8784/AB XXIV. GP

Eingelangt am 22.08.2011
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

Anfragebeantwortung

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 9156/J der Abgeordneten Karl Öllinger und KollegInnen betreffend rechtliche Umsetzung sowie Vollzug der Bedarfsorientierten Mindestsicherung (BMS) wie folgt:

 

Einleitende Bemerkungen:

 

Die Einführung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung (BMS) stellte die beteiligten Gebietskörperschaften vor große Herausforderungen. Die BMS, die aus meiner Sicht in ihrer Gesamtheit als ein großer sozialpolitischer Fortschritt bezeichnet werden kann, brachte für die Betroffenen eine Reihe von Verbesserungen (z.B. E-Card, höhere Mindeststandards für Alleinerziehende). Gleichzeitig führte sie in den Ländern zur Notwendigkeit einer - zum Teil - völligen Neustrukturierung der Leistungen und insbesondere auch der Landesgesetze.

Dem Inkrafttreten der Mindestsicherungsgesetze ist eine intensive Begutachtungsphase vorangegangen, in der der Bund seiner Verpflichtung nachgekommen ist, im Rahmen seiner Stellungnahmen auf den Inhalt der Art. 15a B-VG Vereinbarung des Bundes und der Länder über eine bundesweite Bedarfsorientierte Mindestsicherung (im Folgenden: Vereinbarung) sowie auf allfällige Diskrepanzen hinzuweisen.

Auch wenn seit der Einführung der BMS nunmehr knapp ein Jahr vergangen ist, so befinden wir uns nach wie vor in einem Übergangsstadium vom alten Sozialhilfe­regime zum neuen Mindestsicherungsmodell. Dass Systemumstellungen in diesem Umfang ihre Zeit benötigen und Anlaufschwierigkeiten auftreten können, erscheint naheliegend. Dennoch ist mein Ressort laufend bemüht, gemeinsam mit den Ländern auch in Fragen eines gleichartigen Vollzugs an einer Optimierung der BMS zu arbeiten.


Obwohl die gestellten Fragen keinen Gegenstand der Vollziehung im Zuständigkeitsbereich meines Ressorts betreffen, sondern in die Kompetenz der Länder fallen, werde ich sie im Rahmen meiner Möglichkeiten beantworten.

 

Zu Frage 1 und 2:

In den Mindestsicherungsgesetzen der Länder finden sich - mit Ausnahme des steiermärkischen Mindestsicherungsgesetzes - keine erkennbaren, von der Vereinbarung negativ abweichenden Regelungen zum Kostenersatz.

Auf die fehlenden rechtlichen Möglichkeiten, die Länder zur Einhaltung der Vereinbarung zwingen zu können, habe ich bereits in einer früheren Anfragebeantwortung (Anfrage Nr. 7241 /J vom 22.12.2010) hingewiesen.

 

Zu Frage 3 und 4:

Im 3. Abschnitt der Vereinbarung (Verpflichtungen der Länder) wurde im Rahmen des Art. 16 Abs. 3 festgehalten, dass die Länder in wirtschaftlich vertretbarem Ausmaß Vorsorge für dezentrale, niederschwellige und bedarfsgerechte Beratungs- und Betreuungsangebote zur möglichst ganzheitlichen Erfassung der Problemlagen der Mindestsicherungsempfänger/innen treffen. Diese Einschränkung auf „in wirtschaftlich vertretbarem Ausmaß“ bedeutet meines Erachtens keine Verpflichtung der Länder, einen generellen Rechtsanspruch auf Beratungs- und Betreuungsleistung vorsehen zu müssen.

 

Zu Frage 5 bis 7:

Keinem der geltenden Landesgesetze kann entnommen werden, dass Personen der Zugang zur Mindestsicherung alleine aufgrund ihrer Selbständigeneigenschaft a pri ori verwehrt wird. Meinem Ressort liegen auch keine Berichte über einen durch einen restriktiven Vollzug der Mindestsicherung verursachten systematischen Ausschluss von Selbständigen vor.

 

Zu Frage 8:

Aufgrund der unterschiedlichsten Ausformungen des Leistungsspektrums in den   früheren Sozialhilfesystemen ist ein direkter Vergleich mit den Leistungshöhen der BMS nur sehr bedingt möglich.

So ist z.B. anzumerken, dass mit der BMS erstmals eine klare Leistungsuntergrenze eingezogen wurde, während im System der Sozialhilfe etwa auch Richtsatzunterschreitungen möglich waren.

Die Höhe des Leistungsbezuges (z.B. Mindeststandards, Leistungen für das Wohnen, Sonderbedarfe) hängt nach wie vor von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab, was bedeutet, dass eine seriöse Aussage über allfällige Leistungsminderungen - mit Ausnahme für die Steiermark bezogen auf die Richtsätze - nicht getroffen werden kann.

 

Zu Frage 9: s. Frage 1 und 2, 2. Absatz

Zu Frage 10 :

Gemäß Art. 12 der Vereinbarung (Zusatzleistungen) sind die Länder nicht verpflichtet, für Sonderbedarfe, die durch die pauschalierten Leistungen nicht abgedeckt sind, Rechtsansprüche vorzusehen. Für diese Sonderbedarfe können die Länder zusätz­liche Geld- und Sachleistungen auf der Grundlage des Privatrechts vorsehen. Das in Art. 2 der Vereinbarung verankerte Verschlechterungsverbot bezieht sich lediglich auf die Wahrung des haushaltsbezogenen Leistungsniveaus.

 

Zu Frage 11:

Die Deckung der Selbstbehalte in der Krankenversicherung gestaltet sich in den Ländern unterschiedlich. In manchen Ländern erfolgt die Übernahme der Selbstbehalte durch die Länder selbst, in anderen Ländern werden diese vom Unterstützungsfonds der jeweiligen Gebietskrankenkasse übernommen. Grundsätzlich erscheint es mir wichtig, dass diese Bedarfe gedeckt werden, da sie für die Betroffenen eine große finanzielle Belastung darstellen können. Durch welchen Träger (Land oder GKK) dies erfolgt, bleibt den regionalen Kooperationspartnern vorbehalten.