8736/AB XXIV. GP

Eingelangt am 16.08.2011
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Justiz

Anfragebeantwortung

 

 

Der Abgeordnete zum Nationalrat Rupert Doppler und weitere Abgeordnete haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Obduktion von Drogentoten“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1 und 2:

Die Durchführung einer Obduktion kann nicht nur auf strafprozessualer Grundlage erfolgen, sondern es sind daneben – gerade im Hinblick auf gesundheitliche bzw. gesundheitspolitische Aspekte – auch sanitätspolizeiliche Vorschriften zu berücksichtigen. Meine Beantwortung muss sich daher auf die in die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Justiz fallenden – im Zusammenhang mit einem Strafverfahren stehenden – Obduktionen beschränken.

Nachdem das Suchtmittelgesetz (SMG) keine besonderen Regeln über die Anordnung von Obduktionen vorsieht, kommen die allgemeinen strafprozessualen Vorschriften zur Anwendung. Gemäß § 128 Abs. 2 StPO ist eine Obduktion zulässig, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Tod einer Person durch eine Straftat verursacht worden ist. Sie ist von der Staatsanwaltschaft anzuordnen, die mit der Durchführung eine Universitätseinheit für Gerichtliche Medizin oder einen Sachverständigen aus dem Fachgebiet der Gerichtsmedizin, der kein Angehöriger des wissenschaftlichen Personals einer solchen Einrichtung ist, zu beauftragen hat.

Kann ein Zusammenhang mit einer Straftat ausgeschlossen werden, ist eine Obduktion nach § 128 StPO nicht zulässig, mag die Todesursache auch ansonsten durchaus unklar sein, in derartigen Fällen kann aber eine Obduktion aufgrund anderer Rechtsvorschriften zulässig oder sogar geboten sein (vgl. Tipold in WK-StPO § 128 Rz 14-15 unter Hinweis auf zB § 25 KAKuG).

Es ist nicht Aufgabe des Strafverfahrens, einen Tatverdacht gegen einen bereits Verstorbenen zu klären. Allfällige vom Verstorbenen selbst im Zusammenhang mit dem Suchtmittelmissbrauch begangene Straftaten können daher nicht Anlass für eine Obduktion sein. Liegen keine Verdachtsmomente für Fremdverschulden vor, darf die Staatsanwaltschaft aufgrund des gesetzlichen Auftrags eine Obduktion nicht anordnen. Auch hat die Staatsanwaltschaft bei der Erteilung des Gutachtensauftrags die Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit zu beachten. Sinn einer Beauftragung eines gerichtsmedizinischen Gutachters ist die Abklärung von Anhaltspunkten für Fremdverschulden als Todesursache.

Zu 3 bis 8:

Eine Beantwortung der Fragen ist hinsichtlich der tatsächlich angeordneten Obduktionen mangels Verknüpfung im Register der Verfahrensautomation Justiz, hinsichtlich der unterbliebenen Obduktionen mangels Dokumentation derselben nicht möglich.

Der Erlass des Bundesministeriums für Justiz vom 18. Juli 2005 über die Aufnahme eines Amtsvermerks über Erklärungen und Anordnungen im Zusammenhang mit Grundrechtseingriffen (Haft, Hausdurchsuchung, Überwachung einer Telekommunikation) im Journal und Rufbereitschaftsdienst der Staatsanwaltschaften empfiehlt lediglich in Einzelfällen die Anfertigung eines Amtvermerkes bei unterbliebener Anordnung (z.B. Obduktionen). Bei unterbliebenen Obduktionen liegt daher im Regelfall keine bzw. keine vollständige Dokumentation des Sachverhaltes und der Erwägungen, aus welchen Gründen von einer Anordnung Abstand genommen wurde, vor.

Nachdem für die rechtliche Beurteilung, ob eine Obduktionsanordnung nach § 128 StPO zu ergehen hat, nur die Frage, ob der Tod durch eine andere Person verursacht sein könnte, maßgeblich ist, wäre in jenen Fällen, in denen Fremdverschulden ausgeschlossen werden kann, die tatsächliche oder vermutete medizinische Todesursache ein rechtlich unerheblicher Umstand, der keiner Dokumentation bedarf.