8713/AB XXIV. GP

Eingelangt am 12.08.2011
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BM für Gesundheit

Anfragebeantwortung

 

 

 

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag.a Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

Alois Stöger

Bundesminister

 

 

 

 

GZ: BMG-11001/0225-I/A/15/2011

Wien, am 11. August 2011

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische

Anfrage Nr. 8896/J der Abgeordneten Kurt Grünewald, Freundinnen und Freunde nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Frage 1:

Seitens der Sozialversicherung werden intensive Bemühungen zur „Qualitätssicherung Darmkrebsvorsorge“ für ganz Österreich betrieben. In diesem Zusammenhang wurde im Mai 2007 seitens des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger gemeinsam mit der ÖGGH (Österreichische Gesellschaft für Gastroenterologie und Hepatologie) das Projekt „Qualitätssicherung


Darmkrebsvorsorge“ ins Leben gerufen und dieses aufgrund der hervorragenden Evaluierungsergebnisse mehrmals verlängert.

Im Rahmen dieses Projektes wurde von der ÖGGH in Zusammenarbeit mit der Österreichischen Krebshilfe und dem Hauptverband ein Qualitätszertifikat entwickelt, das alle Qualitäts-Aspekte dieser Vorsorgeuntersuchung beschreibt. Dieses Zertifikat wird niedergelassenen Ärzt/inn/en sowie Spitalsambulanzen, die Vorsorgekoloskopien durchführen, auf Antrag bei Erfüllung der Qualitätskriterien für eine befristete Dauer von zwei Jahren verliehen. Auch die elektronische Dokumentation wurde im Rahmen dieses Projektes sichergestellt. Eine bei der ÖGGH eingerichtete Zertifizierungsstelle vergibt die Zertifikate auf Grund genau definierter Auflagen. Die Teilnahme erfolgt freiwillig. Rund die Hälfte aller endoskopierenden Stellen in Österreich nimmt derzeit freiwillig an dem Projekt teil.

 

Eine ausführliche Leitlinie für die „Qualitätsgesicherte Vorsorgekoloskopie“ wurde von der ÖGGH im Rahmen des Projektes entwickelt und zur Anerkennung als

Bundesqualitätsleit- oder -richtlinie in meinem Ressort eingereicht. Es müssen allerdings noch weitere Gespräche über die Prozesse des Anerkennungsverfahrens geführt werden.

Dieses erfolgreiche Projekt „Qualitätssicherung Darmkrebsvorsorge“ liefert österreichische Erfahrungswerte von höchster wissenschaftlicher Qualität und ist der erste Meilenstein zur Sicherstellung von Qualität im Bereich der Vorsorgekoloskopie.

 

Frage 2:

Ich verweise dazu zunächst auf die Beantwortung der Frage 1.

 

Das Gesundheitsqualitätsgesetz stellt eine Klammer über alle Qualitätsvorgaben dar, sieht aber selbst keine Qualitätsstandards vor, sondern beinhaltet beispielsweise Verordnungsermächtigungen für verpflichtende Qualitätsstandards. Für die Durch­führung von Koloskopien existieren derzeit keine aufgrund des Gesundheitsqualitäts­gesetzes erlassenen Qualitätsstandards. Die Regelung von Honoraren ist nicht Gegen­stand des Gesundheitsqualitätsgesetzes.

 

Weiters möchte ich festhalten, dass die Sozialversicherungsträger in Österreich bekanntlich Körperschaften des öffentlichen Rechts und verfassungsrechtlich nach den Grundsätzen der Selbstverwaltung eingerichtet sind. Die Sozialversicherungsträger agieren selbständig und eigenverantwortlich im Rahmen ihres Zuständigkeitsbereiches. Anderen Behörden kommt gegenüber den Sozialversicherungsträgern keine Weisungsbefugnis zu.

