8697/AB XXIV. GP

Eingelangt am 12.08.2011
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BM für Inneres

Anfragebeantwortung

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag.a Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

 

 

GZ: BMI-LR2220/0730-II/2011

 

 

Wien, am       . August 2011

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Korun, Öllinger, Freundinnen und Freunde haben am   15. Juni 2011 unter der Zahl 8769/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend „grüne Bezirksrätin von rechtsradikalen Hooligans bedroht, Polizei bleibt tatenlos“ gerichtet.

 

Diese Anfrage beantworte ich nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Zu den Fragen 1 bis 3:

Das Vorgehen der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ist durch zahlreiche Erlässe des Bundesministeriums für Inneres geregelt. Die bundesweite Einsatzphilosophie im Zu-sammenhang mit Sportgroßveranstaltungen basiert grundsätzlich auf der „3 D – Ein-satzphilosophie“ (Dialog, Deeskalation, Durchsetzen).

 

Für jedes Fußballspiel ergeht ein gesonderter Behördenauftrag, in welchem unter anderem die Ziele des polizeilichen Einsatzes sowie deren Prioritätenreihung verfügt werden. Im konkreten Fall zählten zu den Zielen des polizeilichen Einsatzes die Vorbeugung und Be-endigung von gefährlichen Angriffen und Verwaltungsübertretungen, die Gewährleistung eines reibungsloses Ablaufes der Sportveranstaltung selbst und die Hintanhaltung gravierender Beeinträchtigungen des öffentlichen Lebens, wobei der Verhinderung gerichtlich strafbarer Handlungen die höchste Priorität beigemessen wurde.

 

Zu den Fragen 4 bis 6:

Ja, sofern alle Tatbestandsmerkmale erfüllt sind. Bei der Beleidigung (§ 115 Strafgesetzbuch - StGB) handelt es sich um ein Privatanklagedelikt, weshalb der Beleidigte selbst beim zuständigen Gericht eine Privatanklage einzubringen hat.

 

Zu den Fragen 7 bis 9:

Vom Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung Wien (LVT) wurden Ermittlungen im Hinblick auf eine Übertretung des § 3g Verbotsgesetz geführt. In weiterer Folge wurde gegen unbekannte Täter Anzeige wegen Übertretung des § 3g Verbotsgesetzes erstattet. Die Schilderung der Aufforderin N. R. war maßgeblich für die weitere Amts-handlung gemäß § 3g Verbotsgesetz.

 

Zu Frage 10:

Eine der Hauptaufgaben der Polizei stellt die Aufklärung gerichtlich strafbarer Handlungen dar. Im gegenständlichen Fall wurden die diesbezüglichen notwendigen Ermittlungen vom LVT Wien geführt.

 

Zu den Fragen 11 und 12:

Allgemein wird versucht, im Rahmen von Fußballspielen bereits durch präventive Maß-nahmen Straftaten zu verhindern. Jedoch ist zwingend die Bestimmung des § 29 Sicher-heitspolizeigesetz (SPG) zu beachten, welcher die Verhältnismäßigkeit von Eingriffen in Rechte von Menschen regelt.

 

Werden beim unverzüglichen Einschreiten Kräfte gebunden, die bei schwerwiegenderen Vorfällen dringender benötigt werden, müssen Prioritäten gesetzt und die erforderlichen Erhebungen im geringeren Anlassfall zu einem späteren Zeitpunkt vorgenommen werden.

 

Der Sachverhalt wird jedenfalls einer straf-, dienst- und disziplinarrechtlichen Überprüfung unterzogen.


Zu Frage 13:

Gemäß § 21 Abs. 1 und 2 SPG obliegt den Sicherheitsbehörden die Abwehr allgemeiner Gefahren bzw. haben sie gefährlichen Angriffen unverzüglich ein Ende zu setzen. Gerichtliche und verwaltungsstrafrechtliche Delikte sind nach dem Offizialprinzip amtswegig zur Anzeige zu bringen. Beim anfragerelevanten Vorfall war der gefährliche Angriff bereits beendet. Ermittlungen wegen der Übertretung gem. § 3g Verbotsgesetz wurden in weiterer Folge vom LVT geführt.

