8848/AB XXIV. GP
Eingelangt am 02.09.2011
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BM für Wirtschaft, Familie und Jugend
Anfragebeantwortung
Präsidentin des Nationalrates
Mag. Barbara PRAMMER
Parlament
1017 Wien
Wien, am 29. August 2011
Geschäftszahl:
BMWFJ-10.101/0260-IK/1a/2011
In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 8952/J betreffend „Anwendung der Sharia in Österreich“, welche die Abgeordneten Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen am 5. Juli 2011 an mich richteten, stelle ich fest:
Antwort zu Punkt 1 der Anfrage:
Ja.
Antwort zu Punkt 2 der Anfrage:
Nein.
Antwort zu Punkt 3 der Anfrage:
ONR 142001 ist eine auf Fakten, wie in diesem Fall auch der Sharia, beruhende Darstellung, welche Eigenschaften Finanzdienstleistungen aufweisen müssen, damit sie sowohl den österreichischen Rechtsvorschriften als auch den Regeln des Islam entsprechen.
Dabei handelt es sich um eine Regel, die von interessierten Kreisen, hier ins-besondere Islamkennern und Bankenvertretern, erarbeitet wurde.
Die Regel ist weder eine ÖNORM, die per se jedoch ebenfalls nicht verpflichtend wäre, noch eine Rechtsnorm. Ihre Anwendung ist daher freiwillig; sie besitzt keinerlei rechtlichen Charakter.
Ähnliches wurde bereits 2009 von der Deutschen Bank in Form einer Sharia Compliant Issuance Platform erstellt.
Antwort zu Punkt 4 der Anfrage:
Auch im CEN werden keine Rechtsvorschriften erzeugt, sondern freiwillige Europäische Normen, die auf den Bedürfnissen der Marktteilnehmer basieren.
Es ist weder ein Grund noch eine Rechtsgrundlage dafür erkennbar, Finanzdienstleistern zu verbieten, darzustellen, wie Finanzprodukte beschaffen sein müssen, die von muslimischen Kunden angenommen werden.
Antwort zu Punkt 5 der Anfrage:
Von den in dieser Frage berührten Bereichen fallen lediglich bestimmte Lebensmittelerzeuger wie Bäcker oder Fleischer, der Lebensmittelhandel und die Ver-sicherungsvermittlung in den Anwendungsbereich der Gewerbeordnung. In der Gewerbeordnung sind keinerlei Ausnahmen aus religiösen Gründen von der Verpflichtung, eine Gewerbeberechtigung zu begründen, vorgesehen.
Banken und Versicherungen unterliegen dem BWG bzw. dem VAG und fallen nicht in die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend.
Antwort zu Punkt 6 der Anfrage:
Gemäß Art. 7 Abs. 1, zweiter Satz B-VG sind u.a. Vorrechte des Bekenntnisses ausgeschlossen. Aufgrund dieser verfassungsrechtlichen Vorgaben ist es ausgeschlossen, dass "religiöse Normen auf die als Gewerbetreibender zu ent-richtenden Umlagen an die WKÖ" Auswirkungen haben können.
Diesen verfassungsrechtlichen Vorgaben folgend, enthalten das auch die Um-lagen regelnde Wirtschaftskammergesetz 1998 und die darauf basierenden umlagenrechtlichen Regelungen keine Bestimmungen, die eine unterschiedliche Behandlung von Umlagepflichtigen aufgrund religiöser Normen zulassen.
Antwort zu den Punkten 7 und 8 der Anfrage:
Im Lichte der Ausführungen zu den Punkten 3 und 4 der Anfrage sind diese Fragen zu verneinen.
Antwort zu Punkt 9 der Anfrage:
Mitglieder der Wirtschaftskammern und Fachorganisationen sind gemäß § 2 Abs. 1 des Wirtschaftskammergesetzes 1998 alle physischen und juristischen Personen sowie sonstige Rechtsträger, die Unternehmungen des Gewerbes, des Handwerks, der Industrie, des Bergbaues, des Handels, des Geld-, Kredit- und Versicherungswesens, des Verkehrs, des Nachrichtenverkehrs, des Rundfunks, des Tourismus und der Freizeitwirtschaft sowie sonstiger Dienstleistungen rechtmäßig selbständig betreiben oder zu betreiben berechtigt sind. Zu den Mit-gliedern zählen jedenfalls Unternehmungen, die der Gewerbeordnung unterliegen sowie insbesondere solche, die in der Anlage zum Wirtschaftskammergesetz 1998 angeführt sind. Unternehmungen müssen nicht in der Absicht betrieben werden, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen.
Das Wirtschaftskammergesetz 1998 normiert keine Ausnahmen für religiöse Institutionen von der Mitgliedschaft zu den Wirtschaftskammern und den Fach-organisationen.
Mit der Mitgliedschaft in den Wirtschaftskammern und Fachorganisationen entsteht gemäß § 4 Abs. 2 Z 2 des Wirtschaftskammergesetzes 1998 auch die Pflicht zur Entrichtung von Umlagen.
Das Wirtschaftskammergesetz 1998 lässt betreffend seine Mitgliedsbetriebe keine Ausnahmen für religiöse Institutionen bezüglich der Entrichtung von Umlagen zu.