8823/AB XXIV. GP

Eingelangt am 30.08.2011
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für europäische und internationale Angelegenheiten

Anfragebeantwortung

 

Die Abgeordnete zum Nationalrat, Mag.a Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen haben am
30. Juni 2011 unter der Zl. 8924/J-NR/2011 an mich eine schriftliche parlamentarische
Anfrage betreffend „Kostenüberwälzung für „Vertrauenspersonen" der Botschaft auf
AntragstellerInnen" gerichtet.

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

Zu den Fragen 1 bis 3 sowie 15 und 16:

Rechtsgrundlage für Beglaubigungen durch österreichische Vertretungsbehörden im Ausland
ist die Verordnung des Bundesministers für Auswärtige Angelegenheiten vom 16. März 1984
betreffend Beglaubigungen durch österreichische Vertretungsbehörden im Ausland, BGBl. Nr.
140/1984 vom 5. April 1984, gestützt auf Art. 5 lit. f des Wiener Übereinkommens über
konsularische Beziehungen (WKK). Diese Bestimmung sieht unter anderem vor, dass
konsularische Vertretungen im Ausland
„notarielle Befugnisse“ ausüben. Die dazu befugten
Bediensteten sind zur Wahrnehmung einer „notariellen Sorgfaltspflicht“ angehalten. Diese
Sorgfaltspflicht ist insbesondere in jenen Ländern von besonders hoher Bedeutung, wo
festgestellt wurde, dass die Urkundensicherheit im Sinne eines nachvollziehbaren und
begründbaren Beglaubigungsweges nicht gegeben ist. Falsche oder inhaltlich unrichtige
Personenstandsurkunden können nicht umkehrbare Rechtsfolgen in weiteren behördlichen
Verfahren, insbesondere im Passwesen, Staatsbürgerschaftsrecht und Aufenthaltswesen, mit
sich ziehen.


 

Die Vertretungsbehörde hat daher vor der Beglaubigung die vorgelegte Urkunde zu prüfen. In
bestimmten Staaten erfolgt dies aufgrund der festgestellten, nicht gegebenen
Urkundensicherheit im Wege von Vertrauensanwälten(innen) oder Vertrauenspersonen.
Dadurch wird den Parteien vor Ort die Möglichkeit gegeben, die Echtheit und Richtigkeit von
Urkunden zum Zwecke der Beglaubigung bestätigen zu lassen. Vertrauensanwälte(innen)
oder Vertrauenspersonen sind keine Sachverständigen im Sinn des § 52 AVG (Vgl.
Erkenntnisse des VwGH Zl. 2002/01/0438 v. 8.4.2002 und Zl. 2003/20/0021 v. 17.10.2006).

Weder das Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen (EGVG) noch
spezifische Bestimmungen in einschlägigen Verwaltungsvorschriften sehen eine Anwendung
des AVG durch die Vertretungsbehörden bei Beglaubigungsangelegenheiten vor. Das
Verfahren wird deshalb im Einklang mit der Rechtssprechung der Gerichtshöfe des
öffentlichen Rechts nach den Grundsätzen eines geordneten rechtsstaatlichen Verfahrens
sowie auf Grundlage der einschlägigen Verwaltungsvorschriften wie insbesondere die oz.
Verordnung durchgeführt.

Die Beglaubigung von öffentlichen Urkunden im Ausland wird gemäß § 7 der oz.
Verordnung ausschließlich durch befugtes Personal der österreichischen
Auslandsvertretungen vorgenommen. Bei der Beglaubigung erfolgt daher keine „Auslagerung
hoheitlicher Aufgaben“.

Zu den Fragen 4 bis 6:

Die erforderlichen Qualifikationen von Vertrauensanwälten(innen) und Vertrauenspersonen
sind die Vertrauenswürdigkeit, die fachliche Qualifikation sowie die Fähigkeit zu
Überprüfungen und Recherchen, die sprachlichen Fähigkeiten und die Vertrautheit mit
lokalen Gegebenheiten.

Neben Vertrauensanwälten(innen) können geeignet erscheinende andere Vertrauenspersonen,
welche üblicherweise die gleichen Qualifikationen wie Vertrauensanwälte(innen) aufweisen,
namhaft gemacht werden.


 

Bei der Entscheidungsfindung, welche Personen zum Zweck der Dokumentenprüfung
eingesetzt werden können, sind neben Referenzen auch Erfahrungswerte anderer EU-
Botschaften ausschlaggebend. Es gibt bei Vertrauenspersonen kein vorgeschriebenes
Bestellungs- und Auswahlverfahren. Eine Genehmigung der Vertrauensperson durch das
Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten (BMeiA) ist - im
Gegensatz zu Vertrauensanwälten(innen) - nicht vorgesehen.

