8764/AB XXIV. GP

Eingelangt am 17.08.2011
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BM für Inneres

Anfragebeantwortung

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag.a Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

 

 

GZ: BMI-LR2220/0611-II/10/a/2011

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Korun, Steinhauser, Freundinnen und Freunde haben am 17. Juni 2011 unter der Zahl 8881/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend „Nichtauffinden eines U-Häftlings trotz Vermisstenanzeige“ gerichtet.

 

Diese Anfrage beantworte ich nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Zu den Fragen 1 und 2:

Im Kriminalistischen Leitfaden (KLF) des Bundeskriminalamtes, der allen Bediensteten des Bundesministeriums für Inneres per Intranet zugänglich ist, finden sich zum Themenbereich „Abgängigkeit“ und „Fahndung“ Handlungsanleitungen hinsichtlich der Anzeigenaufnahme und den zu setzenden Erhebungs- und Fahndungsmaßnahmen. Es wird um Verständnis dafür ersucht, dass die Inhalte des KLF aus technischen Gründen nicht übermittelt werden können, da es sich um ein Hypertextdokument handelt.

 

Zum Themenbereich „Abgängigkeit“ wird den Bediensteten im KLF eine Checkliste zur Verfügung gestellt, die die einzelnen Schritte bei der Anzeigenaufnahme, der Priorierung und Erkenntnisgewinnung, den zu treffenden Erstmaßnahmen, der Ausschreibung, den Berichterstattungsverpflichtungen und dem Abschluss-Bericht zusammenfassend darstellt.


Für den Bereich der Bundespolizeidirektion Wien wurde eine ab dem 1. September 2007 gültige Dienstanweisung betreffend „Abgängige“ erlassen, in der im Zusammenhang mit Abgängigkeiten die sicherheitspolizeilich relevanten Rechtsbestimmungen und die Vor-gangsweise zusammengefasst wurde.

 

Des Weiteren sind die sachlichen und örtlichen Zuständigkeiten, insbesondere hinsichtlich der Entgegennahme von Abgängigkeitsanzeigen und der Dokumentation von Fahndungs-maßnahmen festgehalten, auch die zu verwendenden Formulare und deren Befüllung sind angeführt.

 

Auch Maßnahmen, die in besondere Fällen, wie die bei Abgängigkeiten aus Spitälern und Geriatriezentren auf Grund der mit dem Krankenanstaltenverbund vereinbarte spezifische Vorgehensweisen, bei der Ermittlung des Aufenthaltes Minderjähriger oder im Katastrophen-fall zu setzen sind, sind dargestellt.

 

Außerdem enthält die Dienstanweisung noch Hinweise auf interne Berichterstattungs-verpflichtungen in besonderen Fällen und auf die Möglichkeit der Krisenunterbringung von Kindern und Jugendlichen.

 

Zu den Fragen 3 und 5:

Nach Aufnahme der Vermisstenanzeige wurden folgende Schritte gesetzt:

 

In weiterer Folge wurde unmittelbar nach Aufnahme der Vermisstenanzeige eine Nachschau an der Wohnadresse, dem zugehörigen Dachboden und Keller sowie in spezifischen Bereichen des 20. und 2. Wiener Gemeindebezirks (Parkanlagen sowie „Millenium City“) durchgeführt. Auch wurden die Nummern zweier Mobiltelefone des Vermissten mehrfach angewählt; die Endgeräte waren jedoch nicht in Betrieb.


Zu Frage 4:

Das Vorgehen entsprach zwar den entsprechenden Vorschriften, doch wurden nicht alle im KLF angeführten Maßnahmen gesetzt.

 

Zu Frage 6:

Gemäß dem KLF sind im Falle einer Abgängigkeit folgende Datenbanken durch die aufnehmenden Bediensteten abzufragen:

Bei Fremden und Asylwerbern sind überdies das

abzufragen.

 

Weitere Abfragen sind über das Landeskriminalamt durchzuführen:

 

Im KLF findet sich auch eine beispielhafte Aufzählung von Institutionen, zu denen im Falle von Abgängigkeit telefonisch der Kontakt hergestellt werden kann, wie z. B. Krankenan-stalten, Frauen- bzw. Männerhäuser, Pflegeanstalten, Obdachlosenheime, Sozialämter oder Verkehrsbetriebe.


Zu den Fragen 7, 8 und 10:

Nein.

Bei der Aufnahme der Abgängigkeitsanzeige wurde irrtümlich angenommen, dass eine Anfrage bei den Justizanstalten bzw. Polizeianhaltezentren aufgrund der Einsichtnahme in die „Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung“ obsolet sei.

 

Bei der Speicherung im elektronischen Protokollierungssystem (PAD) im Zusammenhang mit der Festnahme wurde, entsprechend der Eintragung im Reisepass, nur ein Vorname von Dario D. eingetragen. Bei der Aufnahme der Vermisstenanzeige wurde das PAD jedoch mit den Daten aus dem Zentralen Melderegister (ZMR) befüllt. Im ZMR wird D. jedoch mit seinen beiden Vornamen Dario Yunus geführt. Somit konnte mangels Übereinstimmung auch kein Treffer im Fall der Festnahme-Eintragung erzielt werden.

 

Auch wurde von der Justiz die Haftadresse des D. im ZMR erst einen Tag nach Aufnahme der Vermisstenanzeige, also am 3. Juni 2011, gespeichert.

 

In Bezug auf A. wird auf die Beantwortung der parlamentarische Anfrage 2004/J (2023/AB vom 8. Juli 2009) verwiesen.

 

Zu Frage 9:

Eine automationsunterstützte Abfrage gibt es aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht. Im Falle einer Abgängigkeit müssen Einzelabfragen in den bestehenden Datenbanken erfolgen. 

 

Zu Frage 11:

Es handelt sich keinesfalls um strukturell begründete, wiederkehrende Missstände, sondern um bedauerliche Einzelfälle, deren Ursachen in unterschiedlichen Faktoren begründet waren. Beide Vorfälle wurden einer umfassenden Evaluierung unterzogen und die daraus gewonnenen Erkenntnisse werden, auch edv-technisch, entsprechend umgesetzt werden.