 

Zu Frage 14:

Die Personalien von Zeugen und Auskunftspersonen werden aufgenommen, da diese Personen im Zuge der Ermittlungstätigkeiten einvernommen und zu diesem Zweck vorge-laden werden müssen.

 

Zu Frage 15:

Seitens des LVT Wien werden seit dem 6. Juni 2011 Ermittlungen nach dem Verbotsgesetz geführt. In diesem Zusammenhang wurde die Aufforderin N.R. am 17. Juni 2011 und am                 21. Juni 2011 als Zeugin und Auskunftsperson einvernommen, wobei sie zur Identifizierung der Hooligans unter anderem auch in eine am 3. Juni 2011 aktuell erstellte Sammlung von Fotos deutscher Hooligans Einsicht nehmen konnte.

 

Der Anfalls- und Anlassbericht wurde am 21. Juni 2011 der Staatsanwaltschaft Wien übermittelt. Bisher langten dazu noch keine weiterführenden Gerichtsaufträge ein.

 

Zu Frage 16:

Exekutivbedienstete werden im Rahmen von Schulungen permanent im Hinblick auf Wahr-nehmung und Ahndung von Offizialdelikten sensibilisiert.

 

Zu Frage 17:

Die Sicherheitslage im Zusammenhang mit Sportveranstaltungen wird seitens des Bundesministeriums für Inneres laufend geprüft und ausgewertet; entsprechende Maß-nahmen werden bedarfsorientiert angeordnet. Als besondere Maßnahmen im Hinblick auf die Fußballsaison 2011/2012 sind die konsequente Nutzung polizeilicher Befugnisse zur Durchsuchung von Personen und Räumlichkeiten, die Sicherstellung polizeilicher Präsenz während der Einlasskontrollen durch private Ordner-/Sicherheitsdienste, die intensivierte polizeiliche Begleitung von Auswärtsspielen durch szenekundige Beamte, der verschärfte Vollzug der rechtlichen Möglichkeiten von Wegweisungen und Betretungsverboten sowie normverdeutlichender Maßnahmen gem. §§ 49b u. 49c SPG und die institutionalisierte Abhaltung von Sicherheitsmeetings vorgesehen.

 

Zu den Fragen 18 und 19:

Es entspricht dem Standardvorgehen der Polizei, nach Prüfung und Beurteilung der konkreten Lage bei Fußballspielen, Daten gewaltbereiter Personen anzufordern. Gemäß      § 57 Abs. 1 Z 11a SPG dürfen die Sicherheitsbehörden Daten eines Gewalttäters ermitteln und im Rahmen einer Zentralen Informationssammlung (EKIS) verarbeiten, wenn der Betroffene einen gefährlichen Angriff gegen Leben, Gesundheit und Eigentum im Zusammenhang mit einer Sportgroßveranstaltung begangen hat und zu befürchten ist, er werde bei künftigen Sportgroßveranstaltungen weitere gefährliche Angriffe begehen und dies für die Zwecke des § 49a (Wegweisung aus dem Sicherheitsbereich) SPG erforderlich ist. Dies gilt auch bei vergleichbaren Sachverhalten über Mitteilung einer ausländischen Sicherheitsbehörde.

 

Die Speicherung dieser Daten erfolgt für die Dauer einer maßgeblichen Sportgroß-veranstaltung in der Personeninformation (PI) des EKIS und trägt die Bezeichnung „Gewalt-täter Sportgroßveranstaltung“. Diese Information scheint bei PI-Auskünften nach dem Stammdatensatz auf und ist als Hinweis für das Einschreiten bei einschlägigen Amts-handlungen zu behandeln. Die Einträge erfolgen unter denselben rechtlichen Voraussetzungen wie bei inländischen Datensätzen.

 

Aufgrund der vorliegenden Gefährdungsprognose wurden auf Anfrage des Bundes-ministeriums für Inneres von der deutschen Zentralen Informationsstelle Sport zeitgerecht relevante Personendaten übermittelt.