 

Die Vorsorgekoloskopie ist seit dem Jahr 2005 Bestandteil des Vorsorgeuntersuchungsprogrammes. Die Sozialversicherung war im Rahmen der Gesamtvertragsverhandlungen zur Vorsorgeuntersuchung-Neu in den Jahren 2004 bzw. 2005 bemüht, eine österreichweit einheitliche Regelung für die Vorsorgekoloskopie zu erreichen. Ein diesbezüglicher Text wurde erarbeitet.


Ein Abschluss mit der Österreichischen Ärztekammer aufgrund eines fertigen Konzeptes, das auch Qualitätsstandards vorsah, scheiterte jedoch daran, dass die Österreichische Ärztekammer die Umsetzung dieser Qualitätsstandards mit Honorarforderungen verknüpfte, die für die Sozialversicherung auf österreichweiter Ebene nicht akzeptabel waren.

Erst infolge des Scheiterns der Einführung von bundesweit einheitlichen Regelungen haben die einzelnen Krankenversicherungsträger für den niedergelassenen Sektor Maßnahmen für eine ausreichende Versorgung im Bereich der Vorsorgekoloskopie getroffen. An dieser Stelle möchte ich festhalten, dass im niedergelassenen Bereich - neben der Vorsorgekoloskopie - bei Krankheitsverdacht jederzeit eine kurative Koloskopie durchgeführt und mit der gesetzlichen Krankenversicherung abgerechnet werden kann.

 

Frage 3:

Wie durch die vor Kurzem gefassten Beschlüsse in der Bundesgesundheitskommis­sion am 1. April und am 1. Juli 2011 belegt, besteht großes Einvernehmen zwischen Bund, Ländern und Sozialversicherung darüber, dass Gesundheitsförderung und Präventionsmaßnahmen massiv zu fördern und zu stärken sind. So wurde u.a. auch in der Bundesgesundheitskommission am 1. April 2011 vereinbart, dass der Themen­bereich Gesundheitsförderung/Prävention im Rahmen einer eigenen Tagung der Bundesgesundheitskonferenz auf möglichst breiter Ebene behandelt und diskutiert werden soll. Zudem hat sich die Bundesgesundheitskommission am 1. Juli 2011 auch darauf verständigt, in den nächsten 3 Jahren insgesamt 10 Mio. Euro gezielt für Vorsorgemaßnahmen mit dem Schwerpunktthema „Ernährung“ zur Verfügung zu stellen. Wenn Krankheiten aufgrund einer funktionierenden qualitativ hochwertigen Prävention frühzeitig erkannt oder durch effektive Gesundheitsförderungsmaßnah­men vermieden werden können, ist das nicht nur im Interesse der Patientinnen und Patienten, sondern führt das volkswirtschaftlich auch zu geringeren Gesundheitsausgaben. Daher ist Gesundheitsförderung und Prävention ein wesentlicher Schwerpunkt sowohl auf Bundesebene als auch zunehmend auf Länderebene. Die im Rahmen der laufenden Diskussionen mit den Ländern und der Sozialversicherung erarbeiteten Ziel- und Maßnahmenkataloge sollen selbstverständlich auch Bestandteil einer künftigen 15a-Vereinbarung werden.

 

Frage 4:

Bereits 2005 ist der Sozialversicherung insbesondere auch aufgrund ihres hohen Finanzierungsanteils ein größeres Mitspracherecht auch für den stationären Sektor eingeräumt worden. So sind etwa alle wesentlichen Angelegenheiten in der Bundesgesundheitskommission im Einvernehmen zwischen Bund, Ländern und Sozialversicherung zu beschließen. Darunter fallen der Öster­reichische Strukturplan Gesundheit, die Dokumentation im Gesundheitswesen und leistungsorientierte Finanzierungssysteme wie die LKF. Darüber hinaus sind derzeit Gespräche zwischen Bund, Ländern und der Sozialversicherung hinsichtlich einer gemeinsamen Steuerung


und Planung des österreichischen Gesundheitswesens im Gange, im Rahmen derer ich auf eine verstärkte sektorenübergreifende Zusammenarbeit zwischen Sozialversicherung und Ländern hinwirken werde.

