8821/AB XXIV. GP
Eingelangt am
30.08.2011
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BM für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz
Anfragebeantwortung
Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 9190/J der Abgeordneten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen betreffend transparente Qualitätsstandards bei Schönheitsoperationen wie folgt:
Vorab verweise ich darauf, dass sowohl das ÄrzteG als auch das Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten in den legistischen Zuständigkeitsbereich des Bundesministers für Gesundheit fallen.
Fragen 1 und 2:
Gemäß § 2 UWG BGBl. 1984/448 (Wv) idF BGBl I 2007/79 sind irreführende Geschäftspraktiken verboten. Darüber hinaus enthält Ziffer 17 des UWG-Anhangs ein ausdrückliches Verbot der unrichtigen Behauptung, ein Produkt (Dienstleistung) könne Krankheiten, Funktionsstörungen oder Missbildungen heilen.
Verstöße insbesondere gegen das Irreführungsverbot können von den im Gesetz genannten klagebefugten Einrichtungen (§ 14 UWG) mittels Verbandsklage verfolgt werden.
Darüber hinaus beinhaltet auch § 53 ÄrzteG 1998 idF BGBl. I Nr. 110/2001 eine Werbebeschränkung. Demnach hat sich der Arzt jeder unsachlichen, unwahren oder das Standesansehen beeinträchtigenden Information im Zusammenhang mit der Ausübung seines Berufes zu enthalten.
Hinsichtlich der Zulässigkeit von „Vorher/Nachher“-Fotos zu Werbezwecken ist festzuhalten, dass diese gemäß der Richtlinie der Österreichischen Ärztekammer „Arzt und Öffentlichkeit“ nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Patienten/der Patientin verwendet werden dürfen.
Frage 3:
Sowohl Lehre als auch Rechtsprechung stellen an medizinisch nicht indizierte Eingriffe die höchsten Anforderungen hinsichtlich Aufklärung und Dokumentation (Krankengeschichte).
ÄrztInnen haben im Patientengespräch auf die Risiken einer Behandlung, insbesondere auf typische Risiken – nämlich solche, die dem Eingriff anhaften und sich selbst bei Anwendung allergrößter Sorgfalt und fehlerfreier Durchführung nicht vermeiden lassen – hinzuweisen.
Die Aufklärungspflicht reicht umso weiter, je weniger der Eingriff aus Sicht eines/einer vernünftigen Patienten/PatientIn vordringlich oder geboten erscheint. In einem solchen Fall ist die Aufklärung über mögliche Risiken selbst dann geboten, wenn die nachteiligen Folgen wohl erheblich, jedoch wenig wahrscheinlich sind (JBl 1999, 531).
Bei einer kosmetischen Operation, zu der keine unmittelbare Notwendigkeit zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit besteht und deren Ziel nur in der optischen Verbesserung des Aussehens liegt, haben ÄrztInnen ausdrücklich darüber aufzuklären, dass dieses Ziel aus vom Arzt/von der Ärztin nicht beeinflussbaren physiologischen oder psychologischen Gründen ganz oder teilweise nicht erreicht werden könnte (EvBl 1993/3). Werden ÄrztInnen mit einer realitätsfremden Erwartungshaltung von PatientInnen konfrontiert muss offen und schonungslos darüber aufgeklärt werden, dass deren Zielvorstellungen durch die kosmetische Operation nicht gänzlich verwirklicht werden können (1 Ob 218/09d).
Die Verpflichtung der Krankenanstalten zur Führung von Dokumentationen ergibt sich aus den Vorschriften des öffentlichen Rechts und aus dem Wesen des Behandlungsvertrags, da ÄrztInnen ihrer Aufklärungspflicht nur nachkommen können, wenn sie über Diagnose und Therapie Aufzeichnungen führen. Nach § 10 KAKuG 1957 idF BGBl I Nr 124/2009 müssen Krankengeschichten 30 Jahre lang, allenfalls in Mikrofilmen oder auf gleichwertigen Informationsträgern, deren Lesbarkeit für den Aufbewahrungszeitraum gesichert sein muss, aufbewahrt werden.
Die gesetzliche Dokumentationspflicht freiberuflich tätiger ÄrztInnen ergibt sich aus § 51 Ärztegesetz 1998 idF BGBl I Nr 110/2001.
Frage 4:
Zur Frage der ärztlichen Berufshaftpflichtversicherung verweise ich auf § 52d Ärztegesetz 1998, idF BGBl I Nr 61/2010, wonach eine freiberufliche ärztliche Tätigkeit erst nach Abschluss und Nachweis einer Berufshaftpflichtversicherung bei einem zum Geschäftsbetrieb in Österreich berechtigten Versicherer aufgenommen werden darf. Darüber hinaus ist auch hier auf die die legistische Zuständigkeit des Bundesministers für Gesundheit zu verweisen.