8810/AB XXIV. GP

Eingelangt am 29.08.2011
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BM für Finanzen

Anfragebeantwortung

 

Frau Präsidentin

des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer                                                     Wien, am       August 2011

Parlament

1017 Wien                                                                GZ: BMF-310205/0153-I/4/2011

 

 

 

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 8900/J vom 29. Juni 2011 der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen beehre ich mich, Folgendes mitzuteilen:

 

Zu 1. und 2.:

Betreffend der Rückzahlung des im März bzw. Mai 2009 von der Republik gezeichneten Partizipationskapitals haben bis Ende Juli 2011 Kontakte auf technischer Ebene zwischen Vertretern der ERSTE Bank Group AG und des Bundesministeriums für Finanzen stattgefunden; eine formelle Mitteilung über die Rückzahlung eines konkreten Betrages zu einem bestimmten Zeitpunkt erging nicht. Die Vertreter der Bank wurden vor allem auf die Voraussetzungen und Anforderungen für die Rückführung des Partizipationskapitals ausführlich hingewiesen.

 

Zu 3. bis 5.:

Es gab bis Ende Juli 2011 kein offizielles Ansuchen eines vertretungsbefugten Organes der ERSTE Bank Group AG um Einleitung des Prozesses der Rückführung des Partizipationskapitals. Unter einem „offiziellen Ansuchen“ ist ein formales Schreiben des Vorstandes der Bank in vertretungsbefugter Zahl, worin unter Anschluss der Zustimmungserklärungen der Aufsichtsbehörden um Zustimmung des Bundes zur Einziehung des staatlichen Partizipationskapitals gebeten wird, zu verstehen.

 

Zu 6.:

Ein offizielles Ansuchen durch den Vorstand der Bank ergibt sich aus dem Bankwesengesetz („Vier-Augen-Prinzip“) und der gängigen Praxis im Rahmen des sogenannten Bankenpaketes. So sind den Verhandlungen um die Gewährung von Stützungsmaßnahmen aus dem Bankenpaket stets formelle Ersuchen durch den Vorstand der Bank vorausgegangen.

 

Zu 7. und 8.:

Die Modalitäten und Voraussetzungen für die Rückführung des (staatlichen) Partizipationskapitals ergeben sich insbesondere aus den Bestimmungen des § 102a BWG sowie des § 1 FinStaG.

 

Zu 9.:

Die Rückzahlung des Partizipationskapitals durch die ERSTE Bank Group AG ist nicht „gescheitert“, sondern der der Rückzahlung vorangehende gesellschaftsrechtliche und betriebswirtschaftliche Prozess erfordert die Einhaltung wesentlicher Schritte, wie die Beibringung von Zustimmungserklärungen der Bankenaufsicht.

 

Zu 10. und 11.:

Folgende Kern-Anforderungen, welche vor allem auf Bestimmungen des AktG und des BWG beruhen, wurden vom Bundesministerium für Finanzen an die ERSTE Group Bank AG gestellt, welche ihrerseits für die Beibringung aller Unterlagen eingeschlossen der eingeforderten Bestätigungen von den Aufsichtsbehörden Sorge zu tragen hat:

-        Grundsatzbeschluss des Vorstandes, das staatliche Partizipationskapital einzuziehen;

-        Zustimmung des Aufsichtsrates;

-        Bestätigung der Aufsicht, dass die Rückzahlung des Partizipationskapitals nicht den Zielen des § 1 FinStaG widerspricht;

-        Bestellung eines Einziehungsprüfers (durch das Firmenbuchgericht);

-        Formelles Ansuchen an den Bund um Zustimmung zur Einziehung des Partizipationskapitals nach § 102a Abs. 1 BWG;

-        Erstellung eines Einziehungsplans, eines Einziehungsberichts des Vorstands und eines Berichts des Aufsichtsrats. Vollziehung einer Prüfung durch den Einziehungsprüfer;

-        Antrag an Firmenbuchgericht und Veröffentlichung aller Einziehungsunterlagen;

-        Einziehungsbeschluss des Vorstands und des Aufsichtsrats sowie Bekanntmachung des Beschlusses.

 

Zu 12.:

Ja.

 

Zu 13.:

Mit Einrichtung des Bankenhilfspaketes hat die Republik das Ziel verfolgt, durch die Kapitalisierung systemrelevanter Banken die Finanzmarktstabilität zu gewährleisten. Es wird nicht angestrebt, möglichst hohe Dividenden zu erzielen, gleichwohl die (gewinnabhängige) Dividendenvereinbarung dem EU-Beihilfenrecht zu entsprechen hat. Die möglicherweise eintretenden Opportunitätskosten der Republik in Höhe der Dividenden der späteren Jahre aufgrund einer vorherigen Rückzahlung des Partizipationskapitals sind mit der Ersparnis der erheblichen Refinanzierungskosten für die Republik und die Wieder-Verfügbarkeit der Mittel im Rahmen des Bankenpaketes aufzurechnen. Die im BGBl. I Nr. 152/2009 eingeführte Rückzahlungsmöglichkeit in Tranchen soll den Banken mehr Flexibilität bei der Rückführung der staatlichen Mittel aus dem Bankenpaket ermöglichen und auch einen Anreiz zur Rückführung darstellen.

 

Zu 14.:

Ja, jedoch hätte diese stets zur Gänze für das gesamte staatliche und private Partizipationskapital erfolgen müssen, was eine erhebliche Belastung für die Kapitalausstattung der Banken zur Folge gehabt hätte.

 

Zu 15. und 16.:

Gemäß § 23 Abs. 4 Z 1 BWG wird Partizipationskapital „auf Unternehmensdauer unter Verzicht auf die ordentliche und außerordentliche Kündigung zur Verfügung gestellt“.

 

Zu 17. und 18.:

Am Prozess der Rückführung des Partizipationskapitals sind im Bundesministerium für Finanzen jene Personen beteiligt, die auch an der Gewährung der Stützungsmaßnahmen aus dem Bankenpaket mitgewirkt haben. Die juristische Beratung erfolgt durch die Finanzprokuratur.

 

Zu 19. und 20:

Eine Bezifferung der im gegenständlichen Zusammenhang angefallenen Kosten und Arbeitsstunden ist nicht möglich, da diese gesamtheitlich dem Themenbereich der Stärkung des österreichischen Finanzmarktes zuzurechnen sind und keine separate Aufschlüsselung erfolgt. 

 

Zu 21.:

Der ERSTE Bank Group AG steht, auch im Falle einer vorherigen vollständigen oder teilweisen Rückzahlung des im März bzw. Mai 2009 von der Republik gezeichneten Partizipationskapitals, offen, unter den Voraussetzungen des § 1 FinStaG Stützungsmaßnahmen nach dem FinStaG in Anspruch zu nehmen.

 

 

Mit freundlichen Grüßen