 

Frage 5:

Der Reformpool hat die mit ihm verbundenen Intentionen – wie auch der Rechnungs­hof bereits festgestellt hat – leider nur teilweise erfüllt. Daher werden der Reform­pool und seine bisherige Wirksamkeit im Zuge der Verhandlungen mit den Ländern zu einer neuen 15a-Vereinbarung seitens des Bundes sicherlich thematisiert und ent­sprechende Anpassungen zur Verbesserung der Effektivität dieses Instrumentariums bzw. auch allenfalls wirksame Alternativen vorgeschlagen und eingefordert werden.

 

Frage 6:

Der erste Schritt zur Beseitigung der angesprochenen Schnittstellen war die Einrich­tung der Bundesgesundheitsagentur und der Landesgesundheitsplattformen samt den Regelungen zu den Beschlussmodalitäten ab dem Jahr 2005. In diesen Gremien, die für das gesamte österreichische Gesundheitswesen zuständig sind, sind die wesentlichen Akteure und Finanziers (Bund, Länder und Sozialversicherung usw.) vertreten. Wesentliche weitere Schritte sind jedenfalls die Umsetzung einer gemein­sam verantworteten Planung und Steuerung im Gesundheitswesen sowie die Schaffung der dafür erforderlichen Voraussetzungen, wie z.B. die Sicherstellung einer sektorenüber­greifenden, aufeinander abgestimmten Dokumentation und die Entwicklung entsprechender Vergütungssysteme auf Basis dieser Daten.

 

Frage 7:

Die in der Anfrage vorgeschlagene bundesweite Lösung ist – wie in Beantwortung der Frage 2 dargestellt – an der Haltung der Österreichischen Ärztekammer gescheitert. Dennoch haben sich die einzelnen Versicherungsträger mit Erfolg bemüht, regionale Lösungen anzubieten. Selbstverständlich wäre eine österreichweit einheitliche Vorgangsweise erstrebenswert; wenn jedoch ein anderer Lösungsansatz ebenfalls ein vertretbares Ergebnis zeitigt, sollte dies nicht gering geschätzt werden. Die Verringerung der Anzahl der Versicherungsträger erscheint kein gangbarer Weg zur Erreichung eines österreichweit einheitlichen Vorgehens bei der Vorsorge-Koloskopie. Wenn nämlich in der gegenwärtigen Situation eine bundesweite Lösung nicht erreichbar ist, wird diese auch nicht wahrscheinlicher, wenn der Ärztekammer ein Versicherungsträger als Verhandlungspartner gegenübersteht. Auch in diesem Fall wird eine Vereinbarung nicht zustande kommen. Der Unterschied liegt lediglich darin, dass dann auch Vereinbarungen auf regionaler Ebene nicht mehr möglich wären. Inwieweit eine „Stärkung“ des Hauptverbandes erfolgen sollte, die zu einer Ausgangssituation führt, die eine gesamthafte Lösung wahrscheinlicher macht, ist aus der gleichen Überlegung nicht nachvollziehbar.

Erfahrungen aus der Bundesrepublik Deutschland belegen jedenfalls, dass Zusammenlegungs- bzw. Zentralisierungsschritte nicht als konstruktiver Beitrag zur diesbezüglichen Problemlösung betrachtet werden können.


Frage 8:

Die soziale Krankenversicherung trifft im Rahmen ihrer Leistungsverpflichtung zur präventiven Koloskopie auch die Verpflichtung zu deren Kostentragung (direkt im niedergelassenen Bereich bzw. anteilig über die jährlichen Pauschalzahlungen zur Krankenanstaltenfinanzierung im Rahmen des LKF-Systems). Die Entscheidung hinsichtlich einer allfälligen finanziellen Beteiligung anderer Stellen wäre von denselben aus der Sicht ihres jeweiligen Zuständigkeitsbereiches zu treffen.