Die Prüfberichte der Vertrauenspersonen werden von der Vertretungsbehörde auf ihre
Richtigkeit und Schlüssigkeit hin überprüft. Sollte es zu Fällen von Unregelmäßigkeiten
kommen, wird die Zusammenarbeit mit dieser Person umgehend suspendiert und
gegebenenfalls auch die anderen EU-Botschaften von dieser Maßnahme informiert.

Zu den Fragen 7 und 8:

Vertrauenspersonen und Vertrauensanwälte(innen) verifizieren die Echtheit und inhaltliche
Richtigkeit von Urkunden im Empfangsstaat über ein Netz von Mitarbeitern. So kann die
betreffende Urkunde direkt bei der ausstellenden Behörde mit den dortigen Registern
verglichen bzw. Form, Inhalt und Zustandekommen gemäß den lokalen Rechtsvorschriften
beurteilt werden.

Zu den Fragen 9 bis 13:

Bei den beauftragten Vertrauenspersonen wie auch bei Vertrauensanwälten(innen) handelt es
sich üblicherweise um private Kanzleien, die ihre Tarife autonom gestalten. Die Tarife
bewegen sich innerhalb jener Grenzen, die für Personen, welche im Empfangsstaat mit
Recherchen beauftragt werden, als ortsüblich angesehen werden und sind sachlich
nachvollziehbar. Diese Tarife können auch direkt auf ein Konto dieser Firma eingezahlt
werden. Die vergleichsweise höheren Kosten und längere Bearbeitungszeit für Afghanistan
ergeben sich insbesondere durch das Erfordernis von besonderen Sicherheitsmaßnahmen.


Zu Frage 14:

In diesem Fall ist § 76 Abs. 1 AVG relevant, wonach die Partei für „...Barauslagen
aufzukommen hat, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat
. Gemäß Abs. 4 kann
die Partei auch ...zum Erlag eines entsprechenden Vorschusses verhalten werden.

Weiters sieht § 1 Abs. 2 des Konsulargebührengesetzes 1992 (KGG) vor, dass „Auslagen, die
den Vertretungsbehörden im Zusammenhang mit Amtshandlungen in konsularischen
Angelegenheiten erwachsen, [...] zu ersetzen[ sind], sofern sie über den allgemeinen
Verwaltungsaufwand hinausgehen und nicht auf Grund besonderer gesetzlicher Vorschriften
von Amts wegen zu tragen sind
.

In Asylverfahren werden die Kosten gemäß § 70 Asylgesetz von Amts wegen getragen.

Zu Frage 17:

Grundsätzlich können in allen Ländern, in denen das Urkundenwesen als mangelhaft und
korruptionsanfällig bewertet wird, für die Dokumentenüberprüfung Vertrauenspersonen
herangezogen werden. Eine Liste der bestellten Vertrauensanwälte(innen) ist auf der
Homepage des BMeiA abrufbar.

Für die Dokumentenüberprüfung beauftragte Vertrauenspersonen in Ländern, in denen das
Urkundenwesen mangelhaft und korruptionsanfällig ist, können aus Datenschutz- und
Sicherheitsüberlegungen nicht genannt werden. Im konkreten Verfahren lässt sich jedoch
jeweils klar nachvollziehen, welche Vertrauensperson einen Prüfbericht erstellt hat.

Zu Frage 18:

Auch zahlreiche andere Staaten haben in Drittländern Maßnahmen ergriffen, um der
Problematik der Urkundenunsicherheit und des mangelhaften Personenstandswesens
Rechnung zu tragen. Die meisten Staaten beauftragen Vertrauenspersonen dort, wo ihre
Vertretungsbehörden weder über eigenes - auch sprachlich - spezifisch qualifiziertes
Personal noch über entsprechend einsetzbare Vertrauensanwälte(innen) verfügen.
Deutschland hat in ca. 40 Ländern, darunter auch Pakistan und Afghanistan, das
Beglaubigungsverfahren generell ausgesetzt.

Zu Frage 19:

Pauschalhonorare für Vertrauenspersonen bzw. Vertrauensanwälte(innen) werden in vielen
Fällen nicht über die Botschaften, sondern entweder direkt über Inlandsbehörden im Wege der
Amtshilfe oder über die Angehörigen von Parteien ohne Befassung der Botschaft abgewickelt.
Diese Daten stehen in ihrer Gesamtheit nicht zur Verfügung.

Zu Frage 20:

Ein Entwurf eines Bundesgesetzes zu konsularischen Beglaubigungen befindet sich derzeit in
Ausarbeitung. Die EU-Mitgliedstaaten beabsichtigen eine praxisbezogene engere
Zusammenarbeit in diesem Bereich.