht doch ein ausländischer Anspruch besteht und die Rechnung weitergeleitet. Wenn kein Anspruch besteht, verfallen die Depots, sodass die Belastung insgesamt betrachtet gering ist. Statistiken werden darüber nicht geführt (abgesehen davon, dass das Thema ja auch die Nichtvorlage der e-card durch Inländerinnen/Inländern betrifft, Unterscheidungen nach Staatsbürgerschaftsstatus dem Leistungsrecht im Allgemeinen fremd sind und weiters abgesehen davon, dass die Spitalsfinanzierung pauschaliert erfolgt und Einzelleistungen schon deswegen schwer bzw. nicht herausrechenbar sind).

 

Es entzieht sich somit weitestgehend der Kenntnis der Sozialversicherung, ob ausländische Versicherte ohne Vorlage einer Versicherungsbestätigung und ohne Bezahlung der Kosten behandelt werden, wenn es sich nicht um sozialversicherungseigene Einrichtungen handelt. Wer gegebenenfalls die Kosten letztlich in solchen Fällen trägt, kann seitens der Krankenversicherungsträger daher nicht beantwortet werden, weil sie nichts davon erfahren.

 

Frage 10:

Die Behandlerinnen/Die Behandler müssen die Privatrechnungen selbst einfordern. Ob dies geschieht, wird unter anderem davon abhängen, wie die Chancen einer Einbringung eingeschätzt werden und ob der Betrag den Aufwand einer Klage und eines Exekutionsverfahrens im Ausland rechtfertigen würde.