8790/AB XXIV. GP

Eingelangt am 24.08.2011
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

Anfragebeantwortung

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 9091/J der Abgeordneten Gertrude Aubauer, Kolleginnen und Kollegen wie folgt:

 

Zu Frage 1:

 

Immer wieder wenden sich KonsumentInnen mit verschiedensten Gewinnzusagen an mein Ressort wie auch an andere Verbraucherschutzorganisationen. Die Bandbreite an Gewinnversprechungen ist vielfältig und reicht von Gewinnen, die im Rahmen von Werbefahrten überreicht werden sollen, bis hin zu Gewinnen, die an Warenbestellungen oder mit der Bekanntgabe von Kontodaten verknüpft sind oder im Rahmen von cold calling-Anrufen zugesagt werden.

Zu dem von Ihnen angesprochenen Gewinnspiel liegen meinem Ressort bislang keine Beschwerden vor und sind uns nicht bekannt. Ich ersuche um Verständnis, dass die Beantwortung daher nur sehr allgemein gehalten werden kann.

 

Zu den Fragen 2 und 3:

Wenn von einem international organisiertem Betrugsnetzwerk auszugehen ist und somit strafrechtlich relevante Handlungen vorliegen, so fallen diese nicht in die Zuständigkeit meines Ressorts. Die Verfolgung internationaler Betrugsnetzwerke fällt in die Zuständigkeit von Polizei bzw. Staatsanwaltschaft.

Für zivilrechtliche Ansprüche im Zusammenhang mit Gewinnzusagen ist die Bestimmung des § 5j Konsumentenschutzgesetz (KSchG) relevant, die im Zuge der Umsetzung der Fernabsatz-Richtlinie 1999 eingeführt wurde. Nach § 5j KschG hat der/die KonsumentIn Anspruch auf Auszahlung des Gewinnes, wenn der/die VeranstalterIn eines Gewinnspieles den Eindruck erweckt, er/sie habe bereits gewonnen. Nach oberstgerichtlicher Judikatur erwirbt der/die KonsumentIn bei unklarer Gestaltung der Zusendung oder auch Zweifelhaftigkeit der Zusage schon dann den Gewinnanspruch, wenn er/sie es ernstlich für möglich halten durfte, bereits gewonnen zu haben. Der österreichische Gesetzgeber hat mit § 5j KSchG eine Norm geschaffen, die darauf abzielt, derartige  Belästigungen abzustellen. Betroffene VerbraucherInnen haben demnach Anspruch auf Herausgabe des irreführend zugesagten Gewinnes, wobei bei einer klagsweisen Geltendmachung durch VerbraucherInnen damit verbundene komplexe Rechtsfragen (z.B. wo ein ausländisches Unternehmen geklagt werden kann und welches Recht zur Anwendung kommt) und das Prozesskostenrisiko zu berücksichtigen sind.  Auf Basis des § 5j KschG wurden  auch erfolgreich Musterverfahren gegen die Marke „Friedrich Müller“, die europaweit agiert hat, geführt. Das hinter „Friedrich Müller“ stehende Unternehmen konnte die versprochenen Gewinne, zu deren Ausbezahlung es auf Grund von Urteilen verpflichtet war, nicht ausbezahlen, wurde in der Folge insolvent und musste seine Tätigkeit in Österreich einstellen.

Auch hat sich mein Ressort im besonderen Maß dafür eingesetzt, dass verschärfte Bestimmungen für Werbeveranstaltungen im Inland, zu denen KonsumentInnen mit Gewinnversprechen aller Art gelockt werden, eingeführt werden, was mit der Gewerberechtsnovelle im Jahr 2008 auch geschehen ist. Demnach dürfen (unter anderem) Werbefahrtenveranstalter ihre Einladungen zu Werbefahrten nicht mehr mit Gewinnzusagen und Gratisleistungen verknüpfen. Allerdings weichen die Veranstalter nun vermehrt ins Ausland aus und umgehen so die Schutzvorschriften der österreichischen Gewerbeordnung. 

 

Zu Frage 4:

Mangels Zuständigkeit kann keine Auskunft darüber erteilt werden, ob Strafverfahren geführt werden.

