8798/AB XXIV. GP
Eingelangt am 25.08.2011
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BM für Unterricht, Kunst und Kultur
Anfragebeantwortung
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Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur
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Frau Präsidentin des Nationalrates Mag. Barbara Prammer Parlament 1017 Wien
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Geschäftszahl: |
BMUKK-10.000/0181-III/4a/2011 |
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Wien, 24. August 2011
Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 8902/J-NR/2011 betreffend Ausverkauf im Leopold Museum, die die Abg. Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen am 29. Juni 2011 an mich richteten, wird wie folgt beantwortet:
Zu Fragen 1 und 2:
Die Leopold Museum-Privatstiftung ist eine Stiftung nach dem Privatstiftungsgesetz. Die Handlungen der Leopold Museum-Privatstiftung sind daher keine Angelegenheit der Vollziehung durch das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur und unterliegen damit nicht dem Interpellationsrecht gemäß Art. 52 Abs. 1 B-VG. Erwerb und Veräußerung von Eigentum durch die Leopold Museum-Privatstiftung erfolgen in der Verantwortung des Vorstandes der Privatstiftung.
Zu Frage 3:
Die Kunstsammlung von Prof. Dr. Rudolf Leopold wurde von diesem in die von ihm gegründete Leopold Museum-Privatstiftung eingebracht und nicht an den Bund verkauft.
Zu Frage 4:
Die Leopold Museum-Privatstiftung hat mit Schreiben vom 9. März 2011 um Bewilligung der Ausfuhr für Egon Schieles Gemälde „Häuser mit Wäsche (Vorstadt II)“ zur Versteigerung angesucht.
Zu Frage 5:
Der Bescheid des Bundesdenkmalamtes, Zl. 54.131/2/2011, mit dem die Ausfuhr des gegenständlichen Gemäldes gemäß § 17 Abs. 1 DMSG erteilt wurde, ist mit 29. März 2011 datiert.
Zu Frage 6:
Die Ausfuhrbewilligung wurde aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 17 Abs. 1 DMSG erteilt. In der Begründung wird insbesondere ausgeführt, dass qualitativ und kunsthistorisch vergleichbare Werke Egon Schieles in österreichischen Sammlungen, aber auch in der Leopold Museum-Privatstiftung selbst, vertreten sind. Als berücksichtigungswürdiger Grund wurde weiters angesehen, dass sich das Gemälde über einen längeren Zeitraum im Ausland (Schweiz) befunden habe und erst von Prof. Dr. Leopold nach Österreich gebracht worden sei. Schließlich wurde vom Bundesdenkmalamt der Umstand in Betracht gezogen, dass das Gemälde doubliert ist und massive restauratorische Maßnahmen stattgefunden haben. Die wirtschaftliche Lage der Leopold Museum-Privatstiftung und die oben angeführten, das Gemälde betreffenden Gründe hatten zur Folge, dass eine Bewilligung zur Ausfuhr erteilt wurde.
Zu Frage 7:
Mit Erlassung der Ausfuhrbewilligung hat der Antragsteller das Recht, das gegenständliche Gemälde aus Österreich auszuführen. Eine Verpflichtung, den Zeitpunkt der Verbringung der Behörde bekannt zu geben, besteht nicht.
Zu Fragen 8 bis 11:
Es liegt in der Verantwortung der Leopold Museum-Privatstiftung, durch ihren Vorstand gerechte und faire Lösungen für jene Kunstwerke im Eigentum der Leopold Museum-Privatstiftung, die Gegenstand von NS-Entziehungen waren, zu finden. Die Handlungen der Leopold Museum-Privatstiftung, insbesondere auch ihre Vermögensgebarung, sind – wie zu Frage 1 bereits dargelegt wurde – nicht Gegenstand der Vollziehung des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur und unterliegen daher auch nicht dem Interpellationsrecht.
Zu Fragen 12 bis 14:
Das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur wurde von der Leopold Museum-Privatstiftung nicht eigens über eine Verkaufsabsicht zu dem gegenständlichen Gemälde informiert; seit dem Vergleich im Prozess um das Egon Schiele Portrait Wally ist jedoch allgemein bekannt, dass die Leopold Museum-Privatstiftung Verkäufe einzelner Kunstwerke beabsichtigt. Es wurde daher bereits durch Schreiben der Leitung der Kultursektion des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur vom 3. September 2010, Zl. 22.730/49-IV/1/2010, gegenüber dem Vorstand der Leopold Museum-Privatstiftung festgehalten, dass die am 16. Mai 2008 vereinbarte unabhängige Provenienzforschung nicht durch Verkäufe von Sammlungsobjekten, deren Provenienz ungeklärt ist, unterlaufen werden kann.
Zu Frage 15:
Die Vorgehensweise bei Kunstgegenständen, die sich heute im Eigentum des Bundes befinden, ist durch das Kunstrückgabegesetz im Sinne der Naturalrestitution geregelt. Es gibt daher keinen Grund, für Bundeseigentum eine Änderung dieses Prinzips in Diskussion zu stellen. Selbstverständlich ist es jedoch Jedermann unbenommen, sich hierzu eine Meinung zu bilden und diese zu äußern.
Zu Fragen 16 und 17:
Die Fragen betreffen Handlungen, die nicht Gegenstand der Vollziehung des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur sind, und daher nicht dem Interpellationsrecht unterliegen.
Zu Fragen 18 bis 20:
Faire und gerechte Lösungen im Zusammenhang mit ehemals entzogenen Kunstgegenständen sind grundsätzlich höher zu bewerten als die völlig ungeschmälerte Erhaltung einer Sammlung, die entzogene Kunstgegenstände enthält. Durch die seit 2008 gesetzten Maßnahmen, nämlich die interministerielle Arbeitsgruppe, die unabhängige Provenienzforschung und das unter Vorsitz von Bundesminister a.D. Dr. Nikolaus Michalek tagende Gremium, wurde erreicht, dass auch die Leopold Museum-Privatstiftung Schritte zur Lösung offener Kunstrestitutionsfragen setzt. Wie bereits ausgeführt, liegt es nun in der Verantwortung des Vorstandes der Leopold Museum-Privatstiftung, faire und gerechte Lösungen zu finden. Spekulationen, ob Maßnahmen der Kunstrestitution den Fortbestand dieses oder eines anderen österreichischen Museums gefährden, sind haltlos; eine Diskussion über einen zu ziehenden „Grenzwert“ ist daher abzulehnen.
Die Bundesministerin:
Dr. Claudia Schmied eh.