8852/AB XXIV. GP

Eingelangt am 02.09.2011
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BM für Gesundheit

Anfragebeantwortung

Alois Stöger

Bundesminister

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag.a Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien    

 

 

 

 

GZ: BMG-11001/0233-I/A/15/2011

Wien, am 1. September 2011

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische

Anfrage Nr. 8964/J der Abgeordneten Anna Franz, Kolleginnen und Kollegen nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Fragen 1 und 3 bis 6:

Einen Beitrag zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung im ländlichen Raum stellen der Österreichische Strukturplan Gesundheit (ÖSG) und die Regionalen Strukturpläne Gesundheit (RSG) dar.

 


Der ÖSG legt als Ziele und Planungsgrundsätze der integrativen regionalen Versor­gungsplanung fest, dass die ambulante fachärztliche Leistungserbringung an geeig­neten Standorten unter Gewährleistung eines flächendeckenden ausgeglichenen fachärztlichen Versorgungsniveaus im ambulanten Bereich in allen Versorgungs­regionen gebündelt werden soll bei gleichzeitiger flächendeckender und dezentraler Versorgung mit Allgemeinmediziner/inne/n, denen bei der integrierten regionalen Versorgung eine Schlüsselrolle zukommt. In diesem Zusammenhang sollen sämtliche (fach)ärztliche Versorgungsangebote gemeinsam im ambulanten Bereich (Spitals­ambulanzen, niedergelassene Ärztinnen/Ärzte und selbstständige Ambulatorien) auf Basis gemeinsamer kohärenter Einheiten bzw. Messgrößen analysiert und geplant werden (siehe auch ÖSG 2010, Seite 3).

 

Die Zielvorstellungen und Planungsgrundsätze zur ambulanten Versorgung sind im ÖSG 2010 (Seite 13 f) noch detaillierter ausgeführt, u.a.:

      Sicherung einer wohnortnahen und bedarfsgerechten Versorgung durch die Gesamtheit aller ambulanten Leistungsanbieter in der betreffenden Region

      Sicherstellung einer in quantitativer und qualitativer Hinsicht österreichweit gleichwertigen Gesundheitsversorgung, insbesondere auch Ausgleich von stark über- oder unterdurchschnittlicher Versorgung

      Prinzip der Versorgungsgerechtigkeit: Garantie einer möglichst gleichmäßigen regionalen Versorgung mit medizinischen Leistungen

      Qualitätsprinzip: optimale Leistungserbringung aus Sicht der Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität

      Effizienzprinzip: Sicherstellung einer effizienten Leistungserbringung und Nutzung von Synergien

      Ökonomieprinzip: Beachtung von gesamtwirtschaftlicher Auswirkung und Finanzierbarkeit der geplanten Leistungsangebote.

 

Davon ausgehend wurde im derzeit gültigen ÖSG 2010 (Seite 18 ff) erstmals eine Rahmenplanung (Planungsrichtwerte) für den ambulanten Bereich integriert, die in den folgenden Jahren weiterentwickelt wird.

 

Die Regionalen Strukturpläne Gesundheit (RSG) enthalten bislang je nach Bundesland Vorgaben und Planungen zur ambulanten Versorgung in unterschiedlicher Tiefe.

 

Derzeit stellt die Nachbesetzung von Planstellen jedenfalls kein allgemeines Problem dar, da eine mit Unterstützung des Hauptverbandes durchgeführte Umfrage des Bundesministeriums für Gesundheit bei den Gebietskrankenkassen im Jahr 2010 ergeben hat, dass bisher nur einige wenige Problemfälle bei der Nachbesetzung von frei werdenden Vertragsarztstellen aufgetreten sind, welche auch nicht immer mit Hausapotheken im Zusammenhang stehen.


 

In einer derzeit laufenden Bedarfsstudie, die gemeinsam mit der Österreichischen Ärztekammer und dem Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung durchgeführt wird, wird der Bedarf an Ärztinnen/Ärzten bis zum Jahre 2020 berechnet. Sollte es in Zukunft tatsächlich zu einem Mangel an „Landärzt/inn/en“ kommen, kann dem – im Hinblick auf den wohl auch kausal im Vordergrund stehenden gesellschaftlichen Wandel – nur durch ein Maßnahmenbündel begegnet werden.

 

Ich möchte aber nicht unerwähnt lassen, dass die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung im Zuge ihrer Aufgabe, die Versorgung der Bevölkerung mit ärztlichen Leistungen sicherzustellen, bereits jetzt Maßnahmen ergreifen, die ein diesbezügliches Defizit hintanhalten. So wird etwa im Gesamtvertrag eines Versicherungsträgers eine „Erschwerniszulage“ bei Besetzung einer Ärzteplanstelle im ländlichen Raum vorgesehen, in einem anderen Fall wird bei schwach frequentierten Ordinationen eine erhöhte Grundvergütung bezahlt. Derzeit werden von einigen Krankenversicherungsträgern gemeinsam mit den Ärztekammern Konzepte zur Forcierung der niedergelassenen ärztlichen Versorgung erarbeitet.

 

Frage 2:

Aus den meinem Ressort vorliegenden Entfernungsdaten in den genannten Gebieten der Anfrage sind Entfernungsüberwindungen von 50 km (bzw. bis zu 100 km – das wäre quer durch das Bundesland) nicht nachvollziehbar. Eine genaue zumutbare km-Entfernung richtet sich im Einzelfall nach den jeweiligen geografischen Entfernungen; die Extremlage z.B. einiger sehr entlegener Gehöfte im Bergland kann sicher nicht als allgemeine Norm herangezogen werden.

 

Seit der Apothekengesetznovelle 1984 sieht der Gesetzgeber für Hausapotheken-bewilligungen in 6 km-Entfernung von öffentlichen Apotheken den sogenannten „formalisierten Bedarf“ gegeben. Dies bedeutet tour-retour mindestens

12 Straßenkilometer, in vielen Fällen aber auch mehr, wenn die Hausapotheke weiter von der öffentlichen Apotheke entfernt liegt. Laut Judikatur des Verwaltungs-gerichtshofes sind Entfernungen von „wenigen hundert Metern“ fußläufig (in Bezug auf die Bedarfsprüfung bei öffentlichen Apotheken im städtischen Bereich) zumutbar.

Nach der Rechtsprechung sind km-Entfernungen über das Straßennetz mittels PKW zu messen.

 

Was die Gewährleistung der umfassenden Arzneimittelversorgung der Bevölkerung anlangt, wird auch auf § 57 Ärztegesetz verwiesen, wonach Ärztinnen/Ärzte, die nicht die Bewilligung zur Haltung einer Hausapotheke besitzen, verpflichtet sind, die nach der Art ihrer Praxis und nach den örtlichen Verhältnissen für die erste Hilfeleistung in dringenden Fällen notwendigen Arzneimittel vorrätig zu halten.


 

Es besteht aber auch die Möglichkeit der gem. § 8a Apothekengesetz gegebenen apothekeneigenen Zustelleinrichtungen, wonach dringend benötigte Arzneimittel gegen Rezept direkt an Patient/inn/en an ihrer Wohnadresse zugestellt werden können.