Musterprozesse oder Verbandsklagen durch den VKI im Auftrag meines Ressorts werden derzeit nicht geführt. Dies liegt unter anderem daran, dass häufig die für eine Klagsführung erforderliche Identifizierung des Unternehmers nicht möglich bzw. eine ladungsfähige Adresse, an die die Klage zugestellt werden kann, nicht eruierbar ist.

In den letzten Jahren waren zehn irreführende Gewinnzusagen ausländischer Versandhandelsunternehmen Gegenstand von Musterprozessen. Dadurch konnte wertvolle Judikatur zu § 5j KSchG gewonnen werden.


Zu Frage 5:

 

Geschädigte können bei der Polizei Anzeige erstatten bzw. bei der Staatsanwaltschaft eine Sachverhaltsdarstellung einbringen und sich gegebenenfalls einem Strafverfahren als Privatbeteiligte anschließen und so ihre Ansprüche geltend machen.

Zu Frage 6:

Damit KonsumentInnen durch derartige Praktiken möglichst keine Schäden erleiden, wird von meinem Ressort wichtige Aufklärungs- und Informationsarbeit geleistet, dies in Form von Publikationen (Broschüren und Foldern) und auf den Webseiten meines Ressorts, www.bmask.gv.at und www.konsumentenfragen.at.

Die Sektion Konsumentenpolitik meines Ressorts veranstaltet am 5.10.2011 eine Fachtagung mit dem Titel  "Catch me if you can! Geschäfte an der Grenze des Erlaubten". Diese Veranstaltung soll Raum für eine breite Diskussion zu den Themenbereichen Internetabzocke, Werbefahrten und Cold Calling bieten.

Ab Herbst 2011 wird eine unter anderem von meinem Ressort geförderte „Watchlist“ zu Werbefahrtenunternehmen von der AK NÖ bundesweit zur Verfügung gestellt. Damit soll ermöglicht werden, dass KonsumentInnen über eine öffentlich abrufbare Internetplattform bei Erhalt einer entsprechenden Einladung sofort anhand der „Watchlist“ nachprüfen können, ob der/die VeranstalterIn bereits beschwerdeauffällig geworden ist oder nicht. Die Watchlist wird selbstverständlich auch für Verbraucherschutzeinrichtungen ein wertvolles Instrument für die Beratung sein.

Zu den Fragen 7 und 8:

Aus meiner Sicht ist es besonders wichtig, dass auch im grenzüberschreitenden Bereich sowohl die individuellen als auch die kollektiven Interessen der VerbraucherInnen gewahrt und durchgesetzt werden. Ich setze mich daher für eine verstärkte internationale Zusammenarbeit ein. 

Im Rahmen der Verhandlungen über die Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Rechte der Verbraucher ist es erfreulicherweise ua auf österreichische Initiative hin gelungen, die Informationspflichten zu verbessern. So werden AnbieterInnen bei elektronisch geschlossenen Fernabsatzverträgen zukünftig gem. Art 8 der RL dafür sorgen müssen, dass der/die VerbraucherIn vor der Bestellung den Erhalt bestimmter Informationen – darunter auch über den Gesamtpreis – bestätigt haben muss.


Es ist mir weiters ein großes Anliegen, dass Konsumentinnen und Konsumenten ausreichend informiert sind und gerade bei grenzüberschreitenden Problemen kompetente Anlaufstellen haben, die ihnen im Beschwerdefall zur Seite stehen. Das Europäische Verbraucherzentrum, welches beim Verein für Konsumenteninformation angesiedelt ist und je zur Hälfte von der Europäischen Kommission wie auch von meinem Ressort gefördert wird, leistet hier einen wertvollen Betrag.

Neben dem individuellen Verbraucherschutz setzt sich mein Ressort im Rahmen des europäischen Behördenkooperationsnetzwerkes dafür ein, dass gesetzwidrige Praktiken auch grenzüberschreitend eingedämmt werden. Die Erfahrung bei der Verfolgung straf- und zivilrechtlicher Verstöße zeigt allerdings, dass diese in vielen Fällen an faktischen Problemen wie z.B. der Unauffindbarkeit des Unternehmens (Wechsel der Firmennamens oder des Firmensitzes) scheitert.