8865/AB XXIV. GP

Eingelangt am 02.09.2011
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BM für Unterricht, Kunst und Kultur

Anfragebeantwortung

 

Bundesministerium für

Unterricht, Kunst und Kultur

 

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

 

Geschäftszahl:

BMUKK-10.000/0190-III/4a/2011

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Wien, 1. September 2011

 

 

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 8956/J-NR/2011 betreffend Aufhebung des Denkmalschutzes bei der Villa Seewald, die die Abg. Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen am 5. Juli 2011 an mich richteten, wird wie folgt beantwortet:

 

Zu Frage 1:

Der Mandatsbescheid des Bundesdenkmalamtes vom 5.10.2007, Zl. 49.615/3/2007, wurde wie folgt begründet: „Bei der 1898 nach Plänen von Franz Kachel für die Familie Seewald errichteten Villa handelt es sich um einen für die Entstehungszeit charakteristischen Bau. Motive der traditionellen historistischen Landhausarchitektur (Steinsockel, Fachwerk, Krüppel­walmdach) wurden mit damals aktuellen Jugendstilformen (hufeisenförmige Loggienöffnung, Putzdekor) kombiniert. Die Villa ist nicht nur in ihrer Außenerscheinung weitgehend unverändert erhalten, sie verfügt auch im Inneren über zahlreiche Details der ursprünglichen Ausstattung (Wandverkleidungen, Wandgemälde, Strukturierungen, Wandfassungen), wodurch sie insgesamt als wertvolles Dokument für die bürgerliche Bau-und Wohnkultur der Jahrhundert­wende in Niederösterreich zu betrachten ist.“

 

Zu Frage 2:

Die Unterschutzstellung erfolgte von Amts wegen.


Zu Frage 3:

Zum Zeitpunkt der Unterschutzstellung befand sich die Villa Seewald in gutem Erhaltungs­zustand, war diese ja auch bis kurz vor der Unterschutzstellung noch bewohnt. Unmittelbar vor Inkrafttreten des Mandatsbescheids des Bundesdenkmalamtes wurde mit Abbrucharbeiten an einem hinteren Dachabschnitt des Gebäudes begonnen. Instandhaltungsmaßnahmen am Denkmal wurden von Eigentümerseite nicht gesetzt. Dadurch kam es wiederholt zum Eindringen von Niederschlägen durch das Dach, was Schäden im Inneren des Gebäudes bewirkte und zu einem Schadensbild führte, das einen weitgehenden Substanztausch im Inneren erforderlich macht (Erneuerung einiger nicht mehr tragfähiger Tramdecken in beiden Geschoßen, Erneuerung einiger statisch beeinträchtigter Zwischenwände, Erneuerung von mikrobiologisch befallenen Architekturoberflächen, Fußböden, etc.). Damit sind die Authentizität des Denkmals und der Denkmalwert so sehr geschmälert, dass ein öffentliches Interesse an dessen Erhaltung nicht mehr gegeben ist.

 

Zu Frage 4:

Der Eigentümer hat die Aufhebung des Denkmalschutzes beantragt.

 

Zu Frage 5:

In Ergänzung zur Beantwortung der Frage 3 wird ausgeführt, dass eine etwa 2 m2 große Öffnung in der nördlichen Dachfläche, die noch vor Zustellung des Mandatsbescheides und somit vor Wirksamwerden des Denkmalschutzes, hergestellt wurde und durch die es wiederholt zum Eindringen von Niederschlägen gekommen ist, als schadensverursachender Umstand anzusehen ist.

 

In der Folge wurden zur Sicherung des Bestandes der denkmalgeschützten Villa Seewald vom Bundesdenkmalamt laufend (insgesamt sieben) Anträge gemäß § 31 Abs. 1 Denkmalschutz­gesetz bei der Bezirksverwaltungsbehörde (Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung) gestellt.

 

Die vom Bundesdenkmalamt beauftragten und bezahlten Maßnahmen (das Anbringen erst einer provisorischen Abdeckung, die wiederholt gelöst wurde und letztlich die dauerhafte Verschließung der Öffnung im Dach) haben durch den Instanzenzug jeweils Zeit in Anspruch genommen, sodass in der Zwischenzeit eine Verschlechterung des Zustandes der Villa eintreten konnte.

 

Zu Frage 6:

Der Denkmaleigentümer hat aus eigener Initiative keinerlei Erhaltungsmaßnahmen gesetzt. Jede einzelne Maßnahme zur Hintanhaltung von Schäden bzw. Bestandsicherung des Objektes musste im Wege der Bezirkshauptmannschaft beauftragt werden. Die Kosten dieser Maßnahmen mussten vom Bundesdenkmalamt getragen werden.

 

Zu Frage 7:

Die Auflagen des Bundesdenkmalamtes bezogen sich auf die Absicherung der Villa gegen eindringendes Regenwasser, die Entfernung der mikrobiologisch befallenen Ausstattung und passive Trocknungsmaßnahmen. Bei all diesen Maßnahmen handelt es sich um solche, die zu dem vorgeschriebenen Zeitpunkt mit keinen oder nur geringen Geldmitteln vom Eigentümer durchzuführen gewesen wären.


Zu Frage 8:

Nach dem in Folge des Sicherungsantrages durch das Bundesdenkmalamt erlassenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung und nach Übernahme der gesamten Kosten durch das Bundesdenkmalamt, wurden Sicherungsmaßnahmen teilweise umgesetzt.

 

Zu Frage 9:

Das Aufwischen der Wasserlachen oder das Lüften des Gebäudes, um eine Abtrocknung der Bauteile zu ermöglichen, hat der Eigentümer nicht durchgeführt und dazu mitgeteilt, dass er nicht die erforderlichen finanziellen Mittel besäße.

 

Zu Fragen 10 und 11:

Das Bundesdenkmalamt hat eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft St. Pölten wegen unterlassener Erhaltungsmaßnahmen, die zum Verlust der Denkmaleigenschaft der Villa Seewald geführt haben, gemäß § 37 Abs. 1 Denkmalschutzgesetz in Zusammenhang mit § 78 Abs. 1 Strafprozessordnung wegen Verdacht der Zerstörung eines Denkmales und Verstoß gegen die Bestimmungen der §§ 4 und 5 Denkmalschutzgesetz erstattet. Die weitere Beurteilung des Sachverhalts obliegt nun den verantwortlichen Behörden.

 

 

 

Die Bundesministerin:

 

Dr. Claudia Schmied eh.