8772/AB XXIV. GP
Eingelangt am 17.08.2011
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Bundeskanzler
Anfragebeantwortung
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An die Präsidentin des Nationalrats Maga Barbara PRAMMER Parlament 1017 W i e n |
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GZ: BKA-353.110/0119-I/4/2011 |
Wien, am 17. August 2011 |
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Die Abgeordneten zum Nationalrat Neubauer, Kolleginnen und Kollegen haben am 17. Juni 2011 unter der Nr. 8870/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend Begnadigung der Südtiroler Freiheitskämpfer Peter Kienesberger und Dr. Erhard Hartung gerichtet.
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu den Fragen 1 und 2:
Ø Widerspricht die Aussage des Herrn LH-Stv. nicht dem verfassungsmäßigen Grundrecht, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind (Art. 2 StGG sowie Art. 7 B-VG)?
Ø Ist Ihnen bekannt, dass die beiden genannten Personen 1971 von einem österreichischen Geschworenengericht freigesprochen wurden und nach einer Berufung des Staatsanwaltes das Verfahren letztendlich 1975 eingestellt wurde?
Die rechtliche Beurteilung von Aussagen eines Landeshauptmann-Stellvertreters fällt ebenso wenig in den Wirkungsbereich des Bundeskanzlers wie eine Evidenz über den Ausgang von Verfahren vor österreichischen Gerichten.
Zu den Fragen 3 bis 7:
Ø Ist Ihnen bekannt, dass die Verurteilung der beiden genannten Personen in Italien vom EGMR als menschenrechtswidrig erkannt wurde?
Ø Welche Rechtssprechung hat eine höhere Bindungswirkung: die menschenrechtswidrige Verurteilung Italiens, oder die österreichische Rechtsprechung, wonach die beiden genannten Personen freigesprochen wurden?
Ø Kann eine, vom EGMR auch als solche erkannte, menschenrechtswidrige Verurteilung in Italien als Argumentation gegen eine Begnadigung herangezogen werden, vor allem, wenn diejenigen Personen in Österreich freigesprochen wurden?
Ø Ist Ihnen irgendein Umstand bekannt, der auf eine nachweisbare Schuld der genannten Personen hinweist?
Ø Wenn ja, welcher?
Aus den dem Bundeskanzleramt vorliegenden Informationen zu der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte und der (ehemaligen) Europäischen Kommission für Menschenrechte geht nicht hervor, dass allfällige Menschenrechtsbeschwerden der in der Anfrage namentlich genannten Personen gegen Italien zur Feststellung der Konventionswidrigkeit geführt haben.
Mit freundlichen Grüßen